Swen: Frustabbau, das gibts doch nicht....

Beitrag lesen

Moin,

die Wiedergabe und Berichterstattung über Prozesse und Urteile gehört zu den schwierigeren journalistischen Arbeiten. Denn ein Zeitungsbericht neigt immer dazu, vom Einzelfall zur Verallgemeinerung zu streben, während das Urteil nie allgemein sondern stets individuell sein muss.

Der Leser muss sowohl eine sachliche, vollständige Information über den Tathergang erhalten als auch die Beweggründe des Gerichts kennen lernen - um sich dann schließlich selbst ein Urteil bilden zu können. Die Meinung des Blattes oder des Journalisten kann er dann zusätzlich, eventuell, auseinen Kommentar des Blattes erfahren. Dann, aber auch nur dann, kann der Leser darauf vertrauen, sich selbst eine Meinung gebildet haben können.

Solche handwerklichen Fähigkeiten kann man der BILD-Zeitung generell absprechen. Sie will häufig genug über Gerichtsurteile nicht objektiv berichten sondern emotionalisieren, eine eigene Welt erschaffen. Häufig genug sind wohl zudem auch deren Journalisten nicht kompetent genug, marktübliches Leistungsniveau zu erreichen. Ich habe gerade Freitag während des Mittagstisches neben einem ehemaligen Bildzeitung-Reporter gesessen, der einen (mir zufällig aus andere Quelle bekannten) Sachverhalt einen Freud erzählte. Mir verging fast der Appettit, als ich mir vorstellte, dass der Mann das realitätsferne Geschwätz, das er da absonderte, anscheinend wirklich glaubte. Glücklicherweise ging es dabei um komplett belanglose Dinge wie Landespolitik, die eh keinen Schwanz interessieren, wenn sie in der Zeitung ständen und nicht um Täter/Opfer-Beziehungen wie in dem Bericht, den Du verlinkt hast, der zumindest für die Beteiligten noch Bedeutung hat und Täter und Opfer noch jahrelang stigmatisieren kann.

Deshalb rate Dir dringend, Dich _nie_ auf BILD-Zeitungsmeldungen zu verlassen, sondern Dir den Reflex anzugewöhnen, bei BILD-Zeitungsartikeln fehlerhafte journalistische Arbeit zu vermuten. Mehr dazu gibt es leider Gottes fast täglich hier: http://www.bildblog.de nachzulesen. Das gilt umso mehr, wenn die Situation nach Vorurteilen schreit: Ausländer als Täter, deutsche Opfer, Reeperbahn, Jugendbande.

Gruß

Swen