Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was für Sites du ansurfst, auf denen du mit Videos, Audio und Effekten zugeballert wirst. Mal eine Bestandsaufnahme:
Videos finden sich im Web vornehmlich auf Video-Portalen oder Nachrichten-Sites. Sie sind zu 95% mit Flash meist über Youtube o.ä. eingebunden. Damit sie starten, muss ich klicken, wenn ichs nicht sehen will, lasse ichs. Wenn ich auf eine Site gehe, auf der Videos eingebunden sind und das Flash-Plugin aktiviert ist, wird halt das Container-SWF geladen, aber das hindert mich kein bisschen an der Benutzung der restlichen Seite.
Eingebettetes Audio kenne ich nur von Podcasts, MP3s oder vereinzelt JS-Webanwendungen wie Meebo. Das sind dann meist winzige Flash-Audio-Player wie EMFF, mit denen man ein MP3, das auch zum Download angeboten wird, direkt auf der Site hören kann. Davon mache ich selten Gebrauch, weil ich sie mir einfach runterlade und später höre. Natürlich gibts wenige Flash-Sites mit automatischem Sound, aber die haben allesamt Buttons zum Deaktivieren des Sounds, von denen ich dann Gebrauch mache. Auch hier: Keine Behinderung beim Lesen der Textinhalte. Die laden genauso schnell wie mit ohne MP3-Player.
Dann gibts natürlich eine Menge an JavaScript-Effekten, hauptsächlich Einblend- und Aufklappeffekte, aber auch JS-Bildergalerien wie Lightbox. Die nerven mich eigentlich am meisten, nicht, weil sie unglaublich aufdringlich sind, sondern weil diese lahmen Effekte die Navigation verlangsamen, wo technisch gesehen eigentlich eine sehr gute Reaktionszeit auf Benutzereingaben möglich wäre. Die guten Galerien, die ich gerne und häufig nutze, sind deshalb auch sehr performant (z.B. Flickr-Flashgalerie). JS-Galerien umgehe ich häufig, in dem ich die Bilder direkt aufrufe (was bei mittelprächtigen, unobtrusive JS auch möglich ist).
Schließlich nutze ich einige Techniken, um das Surfen zu vereinfachen. Die wichtigsten Ad-Server sind geblockt, ich benutze einen Browser, der Banner ausblendet, auf Knopfdruck Bilder ausblenden sowie JavaScript und Plugins deaktivieren kann, und eine Proxy-Funktion besitzt, mit der ein schnelles Surfen möglich ist, weil Flash nur auf Anfrage geladen wird und große Bilder nur stark komprimiert. Gibts alles auch für andere Browser. Ist eigentlich Standard. Mit der Ausrüstung bekomme ich den ganzen nervigen Kram im Web größtenteils nicht mit. Damit kann ich das Web ohne Bilder, aktive Inhalte, Video, Audio, JS sehen - wenn ich es denn will.
Ich finde selten eine Site, die den Einsatz von Video, Audio, Flash und JS so richtig verhaut und damit den Zugang zum Textinhalt verunmöglicht. Das liegt dann aber - wie gesagt - nicht daran, dass sie Inhalte *vermischen* und dass Vermischung an sich das Übel wäre. Dass diese Sites nicht effizient benutzbar sind, liegt vielmehr daran, dass sie nicht mit Progressive Enhancement arbeiten und auch nicht mit Hinsicht auf Barrierefreiheit hin gebaut wurden. Wir haben diese Theorien, die eine Vermischung von Inhalten durchaus zulassen, ohne dass eine Site schlecht benutzbar wird, wenn gewisse Techniken nicht zur Verfügung stehen.
dass ich eben *nicht* gegen die Technik wettere. Im Gegenteil, ich befürworte sie! Nur eben nicht in der Mischung mit dem traditionellen WWW.
Die Technik = object in HTML. Ist doch für nichts anderes da als zur Vermischung von HTML mit anderem HTML, Bildern, Animationen, Plugins.
damit die eine Gruppe ihr sachlich-nüchternes WWW auch genauso effizient nutzen kann wie vor 15 Jahren, und die andere sich an anspruchsvollen Breitbandinhalten erfreuen kann.
Irgendwie bist du dir selbst über deine Position nicht im Klaren bzw. wirfst Urteile verschiedener Ebenen durcheinander.
Du kannst Zugangstechniken benutzen, die dir ein nüchternes WWW bieten (s.o.). Es wird auch weiterhin Autoren geben, die reine Textinhalte online stellen. Es wird auch weiterhin Leute geben, die Rich Media barrierefrei und abwärtskompatibel online stellen. Wo ist das Problem? Leuten zu sagen, dass sie Inhalte wie JS, Flash und andere Techniken, die die Zugangsvoraussetzungen erhöhen, weise einsetzen sollen, machen wir hier doch seit Jahren. Ich wüsste nicht, was für eine andere Strategie möglich ist - in deiner radikalen Forderung, das Web möge sich doch bitte entzwei teilen, in das von 1995 und in das von 2009, sehe ich kein Lösungspotenzial.
Mathias