Mathias Bigge: Warum wirken CSS-Seiten so steril?

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Hi molily,

manchmal denke ich, du hast deine Meinung zu CSS seit Jahren nicht geändert, der Siegeszug von CSS scheint sie eher gefestigt zu haben.

Das ist teilweise richtig. Um meine Position deutlich zu machen: Natürlich sollten so viele Formatierungen wie möglich mit CSS vorgenommen und in zentralen Absatzformaten verwaltet werden. Es geht mir in meiner Stellungnahme einzig und allein um die flexible Positionierung von Elementen, meine Skepsis bezieht sich, wie es auch Stefan anspricht, auf Funktionen wie float und die diversen Positionierungsbefehle, die in der Praxis verschiedene Schwierigkeiten mit sich bringen.

das Argument der Browserunterstützung ist ein unendliches und beliebiges

Ich sehe darin ein wirkliches Problem und mit dem neuen IE und diversen anderen Browserweiterentwicklungen wird sich zeigen, wie sich Seiten bewähren, die intensiv mit Workarounds arbeiten. Das Konzept betrachte ich mit äußerster Skepsis, auch seit längerem, wenn Dich das tröstet.

Ich sehe da nur Fatalismus von einem Zuschauer-Standpunkt: CSS ist hoffnungslos unbrauchbar, Alternativen gibts nicht, Perspektiven ebensowenig.

Das ist Unfug. Ich setze einfach dann Tabellen zur Umsetzung von Layouts ein, wenn es mir praktisch erscheint und interessiere mich nicht für reine Lehren und Technikphilosophen.

Überall, wo ich wirkliche Gestaltungsfreiheit sehe, sehe ich CSS-Einsatz.

Das ist flott formuliert, stimmt aber nicht. Es gibt viele gute Seiten, die auf Tabellenlayouts beruhen. Dass der Code oft leicht zu verschlanken wäre, ist richtig, es wird aber nicht gemacht, weil es Arbeit wäre, die am äußeren Erscheinungsbild nichts verändert und die deshalb niemand bezahlt.

Für mich ein schönes Beispiel sind die total überfrachteten Bildwechselscripte von Dreamweaver. Sie sind unsinnig komplex und werden dennoch eingesetzt, weil sie mit zwei Klicks zu erstellen sind und funktionieren. Moderne Rechner zeigen sie ohne messbare Verzögerung an. Warum also darüber nachdenken?

  • wo sind die Layouts, die Tabellen so virtuos und originell einsetzen, dass CSS prinzipiell nicht mithalten kann?

Keine Ahnung, ich bin kein Techniksurfer. Ich finde z.B. die Seiten des Spiegel und die Seiten des Stern OK. Hier wird eine große Informationsmenge gekonnt und optisch ansprechend zur Verfügung gestellt. Wenn man dann unter die Haube guckt, sieht man das die Speigel-Macher alle Sauereien dieser Welt einsetzen, während der Stern CSS positioniert, aber doch mehr nervt, weil seine Struktur z.T. JS-abhängig funktioniert, wenn man aber JS einschaltet, wird man mit allerlei Mist genervt.

De facto steht hinter beiden Konzepten ein CMS, das die Gestaltungsvorgaben irgendwie umsetzt, beim Stern wird sogar relativ gekonnt CSS-Positionierung eingesetzt. Warum ich das nun begeistert aufheulen soll, ist mir schleierhaft, da beide Konzepte funktionieren.

CSS wird sich als Alternative zu Tabellen dann wirklich durchsetzen, wenn wenigstens die gleichen Möglichkeiten wie mit Tabellen zur Verfügung stehen
Soll das ein entscheidender Punkt sein? Dann wird sich CSS meiner Schlussfolgerung nach nicht durchsetzen. display:table und Co. wird kein Anreiz sein, das bietet keinen Mehrwert, den man nicht jetzt schon hat. Eine korrekte Unterstützung des Float-Modell kann es auch nicht sein, zur alternativen Umsetzung klassischer Tabellenlayouts bietet es sich nicht an. CSS bietet prinzipiell nicht gleiche Möglichkeiten wie Tabellen, zumindest wenn man die Konzepte vergleicht, die hinter dem jetzigen Tabelleneinsatz und dem CSS-Einsatz stehen.

Das glaube ich nicht. Es wäre leicht möglich, die fehlenden Positionierungsmöglichkeiten, etwa in Bezug auf Spaltensatz zu implementieren. Das Problem ist doch in Wirklichkeit, dass Microsoft u.a. so etwas
genau so lange blockieren, bis sie mit einem guten Konzept kommerziell am Markt sind.

Die hier oft blind abgefeierten Normungsgremien sind trotz aller Bewunderung keine heiligen Hallen des technisch-wissenschaftlichen Fortschritts, sondern Orte kommerziell geprägter Auseinandersetzungen. Der herrliche Vali ist auch so ein Beispiel für eine heilige Kuh, die wenig Milch gibt.

CSS könnten große Seiten auch zusammen mit Tabellen als Layoutmittel einsetzen, wenn es ihnen punktuell um robuste Mehrspaltigkeit usw. ginge (schreibe ich hier seit Jahren als Erwiderung auf solche Thesen).

ISt ja auch richtig und wir oft gemacht.

Selbstverständlichkeiten wie den Verzicht auf <font>, Spacer und Co. sowie Grundlagen der Trennung von Layout und strukturiertem Inhalt.

Naja, viele tun das doch inzwischen.

Du hast mir Theorielastigkeit vorgeworfen, eigentlich lustig, denn ich empfinde Deinen Ansatz als viel theoretischer als meinen. In meiner Firma war es meist so, dass neben anderen Werbeträgern auch ein Weblayout umgesetzt werden musste. Dazu ging meist ein Wust von Photoshop-Dateien ein, das möglichst genau umgesetzt werden sollte, oft ein Amazon-ähnliches Zeug mit Kartenreitern und zahlreichen Bildelementen. Normalerweise wurde das in Photoshop zerschnippelt, möglichst viele Elemente durch Text oder Farbangaben ersetzt und fertig. Dauer ein paar Stunden. Warum sollte man hier eine lange Diskussion anfangen, wie man das Layout mit CSS nachbauen könnte? Wer hätte das bezahlt? Ist das heute nicht mehr so?

Viele Grüße
Mathias Bigge