Hallo Mathias,
Ich fände es schön, wenn sich die Kultusministerien wieder ganz aus der Sprachentwicklung heraushalten würden. Für die meisten albernen Regeln gibt es für die Schule viel bessere und simplere Alternativen.
Ich fand, da war seit Konrad Duden einiges an Sonderregel-Wildwuchs in seinem Nachschlagewerk zusammengekommen, der endlich mal durchforstet und der Zeit angepasst werden musste. Ich will nicht, dass die Deutsche Rechtschreibung irgendwann so wenig durchschaubar ist wie die Englische, die sich immer noch am Mittelenglischen orientiert, was zur Folge hat, das "Spelling" an US-Grundschulen ein eigenes Schulfach neben Englisch ist.
Zur Zeichensetzung würde mir etwa gut die Regel gefallen:
"Ein Komma setzt man, wenn ein neuer Sinnabschnitt im Satz beginnt."
Der Begriff wäre mir zu wenig abgegrenzt, da müsste ich ja doch auch wieder einzelne Wörter am Satzende abtrennen. Da würde ich eher eine ziemlich liberale Regel wie "setze dann ein Komma, wenn du beim Vorlesen mal wieder Luft holen musst" vorstellen, verbunden mit der Empfehlung, nicht zu sprechen wie Ernst-Dieter Lueg.
Die Englische Regel "When in doubt, leave it out" fände ich hier ausnahmsweise auch nicht schlecht.
Bei dem herrlichen Eiertanz um Kombinationen von Nomen und Verben würde mir die Regel gefallen:
"Kombinationen aus Nomen und Verb können getrennt oder zusammen und dann klein geschrieben werden."
Wie findest Du die?
"achtgeben" finde ich nach wie vor schöner, aber wer unbedingt Acht geben will, bitteschön.
Wie soll das aber bei trennbaren Verben aussehen? Da läuft es bei finiten Formen des Präsens und des Präteritums doch dann in jedem Fall auf Großschreibung hinaus ("Sie gab (größte) Acht, dass ... "). "Ich fahre rad" haben wir auch noch nie geschrieben, für mich wäre das in Ordnung, aber der Bevölkerung wäre das sicher noch weniger vermittelbar als "Rad fahren" im Infinitiv.
Das Ganze dient eh nur der Legitimation von Zusatzstunden bei der Ausbildung von Stenokontoristinnen....
Im Gegenteil, es ist auch ein Erfolg der Reform, dass der übertriebene Kult um die Rechtschreibung, den wir hierzulande zuvor immer veranstaltet haben, nachgelassen hat.
In den Händen der Duden-Redaktion scheint mir die Sprache in besseren Händen zu sein als bei der Bürokratie, die sich anscheinend eh nicht zu konsequenten und klaren Vereinfachungen durchringen kann.
Das Schlimme ist, dass Parteitaktiker das Thema für sich entdeckt haben und sogar bei diesen Fürzen, die sie jahrelang nicht gekümmert haben, plötzlich durch gezielte Desinformation mit Populismus Stimmen zu gewinnen versuchen.
So ein Theater möchte ich wirklich nur alle "Jubeljahre" erleben. Von mir aus kann man die Kompetenz dann zwischenzeitlich auch wieder an die Wörterbuchredaktionen delegieren.
Gruß Gernot