Christian Seiler: Fragen die sich keiner stellt?

Beitrag lesen

Hallo,

_/Könnte eine Person von der Anziehungskraft zwischen zwei großen Planeten
_/zerissen werden?

Prinzipiell sind Gravitationsfelder von Planeten nicht homogen (wäre ziemlich lustig, wenn ;-)), d.h. die Erdanziehung ist im 2. Stock etwas geringer, als im Erdgeschoss. Bei nur ein paar Metern unterschied dürfte das aber nur mit Hochpräzisionsexperimenten überhaupt messbar sein [was aber messbar ist: Auf dem Mt. Everest ist die Gravitationskraft geringer, als auf Meereshöhe. Eine auf Meereshöhe geeichte Waage zeigt auf dem Mt. Everest ein etwas geringeres Gewicht an - grob überschlagen etwa 0,5 kg pro 100 kg Körpergewicht [1]].

Wenn sich ein Objekt *genau* in der Mitte zwischen zwei Planeten befindet, dann heben sich genau in dem Punkt die Gravitationsfelder beider Planeten exakt auf. Geht man etwas (auch nur ein paar cm) von dem Punkt weg, spürt man doch eine extrem winzige (!) Gravitationskraft zu dem näheren Planeten hin. Allerdings: Wenn wir die übliche Dichte von Planeten, selbst von großen Planeten wie Gasriesen, annehmen, dann können diese sich gar nicht so nahe kommen ohne sich zu berühren, damit diese Gezeitenkraft jemanden zerreißt. Die Planeten würden vorher zusammenstoßen. Und dann wird man eher zerquetscht als zerrissen. Selbst wenn Jupiter und Saturn extrem dicht beieinander wären (sind sie ja bekanntlich nicht) und sich z.B. gegenseitig mit kleinem Abstand umrkeisen würden, dann würde man im ersten Lagrange-Punkt (d.h. dort, wo sich die Gravitation aufhebt) die Gezeitenkraft als Mensch gar nicht spüren können und messen wohl auch nur mit extrem aufwändigen Messmethoden.

Reduzieren wir das Problem auf nur einen Planeten, dann wird's auch etwas einfacher: Bei einem Planeten, bei dem man von normaler Dichte ausgeht, gibt es auch derartige Gezeitenkräft, allerdings ist sie auch bei nur einem Planeten viel zu gering, um etwas auszumachen. Ist der Planet sehr groß, also ein Gasriese wie z.B. Jupiter oder Saturn, wird man halt in der Planetenatomsphäre auf Grund des hohen Druckes zerquetscht. Zerrissen wird man auch hier nicht.

Wenn wir jedoch schwarze Löscher betrachten, die die höchstmögliche Dichte überhaupt besitzen, dann ändert sich das Bild. Prinzipiell wäre es denkbar, so nah an den Ereignishorizont eines schwarzen Loches zu kommen (aber noch außerhalb zu bleiben!), dass man von den Gezeitenkräften zerissen wird, weil die Gravitationskraft auf die Körperteile in der Nähe des schwarzen Lochs viel größer ist als die Gravitationskraft auf die Körperteile weiter weg vom schwarzen Loch. Allerdings müsste man dann dazu schon *SEHR* nahe am Ereignishorizont sein und würde dann vorher mit Sicherheit schon von der dort vorhandenen Strahlung getötet worden sein, man erlebt das Zerreißen also nicht mehr. Außerdem wird in solche Nähe des Ereignishorizonts die Zeit so stark gekrümmt, dass es von außen so aussieht, als würde man eine sehr lange Zeit brauchen, bis man dann tatsächlich mal zerrissen wurde, obwohl es für einen selbst (wenn man dann noch leben würde) relativ schnell gehen würde. Achja, mit Strahlung meine ich hier nicht die Hawking-Strahlung, die ist ja bei massiven schwarzen Löchern vernachlässigbar, sondern ganz einfach die harte Röntgen- und Gamma-Strahlung, die dadurch entsteht, dass interstellare Gase und Staub auf das schwarze Loch zubeschleunigt werden und aneinander reiben.

Man kann also im Endeffekt sagen, dass es unmöglich sein dürfte, als Todesursache "Zerreißen durch Gezeitenkräfte von Himmelskörpern" im Totenschein stehen zu haben. Denn selbst wenn dieses extrem unwahrscheinliche Ende tatsächlich eintreten sollte, ist man vorher durch etwas anderes gestorben.

Viele Grüße,
Christian

[1] Dort wiegt man auch weniger, besitzt aber die gleiche Masse, als Abnehmtipp ist das also nicht hilfreich, zumal der Effekt sowieso gering ist. ;-)