Widerrufsbelehrung korrekt einbinden
Nick
- recht
Hallo,
nachdem ich mich nun zum hundertsten Mal durch immer die selben Rechtsanwaltsseiten gequält habe, die Frage aber immer noch nicht erschöpfend beantwortet ist - jetzt ist das Forum dran:
Wie bindet man die Widerrufsbelehrung korrekt in ein Bestellformular ein ?
Darf ich per Link auf die Widerrufsbelehrung hinweisen (diese erscheint dann z.B. in einem eigenen Fenster oder in einem sich öffnenden Layer) oder MUSS ich den gesamten Text sichtbar neben oder unter den Senden-Button stellen ?
Den Link möchte ich direkt über dem Senden-Button anbringen, der Kunde soll über eine Checkbox explizit bestätigen (müssen), daß er die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen hat - genauer: das er Kenntnis von der Möglichkeit hat, die Widerrufsbelehrung einzusehen - (ob er diese nun wirklich liest oder nicht).
Ist kein Häkchen in der Checkbox, wird die Bestellung nicht abgeschickt.
Zusätzlich wird der Kunde nochmals in der Bestätigungsmail und bei Lieferung der Ware auf sein Widerrufsrecht hingewiesen ...
Und: was kostet es ungefähr, ein "kleines einfaches" Bestellformular von einem Fachanwalt üperprüfen zu lassen ? Ich weiß, nach oben gibt es keine Schamgrenzen, aber gehen wir mal von einem Anwalt mit Charakter und Gefühl für das richtige Maß aus ...
Mfg Nick
Hallo!
DISCLAIMER: ;-) Das hier ist keine Rechtsberatung - ich mache mir nur schriftliche Gedanken darüber, wie ich die Widerrufsbelehrung einbauen würde.
Ich würde eine ausführliche Widerrufsbelehrung ("Der Kunde hat 14 Tage lang Zeit, den Vertrag zu widerrufen (gemäß § 312d BGB). Der Widerruf kann schriftlich oder durch E-Mail an die Adresse widerruf@url.de erfolgen und wird innerhalb von 2 Werktagen bestätigt.") in die AGBs stecken und in das Bestellformular folgende Checkbox einbauen:
"Ich habe die [verlinkt]AGBs[/verlinkt] zur Kenntnis genommen und akzeptiert. Mir ist bekannt, dass mir ein 14-tägiges Widerrufsrecht zusteht (siehe [verlinkt]AGBs, Absatz XY[/verlinkt]."
Natürlich muss dieser Hinweis im Formular entsprechend erkennbar sein (d.h. 9px-Schrift ist ebenso ausgeschlossen wie graue Schrift auf grauem Grund). Grundsätzlich gilt: wenn im Klagefall das Gericht erkennen muss, dass Du es dem Kunden leicht machst, geht das Urteil eher zu Deinen Gunsten aus.
Und: was kostet es ungefähr, ein "kleines einfaches" Bestellformular von einem Fachanwalt üperprüfen zu lassen?
Rechne optimistisch mit 2-3 Arbeitsstunden, pro Stunde ab 80 Euro aufwärts. Allerdings wirst Du lange nach einem guten Fachanwalt für Internetrecht suchen können - die sind nämlich äußerst selten.
Gruß, LX
[latex]Mae govannen![/latex]
"Ich habe die [verlinkt]AGBs[/verlinkt] zur Kenntnis genommen und akzeptiert. Mir ist bekannt, dass mir ein 14-tägiges Widerrufsrecht zusteht (siehe [verlinkt]AGBs, Absatz XY[/verlinkt]."
Ich halte nicht viel von GeschäftsbedingungenS
Cü,
Kai
Hello,
ich würde die Widerrufsbelehrung und auch alle anderen Vertragsbestandteile, sowie die nochmalige Anzeige der Bestellung in den Workflow einbinden und zwar so, dass man gar nicht zum Bestellbutton kommt, wenn man sie nicht geöffnet hat.
o
|
|<--------++
+-----------+ ||
| Bestellen | ||
+-----------+ ||
| ||
/ 1 \ ______|| 1 = "Bestellung fertig?"
\ / n |
| j |
| |
+-----------+ |
| prüfen | |
+-----------+ |
| |
/ 2 \ _______| 2 = "Bestellmengen ok?"
\ / n
| j
|<----------+
+-----------+ |
| belehren | |
+-----------+ |
| |
/ 3 \ ________| 3 = "ges. vorgeschriebene Belehrung und
\ / n Vertragsbestimmungen gelesen und akzeptiert?"
| j
|
+------------+
|[abschicken]| per Postbutton
+------------+
|
|
+------------+
| Eingang | "Eingang der Bestellung bestätigen" bedeutet, kein
| bestätigen | dass noch kein Vertrag zustande gekommen ist.
+------------+ Dieser kommt erst durch gesonderte Annahme zustande
|
|
O
Wenn Du allerdings möchtest, dass der Vertrag sofort zustandekommt, kannst Du das auch Deinen Computer bestätigen lassen. Würde ich naber nicht tun, weil leider immer Fehler auftreten können.
Die Weiterschaltung von Formular zu Formular ausschließlich per Post-Methode.
Liebe Grüße aus Syburg bei Dortmund
Tom vom Berg
Hello,
als Ergänzung zu meinem vorangegangenen Programm-Ablauf-Plan möchte ich auf ein aktuelles Urteil hinweisen:
Das aktuelle Urteil
Verkürzung der Verjährungsfrist
Der Bundesgerichtshofs hat zwei Rechtsfragen zu allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Reiseveranstalters entschieden.
Der Kläger unternahm mit seiner Ehefrau eine Pauschalreise nach Mauritius. Nach Rückkehr von der Reise am 18. August 2005 meldete der Kläger Ansprüche wegen Reisemängeln bei dem beklagten Reiseveranstalter an und reichte am 11. August 2006 Klage ein, die der Beklagten jedoch wegen einer fehlerhaften Adressierung in der Klageschrift erst im Dezember 2006 zugestellt wurde. Der Kläger verlangt die teilweise Rückzahlung des Reisepreises und eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten sehen vor, dass vertragliche Ansprüche des Reisenden, für die nach dem Gesetz eine zweijährige Verjährungsfrist gilt, in einem Jahr nach Reiseende verjähren. Diese Reisebedingungen waren im Katalog der Beklagten abgedruckt, der im Reisebüro bei der Buchung der Reise durch den Kläger vorlag. Amts- und Landgericht haben die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Das Landgericht hat angenommen, der Kläger sei ausreichend deutlich auf die Reisebedingungen hingewiesen worden und habe eine zumutbare Möglichkeit gehabt, von diesen Bedingungen Kenntnis zu nehmen. Die hiernach maßgebliche, einjährige Verjährungsfrist sei nicht rechtzeitig unterbrochen worden, weil der Kläger die verspätete Zustellung der Klage durch die fehlerhafte Angabe der Anschrift der Beklagten verursacht habe.
Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat seine Ansprüche für nicht verjährt gehalten.
§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB verlangt für die wirksame Einbeziehung von AGB in einen Vertrag u. a., dass der Verwender dem Kunden die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. Anders als das Landgericht hält es der Bundesgerichtshof nicht für zumutbar, im Reisebüro die Reisebedingungen in einem dort ausliegenden Katalog zu studieren. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Reiseveranstalter nach der – insoweit zur Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie der Europäischen Gemeinschaft dienenden – BGB-Informationspflichten-Verordnung verpflichtet ist, dem Reisenden die Reisebedingungen auszuhändigen. Die Verordnung besagt zwar unmittelbar nichts über die Einbeziehung von AGB in den Vertrag, bestimmt aber die Kriterien für die Zumutbarkeit der Kenntnisnahme mit.
Im Anschluss an eine entsprechende Entscheidung des VIII. Zivilsenats zum Kaufrecht (vgl. Pressemitteilung Nr. 161/2006) hat der Senat ferner die Verkürzung der Verjährungsfrist auch materiell für unwirksam gehalten, weil die betreffende Klausel ohne Ausnahme alle vertraglichen Schadensersatzansprüche des Reisenden erfasst. Für vertragliche Ansprüche, die auf Ersatz von Körper- und Gesundheitsschäden gerichtet oder auf grobes Verschulden gestützt sind, kann die Haftung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch nicht wirksam begrenzt werden (§ 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB). Eine hiernach unzulässige Haftungsbegrenzung stellt auch die Abkürzung der Verjährungsfrist für die betreffenden Ansprüche dar. Der Verstoß gegen § 309 Nr. 7 BGB hat zur Folge, dass die Abkürzung der Verjährungsfrist insgesamt unwirksam ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Februar 2009 - Aktenzeichen: Xa ZR 141/07
Das Urteil besagt für mich, dass es keinesfalls ausreichen kann, die AGB (und sinngemäß auch die Widerrufsbelehrung) nur per Checkbox in ein Formular einzubinden. Insbesondere bei von der gesetzlichen Reglung abweichenden Bestimmungen, die eine Verschlechterung des Kunden darstellen, kann dieser erwarten, darauf dediziert aufmerksam gemacht zu werden, sodass sie für ihn (später) nicht mehr überraschend sind.
Oder anders herum ausgedrückt: Weist man einen Kunden dediziert auf besondere Bedingungen hin, kann dieser später nicht mehr behaupten, dass er davon überrascht sei.
Liebe Grüße aus Syburg bei Dortmund
Tom vom Berg
Hallo,
zuersteinmal würde ich diese Seite beachten:
http://www.gesetze-im-internet.de/bgb-infov/BJNR034200002.html
Das ist die BGB-InfoV. Was man daraus genau befolgt kann schonmal nicht falsch sein ;)
Die Widerrufsbelehrung muss gesondert hervorgehoben sein.
Wenn ich sowas machen würde, würde ich die Widerrufsbelehrrung aus der BGB-InfoV in meine AGB schreiben. Den Gesamten Widerrufs-Teil würde ich fett schreiben.
Im Bestellformular würde ich dann vor dem Senen-Button 2 Checkboxen einfügen.
Eine für die AGB und eine, dass die Widerrufsbelehrung in den AGB zur Kenntnis genommen wurde.
Aber um 100% auf der Sicheren Seite zu sein müsste es wohl Klartext übeer dem Button stehen - denke aber nicht, dass es da Probleme gibt.
Gruß
Alex
Wie bindet man die Widerrufsbelehrung korrekt in ein Bestellformular ein?
Hi. Rechtlich reicht es vollkommen aus, wenn Du eine Checkbox ankreuzen lässt, in der Du auf Deine AGB hinweist und ohne ankreuzen der Checkbox keine Bestellung möglich ist. Die Checkbox muss sich auf der selben Seite wie der Absendebutton befinden, somit ist ein unmittelbarer Zusammenhang gegeben.
"Haben Sie unsere AGB gelesen, verstanden und erkennen Sie diese an?" Bitte hier ankreuzen ... und auf die AGB verlinken.
Alles andere regeln Deine AGB! Und die müssen geprüft sein!
Es kommt sicher drauf an was Du anbietest. Du kannst das Widerrufsrecht (z.B: bei einer reinen Dienstleistung ohne Warenversand, als Bereitstellung von Daten zu bestimmten Zwecken nach Bezahlung) auch sehr schlau einsetzen. Vgl: § 312d III BGB.
Du bist nicht verpflichtet den Verbraucher "Zu Tode zu schützen". Sonst könntest Du ja gleich schreiben: "Falls Du nun bei mir bestellst könnte das der grösste Fehler Deines Lebens sein! Ich warne Dich!"
Eine gesunde Mischung aus Geschäftstüchtigkeit und Fairness muss aber gegeben sein, und das ist die Checkbox in Verbindung mit den AGB´s.
Lies Dir einfach mal die AGB´s von grossen Bestellseiten durch und übernimm "Strategien in Deine Sprache", dann kannst Du Dir den Anwalt i.d.R. sparen.
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AGB-Auszug (Beispiel):
Ohne Einverständnis dieser AGB durch den User kann keine (... Vertragsgegenstand, Bestellung ...) erfolgen. Der User erklärt sein Einverständnis mit diesen AGB indem er die wörtliche oder sinngemäße Erklärung "Haben Sie die AGB gelesen und sind Sie einverstanden?" durch klicken auf das Eingabefeld "Ja" bestätigt. Damit werden diese AGB Vertragsbestandteil.
... blablabla ...
... können ihre Vertragserklärung binnen 14 Tagen ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Vertragsschluss aber nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß § 312 c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1, 2 und 4 BGB-InfoV sowie unserer Pflichten gemäß § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des korrekten Widerrufs. Das gesetzliche Widerrufsrecht erlischt, sobald ... (siehe § 312d III BGB.) ... und so weiter ... Der Nachweis über den korrekten Widerruf muss vom User geführt werden.
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PS: Falls mein Beitrag Fehler enthält kann ich nicht von Dir verklagt werden. Durch öffnen dieses Beitrags hast Du dem zugestimmt, grins ...
Theorie: Alles ist möglich - Praxis: Nix funzt - Ich bin eben ein Mann der Praxis
Hello,
Wie bindet man die Widerrufsbelehrung korrekt in ein Bestellformular ein?
Hi. Rechtlich reicht es vollkommen aus, wenn Du eine Checkbox ankreuzen lässt, in der Du auf Deine AGB hinweist und ohne ankreuzen der Checkbox keine Bestellung möglich ist. Die Checkbox muss sich auf der selben Seite wie der Absendebutton befinden, somit ist ein unmittelbarer Zusammenhang gegeben.
Vermutlich nicht mehr lange. Ich unterstütze den Vorstoß der Arbeitsgruppe!
Du bist nicht verpflichtet den Verbraucher "Zu Tode zu schützen". Sonst könntest Du ja gleich schreiben: "Falls Du nun bei mir bestellst könnte das der grösste Fehler Deines Lebens sein! Ich warne Dich!"
Das ist Unsinn. Der sachliche Hinweis auf ein gesetzlich verbrieftes Widerrufsrecht nebst der damit ggf. verbundenen Folgekosten ist nicht geschäftsschädlich - ganz im Gegenteil.
Lies Dir einfach mal die AGB´s von grossen Bestellseiten durch und übernimm "Strategien in Deine Sprache", dann kannst Du Dir den Anwalt i.d.R. sparen.
Nur weil die groß sind, müssen si nicht gut sein.
Liebe Grüße aus Syburg bei Dortmund
Tom vom Berg