Richard Rüfenacht: SPON-Artikel über "gender mainstreaming"

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Hallo Bernhard!

Ich will überzeugen. Wenn das für dich eine Belehrung darstellt, dann soll mir das Recht sein.

Du legst doch Wert darauf, dir deine Meinung selbst zu bilden? Wenn nun andere das auch wollen, solltest du ihnen dies auch zugestehen. In der antiken Rhetorik wurde genau aus diesem Grunde nicht zwischen Überreden und Überzeugen unterschieden. Eine solche Trennung wurde erst mit der Aufklärung (z.B. durch Kant) eingeführt. Man fand, um die Menschen zum Guten zu bewegen, heilige der Zweck die Mittel. Ab da galt überzeugen als etwas sehr lobenswerten, überreden hingegen als verwerflich. Wenn du nun überzeugen willst, entscheidest _du_ für andere Personen, was die gefälligst für gut zu halten haben. Zum Glück können Überzeugungen nicht einfach wie ansteckende Krankheiten übertragen werden, weshalb die ganzen Bemühungen meist wirkungslos verpuffen.

Ich zitiere mich wiederum selbst:
"Bei einem jeden denkenden Individuum sollten sämtliche Alarmglocken jedoch laut schrillen, wenn der Staat diese Idiotie a) gutheißt und b) Kohle dafür aus dem Fenster schmeißt. Zumal in anderen Bereichen das Geld hinten und vorne fehlt."

Du erwartest sicher nicht ernsthaft, dass ich auf eine solch billige Polemik eingehe. Egal wofür der Staat Geld ausgibt oder nicht, irgend jemand hat immer was zu meckern.

Wie dem auch sei: Ich reihe mich damit beispielsweise in die Reihen der etablierten Linguistik ein.

Steig erst mal wieder von deinem hohen Ross herunter! Es geht hier nicht um theoretische Linguistik, sondern um den praktischen Gebrauch der Sprache. Es geht darum, sich verständlich auszudrücken, woran "deinen Sprachhelden" aber offenbar nicht so sehr gelegen ist. Ein Beispiel gefällig?

Ich benutze den einfachen deutschen Satz: "Der Lehrer unterrichtet 18 Schüler."
Sollte eigentlich verständlich sein, könnte man glauben. Selbstverständlich erfasst _du_ die Aussage sofort richtig, dir ist ja das Androgynum geläufig. Also ist dir klar, dass da von einem weiblichen Lehrer die Rede ist, der 18 weibliche Schüler unterrichtet.
In verständlichem Deutsch ausgedrückt: "Eine Lehrerin unterrichtet 18 Schülerinnen." Was aber nach deinen Sprachexperten so nicht gesagt werden sollte.
Rein theoretisch könnten auch ein männlicher Lehrer und 18 männliche Schüler gemeint sein. Da aber (immer laut deinen Sprachexperten) im Deutschen die weibliche Form gegenüber der männlichen dominant ist, müsste die männliche Form explizit genannt werden, also:
"Der männliche Lehrer unterrichtet 18 männliche Schüler."
An sprachlicher Kürze wird also nicht gewonnen, an Verwirrung dagegen schon. Wer versteht schon, dass ein "Lehrer" eigentlich eine "Lehrerin" ist und andernfalls "männlicher Lehrer" genannt wird. Der geschlechtsneutrale "Lehrer" ohne grammatikalischen Genus ist und bleibt halt trotz aller antifeministischen Sprachtheorie ein biologisches Wesen mit einem Geschlecht.

Nun wird ja vor allem die sprachliche Doppelung kritisiert:
"Lehrerinnen und Lehrer unterrichten Schülerinnen und Schüler."
(Faule und rücksichtslose Individuen pflegen dann zu schreiben:
"LehrerInnen unterrichten SchülerInnen.")
Sicher werden durch die Doppelung Texte länger, aber sie werden auch klarer und eindeutiger. Der gesellschaftliche Wandel ist nicht unabhängig vom Sprachgebrauch, wie deine hochgelobten Sprachexperten behaupten. Schon Wittgenstein sagte: "Was nicht gesagt werden kann, kann auch nicht gedacht werden." Es geht nicht darum, feministische Extrempositionen umzusetzen, die sollen lediglich das erstarrte Denken aufbrechen. Umdenken ist angesagt.

Ich hab dich vielleicht falsch verstanden, aber das impliziert wohl, dass irgendwas an meiner Vorgehensweise undemokratisch war. Inwiefern unterscheidet sie sich nun von Matthias' Protest? Das heißt: Welche bei ihm nicht vorhandene Eigenschaft macht mich zu einem Querulanten?

Schön, wenn dich meine Äusserung zum Nachdenken gebracht hat. Diese bezog sich indes überhaupt nicht auf den Vegleich, den du jetzt so hervorhebst. Mathias Bigge formulierte seine Argumente gegen ein Rauchverbot aus der Sicht eines betroffenen Rauchers. Könnte er auch machen, wenn es ein solches Gesetz bereits gäbe. (In einigen Kantonen der Schweiz gibt es Rauchverbote in Gaststätten bereits.) Er diffamiert aber keine Andersdenken, beschimpft keine Nichtraucher, spricht nicht dem Gesetzgeber das Recht ab, ein solches Gesetz zu erlassen. Er sagt nur, dass _er_ es nicht für sinnvoll halte und sagt auch warum.

Jetzt stell mal deine Äusserungen dagegen: du redest von einer geringen Akzeptanz wenn eine Regelung nicht deinen Vorstellungen entspricht. Wenn klar wäre, wie du das verstehst und meinst, könnte ich das möglicherweise so akzeptieren. Aber du wolltest Wissenschaften verbieten, hast Personengruppen lächerlich gemacht, hast Leuten mit anderer Meinung die Fähigkeit des Denkens abgesprochen. Das Gerede vom Erschiessen war dann die Spitze. Das ist nicht einfach so daher geredet, das entspringt einer entsprechenden Denkweise.

Beste Grüsse
Richard

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Bernhard
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