Patrick Andrieu: Kopftücher in der Schule/Unterricht: Ja/Nein?

Beitrag lesen

Hallo Heiner!

In Frankreich dürfen nicht einmal Schülerinnen oder Studentinnen sie tragen. In Deutschland ist man da zu gutgläubig.

In Frankreich gibt es seit der "dritten Republik" (1871 bis 1940) eine strenge Trennung von Kirche und Staat. Das heißt im Klartext: Staat soll sich nicht in kirchliche und Kirche nicht in staatliche Angelegenheiten mischen. Der Staat ist zur Neutralität verpflichtet. Der Statt ist "laique" (weltlich, laizistisch), es gibt weder Kirchensteuer noch Religionsunterricht in der Schule. Die Schule als staatliche Einrichtung soll den Laizismus ausüben und fordern. Daher sollte die Schule keinerlei religiöse Symbole dulden, genauso wenig von ihren LehrerInnen wie von ihren SchülerInnen.

Ob der frz. Staat auch bei christlichen MitschülerInnen so genau hinguckt, ob diese ein sichtbar getragenes Kreuz (z.B. Halskette) tragen, sei dahin gestellt. In der Vergangenheit wurde jedenfalls Wert drauf gelegt, dass diese "Markenzeichen des pers. Aberglaubens" zumindest nicht offen (Halskette wenn dann unter der Kleidung während des Unterrichts) getragen werden.

Ich halte die Idee des Laizismus immer noch für erhaltenswert. Denn Religion ist Sache der Individuen, jedes Einzelnen. Religion ist nicht Sache des Staates. Religion hat nichts in staatlichen Einrichtungen zu suchen (alle Kruzifixe sollen meiner Meinung nach weg), Religionsunterricht auch nicht (wenn es notwendig ist - und leider scheint es heute notwendiger denn je - ein Mindestmaß an moralischen Werten den SchülerInnen beizubringen, dann sollte ein religionsneutraler Ethikunterricht stattfinden, Regeln des Miteinanderlebens, auch religionsübergreifend... usw.)

Es ist mir klar, dass SchülerInnen, die aus Staaten kommen, die sich zum Beispiel "islamische Republik" nennen, also aus Staaten, die das Gegenteil vom Laizismus sind, sich damit schwer tun. Aber sie wollen hier in unserem laischen Staat leben und haben außerhalb der Schule die Freiheit, ihre Religion auszuüben. Die Regeln des Staates, in welchem sie aufwachsen, sollten sie akzeptieren. Niemand hier geht in Teheran nackt auf der Straße unter der Begründung, dass freie Körperkultur seine Religion ist.

Viele Grüße aus Frankfurt/Main,
Patrick