Swen Wacker: Das Fest der Liebe!

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Moin,

In den Kirchen wird so eine Art Kultursteuer diskutiert, wobei man dann als Zahlender entscheiden könnte, wem die zu Gute kommt.

Wenn ich das recht überblicke, entspricht das dem italienischen (und spanischen) Modell. Auch dort wird ein Teil der Einkommensteuer für Kirche (oder, wenn der Steuerpflichtige das so bestimmt, für "vergleichbare" Zwecke) abgeführt. Der Steuerpflichtige muss aber so oder so was abdrücken. An diesem Modell stört mich erstens die Ungleichbehandlung der Mitglieder. Vereinfacht gesagt: Zahlt jemand keine Einkommensteuer, zahlt es keinen Beitrag. Das ist nicht fair, denn es trifft auch solche, die "reich" sind. Zweitens ist die Kirche abhängig von der Entwicklung der Einkommensteuer, die aber eher aus arbeitsmarktpolitischen oder anderen politischen Gründen Veränderungen unterworfen sein mag: gläubige Politiker könnten so bei der Entscheidung über Belange der Einkommensteuer völlig wesensfremd die Finanzen der Kirchen vor Augen haben. Das geht nicht an, finde ich. Und drittens empfinde ich die Möglichkeit, Kirchensteuer auch noch als Sonderausgaben absetzen zu können, als einkommensteuerpolitischen Schwachfug. Das ist das, was mir mein Bauch sagt. Wenn ich etwas länger nachdenke, fallen mir bestimmt noch ein paar sachliche Argument eein :-)

Ich würde aber gern meinen Zustand aufrechterhalten und keinerlei Steuern für irgeneine Glaubensrichtung entrichten.

Sollst Du ja auch nicht. So ganz grundsätzlich stimme ich Dir zu. Ich empfände es (auch aus Glaubensgesichtspunkten) für sinnvoller, wenn Kirchens sich allein und selbständig um ihr Geld kümmert. Denn angesichts der faktischen gesellschaftpolitischen Bedeutungslosigkeit der Kirchen für den Lebenslauf der überwiegenden Zahl der Menschen hier in der BRD gibt es in Wirklichkeit keinen Grund mehr, warum die Kirche mit Hilfe des Staates ihr Einkommen bekommen sollte. Der wäre für mich allenfalls gegeben, wenn die christliche Kirche (nicht: der christliche Glaube) zwingend staatserhaltend agieren würde, beide nicht ohne einander sein könnten. Das tun sie aber nicht; das müssen sie in meinen Agen auch nicht tun - also: weg damit!
Wiklich? Nee, nicht ganz :-) Denn ähnliche Gedanken wie die Italiener und Spanier sie hatten, als sie ihre Kultursteuer einführten, habe ich auch. Und diese Sorge möchte auch ich mit dem Kirchensteuerproblem mischen und dann beides zusammen lösen. Ich fürchte nämlich, dass die Länder (die in der BRD fast vollständig für Kultus-Angelegenheiten (Kultur, Jugend, Sport und ähnliche Dinge) und deren Förderung zuständig sind) zunehmend weniger Geld für eben solche kulturelle Dinge zur Verfügung stellen werden. Und das fände ich blöde, denn ein Staat sollte seine Ausgaben nicht allein nach kurzsichtigen Nützlichkeitserwägungen ("das rechnet sich") steuern sondern auch ohne kurzfristrigen Erfolg fördern (der Staat als Mäzen, sozusagen). Tatsächlich agieren die Länder aber zunehmend "wirtschaftlich". Deshalb fände ich es politisch sinnvoll und damit auch vertretbar, eine Einnahme zu generieren.
EineKultursteuer klebte mir aber zu sehr und völlig zusammenhangslos an der direkten Besteuerung des Einkommen beziehungsweise an der (arbeitsmarktpolitschen oder wirtschaftspolitisch begründeten) Entscheidung, wie und in welchem Umfang der Staat Einkünfte besteuern möchte. Da finde ich - wenn ich denn schon beim Steuermodell bleiben will - eine indirekte Steuer, die zudem noch recht einfach zu erheben ist, sinnvoller. Deshalb meine Idee (andere werden die sicher auch haben, so genau habe ich das nicht recherchiert), das Aufkommen der Umsatzsteuer zu verwenden. Die trifft jeden, ist im Endeffekt aber einen "Durchreich-Steuer", die letztlich vom Verbraucher gezahlt wird. Was für den gewollten Zweck auch gut so ist, da es nicht wenig Sinn gibt, steuerzahlenden juristischen Personen (mittelbar) Kirchensteuer abzuverlangen.

... zwei Prozentpunkte des Umsatzsteueraufkommens ... (werden) ... nach Anteil der Kirchenmitglieder an der Gesamtbevölkerung auf die Kirchen verteilt. Der Anteil für die nicht konfessionell gebundenen Bundesbürger wird den Länder für kulturelle oder vergleichbare Aufgaben zur Verfügung gestellt.

Da ist er ja, der wertgute Entwurf. Natürlich wäre das eine neue Steuer,

Nö :-) Die Steuer ist nicht neu, nur der Prozentsatz steigt :-) Die Ausgaben sind auch nicht neu.

wenn Du nicht sagst, welche der jetzigen kommunalen Leistungen dem zum Opfer fallen sollten. Ich habe auch keinerlei Interesse daran, Kulturausgaben irgendwelcher staatlicher Stellen über das jetzige Maß hinaus zu unterstützen.

Etwa 8 Mrd Euro gehen weiterhin an die Kirchen, dafür fällt die bisherige Kirchensteuer weg. Das dürfte also in etwa ein Nullsummenspiel sein. Positiv zu verbuchen ist die Vereinfachung des Steuerberechnung.
Die anderen 8 Millarden gehen an die Länder (und durch diesen an die Kommunen) und stehen für noch näher zu bestimmende kulturelle Zwecke zur Verfügung. Mir fallen genügend Dinge in der kulturell-sozialen Ecke ein, die zur Zeit noch durch Elternbeiträge oder durch Eintrittsgelder oder sonstwie mehr schlecht als recht finanziert werden - wenn sie überhaupt angeboten werden. Einfaches Beispiel für die Verwendung der 8 Mrd: Ich schätze mal, es gibt einen Bedarf an 6 Millionen Kindergarten- und Hortplätzen in der BRD (Seite 79). Warum solche Angebote nötig sind, brauch ich wohl nicht mehr zu erläutern. Wenn ich die 8 Mrd. Euro auf diesen Bedarf verteile, dann ergibt das einen staatlichen Zuschuss von rund 100 Euro pro Kind und Monat, der zukünftig nicht bzw. nicht mehr durch Elterngeld gezahlt werden muss. Auch diesen 8 Mrd. steht zu einen gewissen Anteil ein Wegfall an Ausgaben gegenüber (Kosten für den Kindergarten- /Hortplatz). Zu einem anderen Teil finanzieren diese 8 Mrd eine sinnvolle Ausweitung staatlicher Fürsorgeleistung.

eine extrem schräge Gleichsetzung von Kultur und Kult, die m.E. jeder Grundlage entbehrt.

Das verstehe ich jetzt nicht. Liegt da vielleicht ein Missverständnis bei der Erklärung des Begriffes Kultur bzw Kultus zugrunde? Ich habe weiter oben mal ein paar Erklärungen dazwischengeschoben, um meine Verwendung der Begriffe deutlicher werden zu lassen.

Der Vorschlag, den Du zitierst, spricht eine andere Sprache. Die Verflechtungen von Kirche und Staat sind vielfältig und Dein Vorschlag löst diese Verflechtung in keiner Weise, denn nach wie vor soll ja der Staat den Geldeintreiber machen, d.h. er muss auch Listen über die konfessionelle Zugehörigkeit führen usw.

Im Gegenteil. Bislang _muss_ jeder abhängig Beschäftigte die Frage nach der Religiositätszugehörigkeit beantworten - und sich damit auch zumeist dem Arbeitgeber offenbaren. Berechnet sich die Verteilung nach den Mitgliederverzeichnissen der Kirche (die dann sicherlich gewissen staatlichen Kontrollen unterworfen sein müssten) oder aber aufgrund des Ergebnisses von Volkszählungen, Mikrozensus oder Meinungsumfragen, dann fällt das weg. Das ist in meinen Augen mehr als ein kleiner Schritt zur Entflechtung von Staat und Kirche.

Die Messung an real existierenden Ausprägungen macht aber oft mehr sinn als die Orientierung an manchmal recht irrealen Idealen.

Ich denke meistens genau so, aber ich glaube auch, dass mir diese Grundeinstellung trotzdem nicht gefällt:

Alles real existierende war zunächst nur eine Idee.
Irgendwann ist mal der erste vom Baum geklettert und hat versucht, sich auf dem Boden oder zwei Beinen zu bewegen - so ganz ohne real existierende Ausprägung :-) Kann sein - und es ist wahrscheinlich sogar ziemlich sicher -, dass ihm das ganz individuell nicht wirklich weit gebracht hat: zu schnell wurde er Opfer einer Fressattacke oder brach sich einen Zeh oder so was. Aber auf der Zeitschiene gesehen, hat es den Menschen immer weiter gebracht, auch mal irreale Ideale auszuprobieren. Mit dem Recht auf Irrtum.

Viele Grüße

Swen Wacker

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