Gernot Back: Allgemeine Geschäftsbedingungen mehrsprachig

Hallo an alle,

ihr wisst ja, wie schwierig es für Nicht-Juristen schon in der eigenen Muttersprache ist, durch die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" durchzusteigen ...

Das Internetportal, bei dem ich gerade ein bisschen aushelfe, bietet seine Dienste in mehreren Sprachen an. Die FAQ habe ich gerade ins Englische übersetzen dürfen, obwohl das jemand mit Englisch als Muttersprache bestimmt besser und schneller gemacht hätte.

Was jetzt noch fehlt, sind die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen".

Die Firma arbeitet mit deutschem Firmensitz nach deutschem Recht, denken wir zumindest. Aber wie ist das, wenn man AGB in eine andere Sprache übersetzt? Werden die dann jeweils auch rechtlich bindend, auch wenn durch möglicherweise nicht ganz exakte Übersetzung das im deutschen Original anders gemeint war?

Reicht es, in die Übersetzung einen Passus aufzunehmen, dass allein die deutsche Version rechtlich bindend ist? Wie kommt das dann wohl bei den internationalen Nutzern des Services an? Andererseits, wie kommt es an, wenn man keine "Terms and Conditions" in englischer Sprache anbietet? Kommt man in diesem Fall nicht um einen teuren, juristisch geschulten muttersprachlichen Fachübersetzer herum?

Ich weiß natürlich, dass ihr mir, soweit ihr nicht selbst Juristen seid, keine Rechtsauskunft erteilen dürft, aber wenn ihr diesbezüglich Erfahrungen bei Firmen habt, für die ihr tätig seid/wart, könnt ihr mir ja mal berichten.

Gruß Gernot

  1. Hallo Gernot,

    nun, ich bin keine Anwältin, wie du weisst, aber denken werde ich ja wohl noch dürfen, und das sagen, was ich denke. Also hier meine Ansichten  zu deiner Frage - grundsätzlich sollte dein Kunde hier unbedingt noch eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen, vor allen Dingen dann, wenn der Dienst international angeboten werden soll.

    Das Internetportal, bei dem ich gerade ein bisschen aushelfe, bietet seine Dienste in mehreren Sprachen an. Die FAQ habe ich gerade ins Englische übersetzen dürfen, obwohl das jemand mit Englisch als Muttersprache bestimmt besser und schneller gemacht hätte.

    Das muss nicht notwendigerweise so sein; ich kenne durchaus von Muttersprachlern angefertigte Übersetzungen, die von absoluter Unkenntnis der Materie zeugen und für die vielleicht doch besser jemand engagiert worden wäre, der Ahnung von der Materie hat... Achja, Übersetzungen sind ein wirklich leidiges Thema und kosten dürfen sie ja sowieso nichts.

    Aber hier

    Was jetzt noch fehlt, sind die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen".

    wird's gefährlich, da würde ich die Finger weglassen.

    Die Firma arbeitet mit deutschem Firmensitz nach deutschem Recht, denken wir zumindest. Aber wie ist das, wenn man AGB in eine andere Sprache übersetzt? Werden die dann jeweils auch rechtlich bindend, auch wenn durch möglicherweise nicht ganz exakte Übersetzung das im deutschen Original anders gemeint war?

    Das mit dem Firmensitz in Deutschland und dem deutschen Recht ist vermutlich so, vor allem dann, wenn die Firma auch in ein deutsches Handelsregister eingetragen ist und in Deutschland Steuern zahlt.

    Nun soll's ins Ausland gehen, wenn auch nur virtuell. Der erste Teil des oben zitierten Absatzes läßt mich annehmen, dass in der Firma, um die es hier geht, niemand so wirklich weiss, was das für Konsequenzen hat. Hier ist eine Beratung durch die Industrie- und Handelskammer mehr als angezeigt, die ich dringendst anrate, bevor Angebote an Menschen gemacht werden, die nicht in Deutschland leben.

    Der zweite Teil ist leichter zu beantworten: Die AGB werden, wenn es sich um eine deutsche Firma etc. etc. handelt, nach deutschem Recht bindend sein müssen, denke ich. Davon, die Übersetzung hiervon anzufertigen, rate ich dir sehr ab. Hier sollte ein vereidigter Übersetzer 'ran, der an einem Gericht zugelassen ist. Das kostet sicherlich einen ganzen Batzen mehr als eingeplant war, aber diese Investition lohnt sich. Wenn die Firma dieses Geld nicht investieren möchte, rate ich dir, den Leuten zu sagen, dass du jederzeit gern hilfst, rechtsverbindliche Texte aber nicht übersetzt, weil dir dieses Eisen zu heiss ist. Dann sollen sie sich einen anderen Menschen suchen, der sich diese Übersetzung zutraut. Rechtlich bindend ist der übersetzte Text nämlich allemal.

    Reicht es, in die Übersetzung einen Passus aufzunehmen, dass allein die deutsche Version rechtlich bindend ist?

    Meiner Ansicht nach nicht.

    Wie kommt das dann wohl bei den internationalen Nutzern des Services an?

    Bescheiden, die sind dann nämlich darauf angewiesen, ihrerseits einen Übersetzer zu engagieren, der diese Übersetzung prüft - und das können sie anderswo sicherlich billiger haben.

    Andererseits, wie kommt es an, wenn man keine "Terms and Conditions" in englischer Sprache anbietet?

    Wenn du den gesamten Dienst in englischer Sprache anbietest, musst du die Terms and Conditions schon auch in englischer Sprache anbieten, fürchte ich. Auch hier sollte man mal die IHK bzw. einen Anwalt fragen, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass es rechtlich zugelassen ist, ein vollständiges Angebot in einer Fremdsprache zur Verfügung zu stellen und bei den AGB dann dranzuschreiben, dass der Kunde sich doch bitte jemanden suchen möge, der ihm die übersetzt..

    Kommt man in diesem Fall nicht um einen teuren, juristisch geschulten muttersprachlichen Fachübersetzer herum?

    Wohl kaum, denke ich. Ob der Mensch jetzt Muttersprachler sein muss, weiss ich nicht. Er sollte jedenfalls entsprechend geschult und zugelassen sein und somit - das ist das Wichtige daran - auch für seine Übersetzung haften, falls nötig. Teuer wird das allemal, weil jeder Übersetzer, der sich auf solches einläßt, eine entsprechende Versicherung benötigt und die gibt's nicht umsonst.

    Ich habe sicherlich Übersetzungen angefertigt, und bestimmt nicht nur ins Deutsche. Rechtsverbindliche Texte übersetze ich aber aus Prinzip nicht, das ist mir doch zu gefährlich.

    File Griese,

    Stonie

    --
    Ein schlechtes Statement spricht für sich - jeder Kommentar ist verschwendete Energie, die einem bei wirklich wichtigen Unterfangen fehlen könnte.
  2. Hallo,

    Reicht es, in die Übersetzung einen Passus aufzunehmen, dass allein die deutsche Version rechtlich bindend ist?

    so ähnlich habe ich das auch mal gelöst, kann aber auch nur vermuten dass das erstmal den
    überschaubarsten Kompromiß darstellt. Ich vermute auch dass es darauf ankommt welche
    Verträge zustande kommen oder nicht, bzw. ob Waren oder Leistungen in bestimmte Länder
    gehen usw., bei Englisch gibt es ja auch mehrere Möglichkeiten ob innnerhalb oder
    ausssserhalb der EU, und selbst "muttersprachlich" Englisch läßt sich ja auch nicht
    regional auf ein bestimmtes Recht eingrenzen.

    Wenn das Risiko dass bestimmte Verträge nicht gültig sein könnten geringer ist als die
    mögliche Verpflichtung aus einer ungeschickten Übersetzung würde ich einen Verweis auf
    die deutsche Version (ggf. deutsches Recht) vorziehen; wenn das den Kunden nicht zumutbar
    ist wird vielleicht doch juristische Beratung bei der Übersetzung nötig.

    Grüsse

    Cyx23

    1. Johoho,

      und selbst "muttersprachlich" Englisch läßt sich ja auch nicht
      regional auf ein bestimmtes Recht eingrenzen.

      Stimmt. Schottisches und Englisches Recht ist unterschiedlich, zumindest in einigen Bereichen. Die Waliser benutzen meines Wissens das gleiche wie die Englaender (obwohl zumindest einige Englisch nicht als ihre Muttersprache bezeichnen). Bei Nordirland bin ich mir nicht ganz sicher.

      --
      Zeit fuer den Fuenf-Uhr-Tee,
      Armin
  3. Tag Gernot.

    Das Internetportal, bei dem ich gerade ein bisschen aushelfe, bietet seine Dienste in mehreren Sprachen an. [...] Was jetzt noch fehlt, sind die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen".

    Die m.E. alles entscheidende Frage ist, welches Recht auf Auslandskunden anzuwenden ist. Es gibt zur Frage der AGB EU-weite Bestrebungen, die du auf der Seite der Europäischen Gemeinschaft nachlesen kannst. Die zeigen das Problem m.E. schon recht plastisch.

    Die Firma arbeitet mit deutschem Firmensitz nach deutschem Recht, denken wir zumindest. Aber wie ist das, wenn man AGB in eine andere Sprache übersetzt? Werden die dann jeweils auch rechtlich bindend, auch wenn durch möglicherweise nicht ganz exakte Übersetzung das im deutschen Original anders gemeint war?

    Hier würde ich Stonies Rat befolgen und die AGB von einem vereidigten Dolmetscher übersetzen lassen. Hinsichtlich der Frage, welches Recht anzuwenden ist, hilft ein Blick in Art. 27 EGBGB, der den Grundsatz der freien Rechtswahl beinhaltet. Allerdings sind bei AGB stets auch die Verbraucherschutzregelungen der jeweiligen Staaten zu beachten, für Deutschland findest du in diesem Zusammenhang ein paar Vorschriften in Art. 29 EGBGB. In einigen Staaten gibt es bspw. und meines Wissens nach die Verbraucherschutzregelung, dass stets das Recht des Staates anwendbar ist, wo der Verbraucher wohnt. Da wäre dann eine Rechtswahlklausel unwirksam.

    Zudem ist Grundvoraussetzung für die rechtswirksame Einbeziehung der AGB in den geschlossenen Vertrag, dass diese in der Muttersprache des Vertragspartners vorliegen, schließlich muss er ja in der Lage sein, die AGB zu verstehen. Du wirst also m.E. weder um einen vereidigten Dolmetscher noch um eine fundierte Rechtsberatung herum kommen.

    Siechfred

    1. Hallo Siechfred,

      Hier würde ich Stonies Rat befolgen und die AGB von einem vereidigten Dolmetscher übersetzen lassen. [...]

      Übersetzer, bitte. Der Unterschied ist wichtig: Dolmetscher übersetzen mündlich, Übersetzer sind für's Schriftliche zuständig. Vereidigt sollte er trotzdem sein, sicher ist sicher.

      File Griese,

      Stonie

      --
      Ein schlechtes Statement spricht für sich - jeder Kommentar ist verschwendete Energie, die einem bei wirklich wichtigen Unterfangen fehlen könnte.
      1. Tag Stonie.

        Übersetzer, bitte. Der Unterschied ist wichtig: Dolmetscher übersetzen mündlich, Übersetzer sind für's Schriftliche zuständig.

        Och, wäre doch mal nett, wenn einem die AGB vorgelesen werden würden ;-))

        Siechfred

        1. Hallöle!

          Och, wäre doch mal nett, wenn einem die AGB vorgelesen werden würden ;-))

          Nett wär's schon - und es hätte einen persönlichen Touch. Man könnte das ja als Hintergrundsound einbinden, dann könnte kein Besucher sagen, er hätte nichts davon gewusst. Man müsste nur noch per javascript die Soundwiedergabe erzwingen. Hach, was wir heute wieder alle für NÜTZLICHE Ideen haben, nicht wahr? ;oD

          File libe Griese,

          Sto*ichkochjetztwaswasmeinekinderehnichtessen*nie

          --
          Ein schlechtes Statement spricht für sich - jeder Kommentar ist verschwendete Energie, die einem bei wirklich wichtigen Unterfangen fehlen könnte.
  4. Hi,

    Was jetzt noch fehlt, sind die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen".

    Die Firma arbeitet mit deutschem Firmensitz nach deutschem Recht, denken wir zumindest. Aber wie ist das, wenn man AGB in eine andere Sprache übersetzt? Werden die dann jeweils auch rechtlich bindend, auch wenn durch möglicherweise nicht ganz exakte Übersetzung das im deutschen Original anders gemeint war?

    Ja, und genau das ist das Problem.
    Nicht die Uebertragung der Sprache ist wichtig, sondern die Uebertragung des, na, nennen wir's mal "rechtlichen Willens". Eine bundesdeutsche AGB mag in Oestereich und der Schweiz andere Folgen haben, nur die Sprache ist gleich. Du musst also erstmal Deinen Willen in die Vorschriften anderer Jurisdiktionen uebertragen. Recht bequem, aber auch sehr teuer ist es einen Vertragsanwalt des jeweiligen Landes zu beauftragen. Obwohl: bequem ist da nicht das richtige Wort, eigentlich ist es fast schon die einzige Moeglichkeit, nur in der EU gibt es je nach Anspruch etwas einfachere, aber auch nicht gerade viel billigere Moeglichkeiten.
    Ich sitze am westlichem Zipfel de Ruhrgebietes und habe hin und wieder auch mal eine Auftrag im benachbartem Belgien und den Niederlanden, musste also auch meine Vertraege entsprechend uebertragen. Da ich bequem bin, hatte ich die Anwaltsmethode gewaehlt und kann Dir daher berichten, das sie tatsaechlich sehr sicher ist, aber auch wirklich sehr teuer. Es war ein gutes Stueck Arbeit, bis ich die Kosten wieder drin hatte. Freiwillig mache ich das bestimmt nicht nochmal, es sei denn, man setzt mir einen dicken Scheck auf die Brust.

    Solltest Du inerhalb der EU Geschaefte machen, wuerde ich mal einen auf EU-Recht spezialisierten Anwalt fragen, welche Angaben Du taetigen _musst_ und welche Du _darfst_. Zumindest aber eine der preiswerten Erstberatungen waere in dem Fall dringend zu empfehlen.

    Wie Du siehst: die Uebersetzung in andere Sprachen ist leider nur ein kleiner, wenn auch nicht gerade billiger Faktor beim Uebertragen von Vertraegen.

    so short

    Christoph Zurnieden

  5. Hallo an alle,

    vielen lieben Dank für alle Antworten. Vielleicht geht der Kelch ja jetzt an mir vorüber. Abgesehen davon, dass es schönere Prosa als ABG zum Übersetzen gibt, fand ich die Sache auch von vornherein brenzlig. Ich will ja nicht verantworten müssen, dass nachher eine horrende Schadenersatzforderung aus dem verrücktesten aller Länder kommt, ihr wisst schon, welches ich meine.

    Gruß Gernot