Moin,
Sehe ich durchaus ähnlich, wobe ich mich dabei bereits tiefer in die Gefilde der Philosophie begebe und mich frage, was eigentlich die Beweggründe der Vandalen sind, bzw. warum kommt es unweigerlich - wie es mir schient - dazu, dass die Zerstörung als einzige "kreative" Tätigkeit aufgefasst wird.
Wie immer gibt es viele Möglichkeiten, sich der Frage zu nähern. Der erste Reflex wird sein, "gut" und "böse" als gegebene Schubladen für die Wikipedianer hier und die Vandalen dort unkritisch zu übernehmen und sich allein darauf zu konzentrieren, warum die einzelnen Individuen so zerstörerisch auftreten. Ursachen des Vandalismus – psychologisch betrachtet gibt einen Überblick über die Motivlagen der "Täter". Was fehlt in dem Artikel ist die sozialpädagogische Variante des Verständnisses für das Handeln der Kinder und Jugendlichen (Erwachsene haben das "sozialkonforme" Verhalten in der Regel dann irgendwann doch verinnerlicht), die in einer viel zu gut organisierten und geordneten Welt schier gezwungen sein sollen, Dinge zu zerstören, wenn sie auch nur irgendeine Kleinigkeit ändern oder gestalten wollen. Ich persönlich habe Schwierigkeiten mit dieser Argumentation, da ich zwar zustimme, wenn es um die Überregulierung des Lebensraumes geht, aber dennoch reichlich Platz für Änderungen und Gestaltungen sehe, ohne Erhaltenswertes zerstören zu müssen.
Spannender finde ich aber die Fragestellung, ob diese Zerstörungswut nicht besser so beleuchtet werden sollte, dass beide Akteure im Rampenlicht stehen. Und da fällt mir doch gleich der von uns beiden so geschätzte Norbert Elias ein: Etablierte und Außenseiter. Zwar hinkt der Vergleich, da die Außenseiter keine Gruppe sind sondern in der Regel unabhängig voneiander arbeitende Individuen. Aber ich glaube schon, dass die Grundidee, nicht nur die Störer zu betrachten sondern auch das Handeln der Etablierten als mitverursachend zu betrachten, auch andere Lösungsmöglichkeiten eröffnen könnte.
Und natürlich ist das Wikipedia-Problem (wenn es denn überhaupt ein _Problem_ ist und nicht doch eher ein stinknormaler, zu erwartender Aspekt in einer genügend großen Gruppe) auch ein SELFHTML-Forum-Problem bzw. ganz allgemein eine (auch) im virtuellen Leben auftauchende Situation. Ich erkenne z.B. im SELFHTML-Forum durchaus Gruppen, die ich als Etablierte und Außenseiter bezeichnen könnte - von FI's und FA's mal ganz zu schweigen :-).
Viele Grüße
Swen Wacker