(OFF TOPIC) Genom und Genotyp
Cruz
- sonstiges
Hallo,
kann mir bitte einer von euch Biologen genau die Abgrenzung der Begriffe Genom und Genotyp erklären? Nach Studium von mehreren Lexika scheinen sie mir die selben Begriffe mit unteschiedlichen Erklärungen zu sein. Was ist z.B. ein Genom, das kein Genotyp ist?
Danke,
Cruz
Hallo,
kann mir bitte einer von euch Biologen genau die Abgrenzung der Begriffe Genom und Genotyp erklären?
zunächst: Ich bin kein Fachmann! Aber die beiden Begriffe rufen gewisse Erinnerungen aus dem Biologieunterricht, Themengebiet Genetik, wieder wach.
Nach Studium von mehreren Lexika scheinen sie mir die selben Begriffe mit unteschiedlichen Erklärungen zu sein. Was ist z.B. ein Genom, das kein Genotyp ist?
Ich versuch's also mal aus meiner Erinnerung.
Genom: Bezeichnet die Gesamtheit aller Gene eines Lebewesens. Es gab z.B. vor einiger Zeit viel Wirbel in den medien um das Humangenom-Projekt, dessen Ziel es war, *alle* menschlichen Gene zu kartieren und ihre Funktion zu bestimmen (das ist ja anscheinend jetzt gelungen).
Genotyp: Das Gegenstück zum Phänotyp. Gemäß der Mendelschen Vererbungslehre haben wir ja für jede Eigenschaft *zwei* Gene, eins von der Mutter und eins vom Vater. In der Regel ist aber eine der beiden Ausprägungen dominant, so dass die andere, rezessive Information unterdrückt wird. Wenn etwa meine Mutter blauäugig ist, mein Vater reinerbig braunäugig, dann habe ich sowohl das Gen für blaue als auch für braune Augen. Das Braune-Augen-Gen ist aber dominant, ich habe also braune Augen. Der Fachmann sagt dann, ich bin vom Phänotyp (vgl. Phänomen, Erscheinung, Erscheinungsform) braunäugig, vom Genotyp (Erbinformation) aber blau-braunäugig gemischt. Ich könnte in diesem Fall entweder das Gen für blaue oder das für braune Augen an meine Kinder vererben, das wäre reine Statistik.
Passt das soweit auch in deine Recherchen?
So long,
Martin
hallo,
Genom: Bezeichnet die Gesamtheit aller Gene eines Lebewesens.
Nein. Das wäre der Genotyp. Das Genom ist die Gesamtheit aller statistisch übereinstimmenden gentischen Nerkmale einer biologischen Art. Das Genom, dem du zuzurechnen bist, enthält beispielsweise auch alle genetischen Merkmale australischer Aborigines. Dein Genotyp ist da vermutlich bereits wählerischer und dürfte mindestens die Lippenform bereits auf europäische Maße korrigiert haben. Dein Genotyp ist im mathematischen Sinn also nur eine Teilmenge des menschlichen Genoms.
Es gab z.B. vor einiger Zeit viel Wirbel in den medien um das Humangenom-Projekt, dessen Ziel es war, *alle* menschlichen Gene zu kartieren und ihre Funktion zu bestimmen (das ist ja anscheinend jetzt gelungen).
Es ist noch nicht vollständig gelungen - viel fehlt allerdings nicht mehr. Aber das Projekt heißt zutreffenderweise "humangenom" und eben _nicht_ "humangenotyp".
Genotyp: Das Gegenstück zum Phänotyp.
Ja. Und was bedeutet das, und in welcher Beziehung steht dein Genotyp zum "Genom"? Bei bestimmten Korallenfischen (der berühmte Nemo) gibt es zum Beispiel keinerlei phänotypische Festlegung fürs Geschlecht. Die Kumpels sind allesamt erstmal weder/noch. Und weder/noch ist eben leider typisch männlich, also sind sie erstmal Männer - in jeder Hinsicht eben nur halb und halb. Gibt es nun in einer Population bloß noch Männer, wirds auch wieder langweilig. Also besinnen sich immer die ältesten und größten darauf, daß man es auch andersherum versuchen könnte, verwandeln sich phänotypisch flugs in Frauen, und schon kanns mit den Liebesspielen zur Erhaltung der Art losgehen. Merkwürdigerweise haben wir Menschen im Verlauf der Evolution vergessen, daß "es" auch so einfach gehen könnte ...
(Hm, ich merke grade, was mir als Forumsältestem für eine Zukunft verwehrt ist, weil ich mich leider vom Genom her nicht als Korallenfisch identifizieren kann)
Gemäß der Mendelschen Vererbungslehre haben wir ja für jede Eigenschaft *zwei* Gene
Och nun - so weit war der gute Gregor Mendel noch nicht, und außerdem stimmts nicht. Daß du (vermutlich) männlich bist, hängt unter anderem damit zusammen, daß es von zwei bestimmten Chromosomen eben jeweils nur eines gibt. Du verwechselst hier Gene mit Chromosomen.
In der Regel ist aber eine der beiden Ausprägungen dominant, so dass die andere, rezessive Information unterdrückt wird.
So ganz richtig gut aufgepaßt hast du im Biologie-Unterricht aber nicht, gelle?
Wenn etwa meine Mutter blauäugig ist, mein Vater reinerbig braunäugig, dann habe ich sowohl das Gen für blaue als auch für braune Augen.
Nicht zwingend. Die Geschichte mit "dominant/rezessiv" ist wesentlich komplizierter.
ich habe also braune Augen.
Das macht dich phänotypisch für ca. 40 Prozent aller Frauen interessanter als Männer mit graublauen Augen. Dein Genotyp kann trotzdem vollkommen blauäugig sein.
Passt das soweit auch in deine Recherchen?
Es hängt von der Recherche ab. Als erstes darf man natürlich wie so oft die Wikipedia befragen. Die Erklärungen dort sind zwar nicht absolut stichhaltig, reichen aber fürs erste aus. Wie weit man damit eine moderne Biologie-Abiturprüfung bestehen könnte, vermag ich allerdings nicht zu beurteilen.
Zum Genom des Menschen gehören mehrere auf (vermutlich) mehreren unterschiedlichen Chromosomen liegende Gene, deren Zusammenspiel die Hautfarbe bestimmt. Oder besser: die Menge an Melanin und anderen "Farbstoffen". Dein Genotyp dürfte aber weit entfernt davon sein, daß du jemals schlitzäugige ('tachldigung, ist ein blödes rassistisches Wort, soll aber hier mal erlaubt sein) und zugleich dunkelhäutige Kinder zeugen kannst. Ich hingegen wäre vermutlich in der Lage, insulinpflichtige Diabetiker in der vierten Generation (also Ururenkel) hervorzubringen.
Grüße aus Berlin
Christoph S.
Hej,
möchte an deiner schönen -- und in dem vorliegenden Fall wohl ausreichenden -- Erklärung nur zwei kleine Korrekturen vornehmen.
Genom: Bezeichnet die Gesamtheit aller Gene eines Lebewesens.
Als Genom bezeichnet man eigentlich wirklich die reine Basenpaar-Abfolge. Diese besteht bei weitem nicht nur aus Genen, sondern auch genregulierenden, strukturellen und auf den ersten Blick auch sinnlosen Regionen. Das Genom eines Organismus kann man wenn man so möchte als einen langen String aus Buchstaben des Alphabets [ATCG] auffassen. Die Gesamtheit der einzelnen Gene unterschlägt dabei eine Vielzahl von wichtigen Aspekten, an der die Genomik mindestens genauso interessiert wie an der Funktion einzelner Gene selbst.
Es gab z.B. vor einiger Zeit viel Wirbel in den medien um das Humangenom-Projekt, dessen Ziel es war, *alle* menschlichen Gene zu kartieren und ihre Funktion zu bestimmen (das ist ja anscheinend jetzt gelungen).
Das Bestimmen und Kartieren der Gene ist wohl in weiten Teilen abgeschlossen, das ist richtig. Das Bestimmen deren aller Funktionen und noch wichtiger deren Regulation und Interaktion ... davon sind wir noch mindestens 10 - 1000 Jahre entfernt.
Beste Grüße
Biesterfeld
hallo,
möchte an deiner schönen -- und in dem vorliegenden Fall wohl ausreichenden -- Erklärung
Es gibt darin leider mindestens einen _gravierenden_ Irrtum, nämlich die Verwechslung von "Genen" mit "Chromosomen".
Als Genom bezeichnet man eigentlich wirklich die reine Basenpaar-Abfolge.
Die Begriffsbestimmung ist strittig. Insbesondere ist strittig, ob man es individuell eingrenzen kann oder nach der etwas älteren und autoritativen Ansicht auf die gesamte Taxonomie ausweiten sollte. Beides hat für Systematiker Vor- und Nachteile.
Grüße aus Berlin
Christoph S.
Hej,
möchte an deiner schönen -- und in dem vorliegenden Fall wohl ausreichenden -- Erklärung
Es gibt darin leider mindestens einen _gravierenden_ Irrtum, nämlich die Verwechslung von "Genen" mit "Chromosomen".
Gerade den Irrtum habe ich nun nicht ausmachen können. Und im weiteren bin ich nach wie vor der Meinung, dass Martins Erklärung mit den entsprechenden Korrekturen genügt hat. Natürlich nur im Bezug auf die Unbedarftheit der Ausgangsfrage.
Mit deinen Spitzfindigkeiten allerdings hast du dich übrigens auch auf ziemlich dünnes Eis befördert. Zumindest an den Stellen wo ich überhaupt verstanden habe wovon du sprichst.
Als Genom bezeichnet man eigentlich wirklich die reine Basenpaar-Abfolge.
Die Begriffsbestimmung ist strittig. Insbesondere ist strittig, ob man es individuell eingrenzen kann oder nach der etwas älteren und autoritativen Ansicht auf die gesamte Taxonomie ausweiten sollte. Beides hat für Systematiker Vor- und Nachteile.
Darüber was Taxonomie ist, bin ich mir bestens bewusst, danke. Inwiefern man aber den Begriff des Genoms auf die gesamte Taxonomie ausweiten soll verstehe ich beim besten Willen nicht.
Möchtest du sagen dass man verschiedene Genome taxonomisch organisieren kann? Oder möchtest du darauf hinaus, dass natürlich das sequenzierte Genom eines Klons niemals mit dem eines anderen Klons übereinstimmt, obwohl beide dem gleichen Stamm, Art, Gattung, usw. ... angehören?
Unter einem Genom versteht man wie ich schon sagte zunächst nur die reine DNA-Sequenz. Nicht mehr.
Beste Grüße
Biesterfeld
hallo,
Gerade den Irrtum habe ich nun nicht ausmachen können.
Dann lies nochmal die Stelle nach: "...haben wir ja für jede Eigenschaft *zwei* Gene, eins von der Mutter und eins vom Vater".
Das ist genau das, was ich als Irrtum bezeichnet habe. In der Vererbung bekommen wir die übergroße Mehrzahl aller "Eigenschaften" zu gleichen Teilen und in gleicher Ausprägung von beiden Eltern, und nur zu einem verschwindend geringen Teil, der aber phänotypisch wesentliche Ausprägungen hervorrufen kann, bekommen wir sie in unterschiedlicher Art - die entsprechenden Erbsequenzen (Gene) heißen dann Allele. Die These, daß sich jeweils ein halber mütterlicher und ein halber väterlicher DNS-Strang zu einem neuen kindlichen DNS-Strang verbinden, ist ein paar Jahrzehnte alt und nicht mehr wirklich gültig, mag aber als sehr grobe Hypothese noch beständig sein. Es gibt in jedem von uns etliche Gene, die singulär sind, also entweder von der Mutter oder vom Vater stammen.
Worauf hier angespielt wurde, ist derzeit nur noch bei der Unterscheidung von XX (weiblich) und XY (männlich) anwendbar. Dann aber auch nur auf diploide Erbgänge.
Und im weiteren bin ich nach wie vor der Meinung, dass Martins Erklärung mit den entsprechenden Korrekturen genügt hat. Natürlich nur im Bezug auf die Unbedarftheit der Ausgangsfrage.
Mit der von mir angegebenen Korrektur: ja. Die "Unbedarftheit" der Ausgangsfrage steht dabei nicht zur Debatte.
Mit deinen Spitzfindigkeiten allerdings hast du dich übrigens auch auf ziemlich dünnes Eis befördert.
Ich habe keinerlei Spitzfindigkeiten artikuliert.
Möchtest du sagen dass man verschiedene Genome taxonomisch organisieren kann?
Ob "man" das kann bzw. wie weit "man" das experimentell für nützlich halten könnte, weiß ich nicht. Ich würde behaupten wollen, daß das möglich ist - aber ob es sinnvoll ist, ist eine gänzlich andere Frage, die weder in der Biologie noch in den Webgrundlagen nach meinem Wissen gründlicher diskutiert wurde.
Oder möchtest du darauf hinaus, dass natürlich das sequenzierte Genom eines Klons niemals mit dem eines anderen Klons übereinstimmt, obwohl beide dem gleichen Stamm, Art, Gattung, usw. ... angehören?
Nein, eher auf das genaue Gegenteil, falls du meine Aussage richtig gelesen hast.
Unter einem Genom versteht man wie ich schon sagte zunächst nur die reine DNA-Sequenz. Nicht mehr.
Du sagtest es ausdrücklich anders und auch deutlich genauer. Es gibt neben der DNS noch andere entscheidende "Informationsträger" (von denen manche noch immer nur als logische Postulate existieren, weil man zwar ihre Wirkung nachweisen, ihre physische "Substanz" aber noch nicht verifizieren kann), die zum Erbgut einer Spezies gehören.
Grüße aus Berlin
Christoph S.