Christian Seiler: underline

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Hallo Martin,

Ähnlich wie bei der mathematischen Notation von Vektoren, deren Fettdruck dann auf der Tafel mit dem Pfeilchen darüber oder älter mit Fraktur umgesetzt werden muss.

Vektoren? Fettdruck?
Ich habe in der Schule zwei mögliche, "korrekte" Schreibweisen für Vektoren gelernt: Mit Pfeil obendrüber, oder (heute meist nur noch geduldet) in Fraktur.
Mit einer Unterstreichung wird dagegen eine Matrix gekennzeichnet.

Es gibt bei sowas eine Regel: Es gibt so viele Notationen, wie es Autoren von Lehrbüchern gibt.

In einem Lehrbuch über theoretische Physik (ich glaube es war im Landau-Lifschitz, bin mir aber nicht sicher) wurde zum Beispiel das äußere Produkt zweier Vektoren so geschrieben:

[latex] [\mathbf{a} \cdot \mathbf{b}] [/latex]

Sprich: Vektoren erstmal fett, äußeres Produkt ("Kreuzprodukt", "Vektorprodukt") nur durch die eckigen Klammern drum herum notiert. Das war dann vom inneren Produkt ("Skalarprodukt") sehr schwer zu unterscheiden:

[latex] \mathbf{a} \cdot \mathbf{b} [/latex]

Ich fand die Notation deswegen ziemlich verwirrend.

Ansonsten habe ich schon alles mögliche gesehen:

Vektoren:
 * fettgedruckt (kommt _sehr_ häufig vor)
 * mit Pfeil darüber (ebenso häufig wie fettdruck)
 * unterstrichen (bisher habe ich da nur einen Prof erlebt)
 * nicht gekennzeichnet (dies ist insbesondere bei Mathematikern beliebt,
   man definiert dann einfach [latex]x \in \mathbb{R}^m[/latex] und dann
   ist klar, dass x ein Spaltenvektor der Dimension m ist)
 * in der Relativistik gerne mal durch hinzufügen eines Indizes
   gekennzeichnet, d.h. zum Beispiel ist [latex] p_\mu [/latex] sowohl
   als µ-te Komponente des 4er-Vektors "p" zu verstehen, aber auch als
   der Vektor selbst (ergibt sich aus dem Kontext)
 * für Einheitsvektoren gerne mal mit Hut darüber: [latex] \hat e_x [/latex]
 * für Einheitsvektoren mit Pfeil UND Hut: [latex] \hat \vec e_x [/latex]

Inneres Produkt zweier Vektoren:
 * mit Punkt dazwischen: [latex]\vec a \cdot \vec b[/latex]
 * mit Klammern [latex]< \vec a, \vec b >[/latex]
 * in der Quantenmechanik, wenn man Zustände betrachtet, gerne auch mit
   Bras und Kets: [latex] \left< \Psi | \Phi \right> [/latex]
 * Als Matrizenprodukt mit Transpositionszeichen:
   [latex]\vec a^T \vec b[/latex]
 * theoretische Physiker gerne mal (insbesondere in der Relativistik)
   komponentenweise, mit Einstein-Summenkonvention:
   [latex] p_\mu p^\mu [/latex]

Äußeres Produkt zweier Vektoren (im [latex]\mathbb{R}^3[/latex]):
 * mit einem Kreuz dazwischen: [latex]\vec a \times \vec b[/latex]
 * so wie oben beschrieben: [latex] [ \vec a \cdot \vec b ] [/latex]
 * theoretische Physiker schreiben sowas gerne grundsätzlich mal
   Komponentenweise mit dem Levi-Civita-Symbol (und Einstein-
   Summenkonvention):
   [latex] \epsilon_{ijk} a_i b_j \hat e_k [/latex]

Matrizen:
 * fast überall werden Großbuchstaben verwendet, es gibt aber auch
   Ausnahmen
 * Fraktur habe ich schon gesehen, eher seltener
 * Doppelpfeil darüber ist bei einigen Physikern sehr beliebt
 * Unterstrichen habe ich auch schon erlebt
 * manchmal wird durch das Vorhandensein von Indizies gekennzeichnet,
   dass es sich um eine Matrix handelt, durch Klammern darum wird
   impliziert, dass die Matrix als ganzes betrachtet werden soll, z.B. so:
   [latex] \left( A_{ij} \right) [/latex]
 * ungekennzeichnet und nur durch Definition erläutert (bei Mathematikern
   sehr beliebt): [latex] A \in \mathbb{R}^{n \times n} [/latex]
 * Wenn die Matrizen nur Darstellungen für quantenmechanische Operatoren
   sind, dann gerne auch mal mit Hut darüber: [latex]\hat A[/latex],
   [latex]\hat B[/latex]
 * kleine griechische Buchstaben sind besonders für die Matrizen im
   Spinor-Raum bei relativistischer Quantenmechanik beliebt, d.h.
   [latex]\sigma_1[/latex], [latex]\sigma_2[/latex], [latex]\sigma_3[/latex]
   für die Pauli-Matrizen, [latex]\gamma_\mu[/latex] und
   [latex]\gamma_5[/latex] für die Gamma-Matrizen und [latex]\beta[/latex].

Daher: Es gibt _zig_ Notationen, wie man Vektoren, Produkte, Matrizen etc. schreiben kann und nachdem es sowieso jeder anders macht, sollte man sich in meinen Augen die Notation aussuchen, die einem am besten gefällt. Es gibt nämlich mit Sicherheit genügend andere Leute, denen die Notation NICHT gefällt, weswegen es eigentlich egal ist, worauf man sich selbst festlegt.

Viele Grüße,
Christian