Don P: Wahrscheinlichkeiten – Spielerfehlschluss?

Hallo allerseits,

Wer sich mit Wahrscheinlichkeiten beschäftigt hat, kennt vielleicht den Begriff Spielerfehlschluss, eine menschliche Fehleinschätzung von Wahrscheinlichkeiten.

Zitat Wikipedia:
"Nehmen wir an, wir hätten soeben viermal hintereinander Kopf geworfen. Ein Spieler könnte sich sagen '...wenn der nächste Münzwurf wieder Kopf ergibt, wäre das schon fünfmal Kopf hintereinander. Die Wahrscheinlichkeit für eine solche Reihe ist 0.5 hoch 5 = 0.03125; also denkt man, dass die Chance, dass die Münze das nächste Mal Kopf zeigt, 1:32 beträgt.' [...]
Hier liegt der Fehler. Wenn die Münze fehlerfrei ist, muss die Wahrscheinlichkeit für "Zahl" immer 0,5 betragen, nie mehr oder weniger, und die Wahrscheinlichkeit für "Kopf" muss immer 0,5 sein, nie mehr oder weniger. Die Wahrscheinlichkeit 1:32 (0,03125) für eine Serie von 5 Köpfen gilt nur, bevor man das erste Mal geworfen hat. Die gleiche Wahrscheinlichkeit 1:32 gilt auch für viermal Kopf, gefolgt von einmal Zahl - und jede andere mögliche Kombination. Nach jedem Wurf ist sein Ergebnis bekannt und zählt nicht mehr mit. Jede der beiden Möglichkeiten "Kopf" oder "Zahl" hat die gleiche Wahrscheinlichkeit, egal wie oft die Münze bereits geworfen wurde und was dabei herauskam. Der Fehler beruht auf der Annahme, dass frühere Würfe bewirken könnten, dass die Münze eher auf Kopf als auf Zahl fällt; d.h. dass eine vergangene Glückssträhne irgendwie die Wettchancen der Zukunft beeinflussen könnte."

Ich muss zugeben, dass ich anscheinend seit langem geneigt bin, einem solchen "Fehlschluss" zu unterliegen und habe schon viele Untersuchungen angestellt und Diskussionen darüber geführt. Aber bis jetzt konnte mir niemand schlüssig beweisen, dass ich falsch liege. Vielleicht gelingt es ja hier jemandem. Meine Überlegung ist wie folgt:

Zunächst zwei Voraussetzungen:
1. Es ist unbestritten, dass jeder Münzwurf vom vorherigen stochastisch unabhängig ist (eine Münze hat kein Gedächtnis).
2. Es ist unbestritten, dass jede Folge von z.B. 5 Ereignissen hintereinander die gleiche Wahrscheinlichkeit hat, also z.B. für 5 mal Kopf hintereinander ist die Wahrscheinlichkeit mit (1:2)^5 = 1:32 gleich groß wie für wie für jede andere Folge von 5 Münzwurf-Ereignissen.

Wegen dieser beiden offensichtlichen Tatsachen wird nun behauptet, dass es grundsätzlich keinen Sinn mache, mit jedem weiteren Wurf auf den Abbruch einer Serie von z.B. Kopf-Würfen zu hoffen, d.h. die Erwartung, dass dann jeweils mit dem fünften, sechsten und siebten Wurf die Wahrscheinlichkeit für das Zahl-Ereignis steigt (solange vorher wiederholt  Kopf gefallen ist) sei in Wirklichkeit unbegründet.

Aber ist das wirklich so?
Die mathematische Wahrscheinlichkeitsfunktion wurde meines Wissens entwickelt aus den relativen Häufigkeiten bestimmter Ereignisse bei einer großen Zahl von zufälligen Ereignissen, siehe auch (Gesetz der großen Zahlen).

Eine große Anzahl Münzwürfe kann man sich nun vorstellen als das Auftreten von verschieden langen Serien gleicher Ereignisse: Die kleinste "Serie", nennen wir sie 1er-Serie, bestehe aus nur einem Einzelereignis, z.B. Kopf, und ist dann (und nur dann) eingetreten, wenn der vorherige und der nächste Wurf Zahl ergab. Die nächst größere Serie (2er-Serie) besteht aus zwei gleichen Einzelereignissen, z.B. 2 mal hintereinander Kopf und ist entsprechend dann (und nur dann) eingetreten, wenn davor und danach Zahl fiel, usw. Damit ist jede denkbare Folge von Münzwurf-Ereignissen vollständig beschrieben als nahtlose Aneinanderreihung von Serien verschiedener Länge (1er, 2er, 3er etc.), die sich ihrerseits aus Einzelereignissen mit jeweils der Wahrscheinlichkeit 1:2 zusammensetzen. Bei Stichproben aus einer großen Zahl von Münzwürfen ist also zu jedem beliebigen Zeitpunkt in der Hälfte aller Fälle gerade eine 1er-Serie im Gang, in 1/4 aller Fälle eine 2er Serie, in 1/8 aller Fälle eine 3er Serie usw.

Da man somit für jede Serienlänge n die Wahrscheinlichkeit (1:2)^n ihres Auftretens kennt, ist klar, dass z.B. 20er Serien wesentlich seltener auftreten als 3er-Serien und auch etwas seltener als 15er oder 16er Serien. Meinen Untersuchungen zufolge (u.A. am Würfel) erkennt man eine Art Poisson-Verteilung, wenn man für die versch. Serienlängen ihre errechneten Erwartungswerte in ein Balkendiagramm einträgt.

Ich behaupte nun, dass man mit einer Spielstrategie, die bei langen Serien auf deren Abbruch setzt, wesentlich besser fährt, als wenn man diese Überlegung für einen Spielerfehlschluss hält und einfach aus dem Bauch heraus setzt:

Nehmen wir ein faires Spiel, bei dem jemand fortgesetzt eine ideale Münze wirft, wobei man jeweils einen Einsatz auf das nächste Ergebnis tätigen kann. Setzt man z.B. auf Kopf und das Kopf-Ereignis tritt ein, so bekommt man den doppelten Einsatz zurück, tritt aber das Zahl-Ereignis ein, so ist der Einsatz verloren. Die Strategie sei nun, nach dem Auftreten einer Serie von 10 gleichen Ereignissen (z.B. Kopf) max. 4 mal hintereinander auf das komplementäre Ereignis zu setzen (im Beispiel also auf Zahl). Im Verlustfall verdoppelt man jeweils zum nächsten Wurf den Einsatz (Martingalespiel), im Gewinnfall ist das Spiel zu Ende, d.h. man wartet dann auf das nächste Eintreten von 10 gleichen Ereignissen und setzt erst dann wieder max. 4 mal hintereinander auf den Abbruch der langen Serie, usw.

Gemäß meinen empirischen Untersuchungen fährt man mit dieser Strategie besser, als wenn man ungeachtet irgendwelcher Serien stets max. 4 mal hintereinander auf dasselbe Ergebnis setzt (und im Verlustfall verdoppelt), oder nach jedem einfachen Einsatz auf irgend ein Ergebnis max. 3 mal verdoppelt (ebenfalls auf irgend ein Ergebnis), dann wieder mit dem einfachen Einsatz beginnt, usw. Gerade das wird aber als Spielerfehlschluss bezeichnet, denn jede dieser Strategien sollte ja nach der Theorie gleichwertig sein: "Eine Münze hat kein Gedächtnis."

Mit "besser" meine ich, dass man wesentlich weniger extreme Verluste hinnehmen muss. Extreme Verluste können sich streckenweise ergeben, wenn man unglücklicherweise mehrmals hintereinander verliert, d.h. z.B. viele verlorene Spiele à 4 Münzwürfe hintereinander tätigen muss (= jeweils 15 Einsätze verloren), bevor sich auch mal wieder Gewinne einstellen. Wenn man nur begrenzt Spielkapital zur Verfügung hat, kann einen eine solche "Durststrecke" ruinieren, selbst bei einem fairen Spiel, bei dem man im Schnitt eigentlich 0:0 rauskommen sollte. Interessanterweise wird die Sache umso sicherer, d.h. stets näher bei 0:0, je länger die Serien sind, auf deren Abbruch man setzt. Mit anderen Worten, der Ausgleich stellt sich umso regelmäßiger ein, je später man in einer Serie mit dem Setzen beginnt.

Wikipedia schreibt: "Die Verdopplungs- und ähnliche Strategien tauschen entweder viele kleine Gewinne gegen einige große Verluste, oder umgekehrt." Das ist richtig, aber man kann eben das eigene Risiko quasi beliebig einstellen, indem man eine Strategie wählt, die früher (riskanter) oder eben erst später (sicherer) auf den Abbruch von Serien setzt.

Will mir das jemand bestätigen oder widerlegen?

Gruß, Don P

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sh:( fo:) ch:? rl:( br:] n4:~ ie:% mo:? va:{ js:) de:/ zu:] fl:( ss:| ls:&
  1. Grüße,
    ich verstehe euer /deins Anliegen nicht ganz - bernulliketten sind eine sache, die praktische asymptotennäherung an 50% ist eine andere.

    wir dürften, wenn wi konsequent vorgehen, nich tmit 6 würfen rechnen - sondern jeden, wirklich JEDEN zufälligen eriegniss miteinbezihen - nach dem motto - kopf, kopf, kopf, halb sechs, apfel fällt vom baum, sturm aufder venus - wahrschneilichkeit dafür sei X. Aber dies ist eine Rechnung wie sie nur ein Allmächtiger (Schöpfer durchführen) ann.
    jegliche andäre zufälle sind unbeweisbar. Du könntest 100 mal von 100 kopf werfen ohne dass es die stochastischen rege4ln bricht. die sind nun mal theoretisch. in der praxis hast du keine limis unendlich versuche.
    also lass die überlegungen und vertrau dem instinkt.

    (noch mal für die langsameren unter uns - was genau sollte dieser thread bewirken?)

    P.S:es gab (gibt? lebt er noch?) einen mann der 3 mal vom blitz getroffen wurde, und es gibt 6 milliarden die niemals von einem lbitz getroffen wurden. du kanns tdaraus aber keine wahrschenilichkeit für ein blitztreffer rechnen - oder?

    MFG
    bleicher

    --
    __________________________-
    Menschen an sich , sind nicht schlecht - es sind nur ihre Taten (c).
    Lieber bereuen gesündigt zu haben, als nicht sündigen und es später trotzdem bereuen.
    Boccaccio
    1. Hallo,

      wir dürften, wenn wir konsequent vorgehen, nicht mit 6 Würfen rechnen - sondern jedes, wirklich JEDES zufällige Ereignis miteinbeziehen - nach dem Motto - Kopf, Kopf, Kopf, halb sechs, Apfel fällt vom Baum, Sturm auf der Venus - Wahrscheinlichkeit dafür sei X.

      Wir dürften schon, aber es besteht keinerlei Notwendigkeit und keinerlei Nutzen, wenn man so vorgeht. Wenn man eine Reihe von Zufallsereignisssen hat, kann man diese beliebig durcheinandermischen oder weitere Zufallsereignisse dazumischen oder wegnehmen, ohne dass das Ergebnis zufälliger oder weniger zufällig wird. Nur sortieren oder ähnliches darf man die Einzelereignisse natürlich nicht ohne weiteres.

      also lass die überlegungen und vertrau dem instinkt.

      So einfach ist es nicht. Das Ziegenproblem z.B. zeigt, dass der Instinkt leicht täuschen kann. Mein Instinkt unterliegt angeblich dem sog. Spielerfehlschluss. Umfangreiche Untersuchungen haben mir aber gezeigt, dass dem anscheinend doch nicht so ist.

      (noch mal für die langsameren unter uns - was genau sollte dieser thread bewirken?)

      Er sollte Spezialisten der Wahrscheinlichkeitsrechnung anlocken, die mir beweisen oder widerlegen können, was ich versucht habe zu erklären: Wenn ich wiederholt zu beliebigen Zeitpunkten eine Reihe von Münzwürfen  untersuche (mit idealer Münze) und feststelle, dass gerade 10 mal hintereinander Kopf gefallen ist, so kann ich jeweils relativ beruhigt davon ausgehen, dass unter den nächsten 4 Würfen (z.B.) Zahl fällt, und zwar wesentlich beruhigter, als wenn ich das unabhängig von den vorher beobachteten Würfen jeweils annehmen würde. Ist das nun ein Spielerfehlschluss oder nicht? Das ist hier die Frage. Die Zahlen 10 und 4 sind hier ganz willkürlich, bei 20 und 5 wäre es tendenziell dasselbe, aber eben noch sicherer.

      P.S: es gab (gibt? lebt er noch?) einen mann der 3 mal vom blitz getroffen wurde, und es gibt 6 Milliarden die niemals von einem Blitz getroffen wurden. du kannst daraus aber keine Wahrscheinlichkeit für einen Blitztreffer rechnen - oder?

      Doch, das wäre schon möglich, wenn auch wenig sinnvoll, weil man zu wenig Daten hat. Ich erinnere mich wage an ein Beispiel in der Schule, wo uns der Mathelehrer bewiesen hat, dass es sehr wahrscheinlich ist (2/3), das eine Frau mit zwei Kindern als zweites Kind einen Jungen hat. Das lag daran, dass im konkreten Beispiel zu wenig Daten für eine allgemeingültige Aussage vorhanden waren, so dass sich nach der reinen Theorie eben eine 2/3-Wahrscheinlichkeit für einen Jungen ergab.

      Gruß, Don P

  2. Der Münze ist es tatsächlich egal und gut ist.

    Der Ansatz ist vielmehr die Unregelmäßigkeit oder Regelmäßigkeit
    der menschlichen Hand die die Münze wirft. Bekanntermaßen hat der
    Mensch bei wiederholten Vorgängen eine erstaunliche Präzision.

    Ich habe mal gehört, daß Mathematik-Studenten in Las Vegas aus-
    schließlich die Menschen beim Roulette beobachtet haben die die
    Kugel werfen und die Scheibe drehen, dabei fiel ihnen auf daß es
    Regelmäßigkeiten gibt. Daraufhin haben die Studenten ein Verfahren
    entwickelt daß diese Beobachtungen besonders berücksichtigt und haben
    daraufhin in kürzester Zeit Millionen abgeschöpft. Ich habe das da-
    raufhin auch mal ausprobiert, aber es hat nicht geklappt. Es scheint
    wohl entweder ein sehr kompliziertes Verfahren zu sein oder die Ge-
    schichte ist einfach erfunden.

    1. Hallo,

      Der Münze ist es tatsächlich egal und gut ist.

      Das ist mir zu einfach. Wenn ich nämlich recht habe, kann man für halbwegs faire Glücksspiele (z.B. Roulette) Strategien entwickeln, die es erlauben, ohne allzu großes Risiko zum reinen Vergnügen zu spielen, auch wenn man nicht gerade reich ist. Das könnte viele tragische Spielerschicksale vermeiden helfen.

      Ich habe mal gehört, daß Mathematik-Studenten in Las Vegas aus-
      schließlich die Menschen beim Roulette beobachtet haben die die
      Kugel werfen und die Scheibe drehen, dabei fiel ihnen auf daß es
      Regelmäßigkeiten gibt. Daraufhin haben die Studenten ein Verfahren
      entwickelt daß diese Beobachtungen besonders berücksichtigt und haben
      daraufhin in kürzester Zeit Millionen abgeschöpft. Ich habe das da-
      raufhin auch mal ausprobiert, aber es hat nicht geklappt. Es scheint
      wohl entweder ein sehr kompliziertes Verfahren zu sein oder die Ge-
      schichte ist einfach erfunden.

      Das halte ich für ein Gerücht. Es stimmt zwar, dass Coupiers an Roulettischen beim Üben oft versuchen, die Zero zu treffen, und manche sollen darin richtig gut sein, aber auch das ist ziemliche Glückssache. Ich glaube schon, dass man mit viel Übung ungefähr den Bereich im Roulette-Kessel vorhersagen kann, den man trifft, aber sicher nicht eine bestimmte Zahl oder Farbe. Wenn man damit Millionen abschöpfen könnte, hätte jeder Croupier ein oder zwei Kumpels incognito am Tisch, der für beide abschöpft. Dann wäre kein guter Croupier länger als zwei Jahre an der Arbeit, sondern hätte bald ausgesorgt.

      Gruß, Don P