Tim T—: Private Krankenversicherung bei Hilfebedürftigkeit

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Hallo,

das Ganze ist momentan im Fluss.

Seit der letzten Gesundheitsreform werden vorher privat versicherte ALG-II-Empfänger nicht mehr automatisch in die Gesetzliche Krankenversicherung hingewechselt. Das heisst, Deine Information ist eigentlich korrekt: Die Jobcenter/Sozialämter übernehmen bislang nur den durchnittlichen Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung. Privat versicherte Hilfebedürftige landen aber meist in den sog. „Basistarif“, der bei den PKVs durchschnittlich mit ~580 Euro anfällt. Bei Hilfebedürftigkeit wird nur die Hälfte genommen, dennoch ist da eine Differenz zwischen dem halbierten Basistarif (oder einen günstigeren Standardtarif) und dem festgelegten durchschnittlichen Höchstbetrag der Gesetzlichen. D.h. privat versicherte Hilfebedürftige haben Monat für Monat einen Fehlbetrag von ca. 155 Euro, den sie nur vom Existenzminimum decken können. Die Bundesagentur für Arbeit ist sich dessen bewusst, schreibt aber in ihren Fachlichen Hinweisen:

(10) Da die an die private Versicherung zu zahlenden Beiträge (halber
  Basistarif) den Zuschuss übersteigen, ergibt sich regelmäßig ein
  Differenzbetrag. Dieser ist nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a SGB II vom
  Einkommen abzusetzen. Ist eine Absetzung vom Einkommen nicht oder nicht
  vollständig möglich, kann eine Deckungslücke entstehen. Für den Ausgleich
  dieser Lücke durch die Grundsicherungsstellen besteht keine rechtliche
  Grundlage.
  (Quelle: Abschnitt 2.3.1, Absatz (10) im verlinkten PDF)

Eine Gesetzeslücke, die sowohl Schwarz-Rot als auch Schwarz-Geld bislang ignoriert haben. Natürlich wurde die letzten Jahre immer wieder dagegen geklagt und meines Wissen bislang alle Klagen vor den (Landes)-Sozialgerichten gewonnen. Natürlich gingen die Sozialämter/Jobcenter immer in Berufung.

Am 18. Januar entschied nun das Bundessozialgericht, dass diese Regelungslücke inakzeptabel ist und dass die Kosten in voller Höhe übernommen werden muss. Aber das ist natürlich kurz her. Und auch – weil es ja offensichtlich ist – es schon im November absehbar war, dass das Urteil so entschieden wird, suchte das Arbeitsministerium ein Lösung. Mit dem Bundessozialgerichts-Urteil ist das nun wohl hinfällig, wie die Lösung genau aussieht, weiß aber im Moment noch keiner.

Tim