Schuer: relativ <> absolut

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Hallo,

Wenn ich ein Dokument gestalte und nur geringen Einfluss auf die Schriftgrößen nehmen kann, muss ich konsequenterweise auf eine sehr rudimentäre Art von Layout zurückgreifen,

stimmt, man muss sich in gewisser Weise als Gestalter einschränken, gelangt gleichzeitig aber auch zu neuen Sichtweisen. Ich sehe es immer als eine Verschiebung dessen, was man als ästhetisch oder ausgeglichen empfindet.

Kommt man etwa aus dem Printbereich oder hat als normaler User wenig Erfahrung mit Webseiten, nimmt man ein Layout anders auf als jemand, der sich lange Zeit mit den Hintergründen beschäftigt. Viele Grundsätze, besonders aus dem Bereich Typografie, lassen sich nicht aufs Web übertragen. Als Gestalter setzt man dadurch anfangs ganz andere Maßstäbe an ein Layout als der erfahrene Webdesigner. Der nämlich nimmt sich in vielen Aspekten zurück und weiß, dass Webseiten kein festzementiertes Aussehen wie Printobjekte haben, sondern dass man lediglich versucht, den Geltungsbereich einer Seite möglichst linear und weitläufig auszufüllen, so dass also "möglichst viele Benutzer möglichst gleich bedient werden" und es nicht zu Extremen bei der Darstellung kommt (Unterschiede bei Browsern und Ausgabegeräten).

Die Ästhetik verschiebt sich dann oft auch auf Bereiche wie Zugänglichkeit, Semantik oder Standardkonformität, so dass der erfahrene Webgestalter etwa eine schlichte und zugängliche Seite angenehmer empfindet als der Printgestalter, dem vielleicht die Navigation typografisch zu unausgereift erscheint, und der alles gerne "etwas bunter" hätte.

Um also auf deine rudimentäre Art von oben zurückzukommen: für den Printmenschen erscheint Webgestaltung selbstverständlich als sehr rudimentär, merkt er doch, dass er mit seinen Mitteln kaum zum Erfolg kommt. Der Webmensch empfindet es so lange als rudimentär, bis er in der Lage ist, seinen Stil technisch umzusetzen. Die Annäherung daran kommt immer von beiden Seiten: je mehr Erfahrung er erlangt, desto mehr erlernt er einerseits den Umgang mit der Technik, als auch auf der anderen Seite das Wissen darüber, welche Ansätze aus anderen Designbereichen fürs Web funktionieren, und wo man Abstiche machen oder anders vorgehen muss (Typo, flexible Layouts, etc).

Erfahrung im Webdesign sammeln heißt also neben dem Erlernen der Technik vor allem auch, sich den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten anzunähern und diese dann so einzusetzen, dass es der eigenen Ästhetik entspricht. Für andere Bereiche, etwa der Filmproduktion, verhält es sich durchaus ähnlich, nur ist der Unterschied zum Ursprung, in diesem Beispiel also dem Printbereich, bei weitem nicht so groß wie der zur Webentwicklung.

Eine gute grafische Gestaltung transportiert auch Informationen, auf verschiedenen Ebenen sogar.

Unbedingt. "Alles ist Kommunikation".

Gruß,
_Dirk