Sven Rautenberg: Hat sich erledigt: Webdesign Vertrag

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Moin!

Lediglich die Schwammigkeit der willkürlich gewählten Definitionen
ermöglicht es, halbwegs zu kaschieren, dass ein Vertrag, der Rechte
und Pflichten umfassend festlegt, schon definitionsgemäß nicht
"inhaltlich unzureichend" sein kann.

Wenn ein Vertrag die gegenseitigen Rechte und Pflichten festlegen soll, dann muß man diesem vorliegenden Vertragsentwurf eben vorwerfen, dass dort dem Auftragnehmer teilweise vollkommen unzeitgemäße Pflichten zur Erfüllung des Vertrages auferlegt werden.

Es mag für die Erstellung von statischen Websites vielleicht noch eine gewisse Relevanz haben, wieviele Seiten tatsächlich zu erstellen sind, zumal wenigstens die Navigation sich ja entsprechend anpassen muß.

Aber wenn man dynamische Serverunterstützung nutzen kann, spätestens mit der Existenz eines CMS, ist die Berechnungseinheit "Seitenzahl" vollkommen irrelevant, da die Navigationslogik, egal ob für 4, 40 oder 4000 Seiten, genau EINMAL erstellt werden muß, und ebenso wird man nur genau EINMAL ein Template (oder ggf. mehrere) für die Seite erstellen müssen - die Befüllung mit Inhalt aber ist nicht zwingend Teil so eines Vertrages.

Was das "wasserdicht" angeht: Solche Argumentation wird man üblicherweise anwenden, wenn man einen Vertrag schließt, der die eigene Position möglichst versteckt stark machen und die des Vertragspartners nach Möglichkeit schwach halten soll.

Dabei kann man ohne Probleme Werk- oder Dienstverträge schließen, ohne von Anfang an an den daraus resultierenden Prozess zu denken. Zunächt mal bietet das BGB die juristische Default-Einstellung. Diese ist für den konkreten Fall jeweils um die konkret zu erledigende Aufgabe bzw. das zu erstellende Werk zu ergänzen. Was diesen Punkt angeht, ist der Mustervertrag zwar hinsichtlich des Arbeitsablaufes detailliert, hinsichtlich des konkret zu erstellenden Werkes aber bietet er, wie kritisiert, nur eine altbackene und unzeitgemäße Vorlage.

Klingt nach einer guten Idee für ein Projekt wie Selfhtml.
Für den Fotografen nebenan, der im Zweifel eine Ebebentiefe von genau 1
und eine Ebenbreite von 8 hat, wäre mir die Angabe "8 HTML-Seiten inkl.
einer Galerie mit 40 Fotos" deutlich lieber.

Da ist doch aber die Frage: Woher weißt du bei Auftragserteilung, dass 8 HTML-Seiten herauskommen werden? Das Konzept, welches am Ende diese Zahl nennt, ist doch erst zu erstellen, die für die Website notwendigen Navigationspunkte sind doch gerade erst durch das Konzept festzulegen.

Im Vertrag noch vor Erstellung eines Konzeptes Zahlen bzw. Obergrenzen für Seiten, Bilder, Buttons etc. festzulegen dürfte wirklich nur funktionieren, wenn man eine wirklich winzige Website erstellen und deshalb auch nur ein winziges Vertragsvolumen verhandeln muß, bei der der Auftraggeber eigentlich schon vorher genau weiß, wie er seine Seite haben will.

Solche Arbeiten gehören für mich zum einmaligen Posten "Screendesign".

Ich halte den Posten "Anzahl der Buttons" auch für nur maßvoll sinnvoll.
Ein Posten "Screendesign" ist aber sicherlich das genaue Gegenteil von
"wasserdicht" und konterkariert die ursprünglichen Bestrebungen, wenig
Auslegungsspielraum für gegenseitiges "An-die-Karre-pinklen" zu schaffen.

Im vorliegenden Vertragsmuster jedenfalls fällt der notwendige Punkt "Der Auftragnehmer erstellt nach Vorgaben des Auftraggebers X Designentwürfe. Einer der Entwürfe wird nach maximal Y Korrekturläufen vom Auftraggeber abgenommen und verbindliche Grundlage für die weitere Entwicklung der Webseite" im Vertragsmustertext extrem unter den Tisch.

Und eine Klausel für den Fall, dass die Entwürfe dem Auftraggeber nicht gefallen, ist auch nicht vorhanden.

Der Punkt ist doch, dass kein Standardvertrag individuelle Pflichten
wirklich ideal abbilden kann.
Der oben genannte Vertrag ist aber ein guter Ausgangspunkt und ermöglicht
es darüber hinaus (ich wiederhole mich), individuelle Abreden zusätzlich
schriftlich mit aufzunehmen ... gerne auch Konzepte und Pflichtenhefte.

Ich halte den Vertragsmustertext nicht für einen guten Ausgangspunkt. Er lenkt die Gedanken schon initial in die falsche Richtung.

- Sven Rautenberg

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My sssignature, my preciousssss!