Biesterfeld: Fehlende Randbedingung(en)

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Hej,

Es gibt keinen "geraden Weg". Es gibt keine Lösung für diese unterbestimmte Aufgabe.

Ich erlaube mir dem zu wiedersprechen.

Was die großen Naturwissenschaften auszeichnet sind die Menschen die sie betreiben. Es ist eben nicht immer alles so exakt wie wir es uns manchmal wünschen. Und die vermeintlichen Naturgesetze die aufgestellt werden ... wo finden sich diese in der Natur wieder? Ist es nicht viel mehr so, dass es das Abstraktionsvermögen eines Naturforschers ist, was ein Naturgesetz oder ein Modell erst erschafft? Hätte Newton jemals die Axiome der klassischen Mechanik aufstellen können, wenn als der Apfel auf seinen Kopf fiel, er sich über den Eigendrehimpuls der Apfelkerne und deren Einfluss auf den freien Fall Gedanken gemacht hätte? Befand sich die Physik nicht zwei Jahrtausende in dem Irrglaube die Fallgeschwindigkeit träger Körper hänge direkt von deren Masse ab, weil Aristoteles eben nicht Randbedingungen vernachlässigt hatte und es erst eines Galileo bedurft hat, dieses Missverständnis aufzuklären?

Warum ich nun so ausgeholt habe ist, dass mit dem notwendigen Vorstellungs- und Abstraktionsvermögen die ursprüngliche Frage durchaus hinreichend zu beantworten war. Der Ausgangspost machte ziemlich deutlich, dass hier wenig bis gar kein Vorwissen vorhanden ist. Also beschreibt man natürlich den freien Fall eines punktförmigen Körpers im Vakuum.

Anstattdessen fühlen sich die Poster mit naturwissenschftlichen Grundverständnis bei einer solchen Frage offensichtlich nicht hinreichend gefordert. Da wird -- ohne ersnthaft auf die Frage einzugehen -- das Gravitationsgesetz angeführt, die Abplattung der Erde erwähnt, Stokesche Reibung berücksichtigt, der Gegenstand im Erdmagma arretiert, das Archimedis-Prinzip angerissen usw. usf. Es wundert mich, dass noch niemand auf die Idee kam relativistische Effekte zu erwähnen, die schließlich auf jeden bewegten Körper wirken.

Die Frage blieb meines Erachtens damit nicht nur unberücksichtigt, sie war auch falsch beantwortet: Einmal durch einige Fehler in der Berechnung (sicher dass eine Geschwindigkeit die Einheit m/s^2 hat?), zum anderen aber weil die Antworten den Anspruch an sich stellen wollten die _exakte_ Lösung zu präsentieren. Aber, und so muss ich die meisten die hier geantwortet haben wahrscheinlich enttäuschen; Auch diese vermeintlich exakten Lösungen basieren nur auf Modellen und Vereinfachungen. Eine exakte (im Sinne von exakt) Lösung eines vergleichweise trivialen physikalischen Problems wie "Apfel fällt vom Baum" wird es nie geben, weil der Apfel irgendwann nur noch aus Randbedingungen existiert.

So, ich geh mal meine zwei Cent suchen.

Beste Grüße
Biesterfeld

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Art.1: Et es wie et es
Art.2: Et kütt wie et kütt
Art.3: Et hätt noch immer jot jejange
Das Kölsche Grundgesetz