Sepp: Mechanik: Drahtseil mit Lappen/ Decke behängen?

Hallo Forum,

immer wieder, wenn ich mich über Seilwinden schlau mache, lese ich Sätze wie den folgenden:

"Wichtig ist, dass Unvorhergesehenes - besonders an der Steigung - berücksichtigt wird (z. B. Seil mit schwerem Lappen behängen, damit es beim Reißen nicht durch die Luft peitscht"

Kann mir jemand erklären, warum ein 10m langes Drahtseil, wenn ich einen schweren Lappen oder eine Decke darüber hänge, nicht peitscht, wenn es reißt? Ist das dann so ein ähnlicher Effekt, wie bei Handballtornetzen, wenn der Handball dort einschlägt?

Wohin soll der schwere Lappen überhaupt genau gehängt werden? Einfach irgendwo übers Seil? Mittig?

Fragende Grüße, Sepp

  1. Hallo,

    immer wieder, wenn ich mich über Seilwinden schlau mache, lese ich Sätze wie den folgenden:

    "Wichtig ist, dass Unvorhergesehenes - besonders an der Steigung - berücksichtigt wird (z. B. Seil mit schwerem Lappen behängen, damit es beim Reißen nicht durch die Luft peitscht"

    das habe ich noch nicht gehört/gelesen, aber es erscheint mir plausibel.

    Kann mir jemand erklären, warum ein 10m langes Drahtseil, wenn ich einen schweren Lappen oder eine Decke darüber hänge, nicht peitscht, wenn es reißt?

    Bei einem kräftigen Drahtseil ist vermutlich ein Lappen -auch ein großer, schwerer- nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Es geht ja darum, dass das plötzlich entspannte Seil nicht durch die eigene Elastizität zurückpeitscht. Und da soll wohl der Lappen mit seiner trägen Masse wenigstens einen Teil der Energie aufnehmen.

    Damit der Trick wirklich wirksam ist, muss das Gewicht des Lappens aber der Zug- oder Spannkraft im Seil angemessen sein - da war mal was mit Federkonstante und Dehnung für die potentielle Energie im gespannten Seil, und mit ½mv² für die Bewegungsenergie.

    Wohin soll der schwere Lappen überhaupt genau gehängt werden? Einfach irgendwo übers Seil? Mittig?

    Gute Frage. Mittig ist sicher nicht schlecht. Denn das Seil kann ja nur so weit zurückpeitschen, wie seine eigene Länge reicht. Hängt der Feudel also mittig, dämpft er in jedem Fall das längere Stück, wenn das Seil reißt.

    Ciao,
     Martin

    --
    why the heck do you jerk think, that wir ein doppelposting nicht bemerken, wenn you zwischendurch the sprache wechselst?
      (wahsaga)
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    1. Hello,

      Damit der Trick wirklich wirksam ist, muss das Gewicht des Lappens aber der Zug- oder Spannkraft im Seil angemessen sein - da war mal was mit Federkonstante und Dehnung für die potentielle Energie im gespannten Seil, und mit ½mv² für die Bewegungsenergie.

      Hier zählt Kraft mal Masse, also der Impuls.

      Und man sollte dabei nicht vergessen, dass das Seil durch Belastung in Querrichtung zusätzlich enorme Kräfte in Längsrichtung aufnehmen muss.

      http://www.physikabitur.info/Mechanik/91011 Kraefte1.pdf#page=15

      Man sollte es also mit der trägen Masse des Lappens nicht übertreiben, wenn das Seil nicht noch schneller brechen soll.

      Liebe Grüße aus dem schönen Oberharz

      Tom vom Berg

      --
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      http://bergpost.annerschbarrich.de
      1. Und man sollte dabei nicht vergessen, dass das Seil durch Belastung in Querrichtung zusätzlich enorme Kräfte in Längsrichtung aufnehmen muss.

        http://www.physikabitur.info/Mechanik/91011 Kraefte1.pdf#page=15

        Man sollte es also mit der trägen Masse des Lappens nicht übertreiben, wenn das Seil nicht noch schneller brechen soll.

        Das dürfte hier* völlig irrelevant sein. Die Kraft im Seil wird von den Haltekräften bestimmt, denn keine Kraft ohne Gegenkraft. Beim Ziehen an einem Seil, welches auch eine Kraft in Querrichtung aufnimmt, mit einer bestimmten Kraft, wirkt die gleiche Kraft wie ohne Querkraft nur ist der Durchhang des Seils ein anderer. Der Durchhang stellt sich durch die Querkraft ein.

        * Mit einer Seilwinde zieht man mit der Kraft, die die Seilwinde eben aufbringen kann oder mit der Kraft die nötig ist um das an dem man zieht zu bewegen, je nach dem welche Kraft kleiner ist. Was Du anmerkst ist von Bedeutung, wenn eine feste Einspannung vorliegt, also eine die sehr hohe Gegenkräfte aufbringen kann ohne nachzugeben und dementsprechend keinen Durchhang des Seils ermöglicht. Wenn dann eine Querkraft hinzukommt, wirkt eine Kraftübersetzung die um so größer ist, je kleiner der Durchhang ist.

        1. Hello,

          was man keinesfalls übersehen sollte, ist das Gewicht des Seiles selbst. Lassen wir für den Bruchfall erstmal den Lappen weg. In welche Richtung schnellt das zugbelastete Seil, wenn es bricht?

          Im ersten Moment immer in Erdanziehungsrichtung und zwar mit der Orientierung gegen die Schwerkraft ("nach oben").

          Und da steckt auch das Geheimnis im Denkmodell. Normalfall zieht das Gewicht des Seiles an jeder Stelle in der Seilkurve in der Orientierung der Schwerkraft. Wenn nun das Seil bricht, fällt jeweils eine Seilhälfte weg aber die Kraft ("nach oben") am Seilende ist noch vorhanden. Die niederhaltende Kraft ist also im Moment des Bruches am Seilende in der Modellvorstellung plötzlich nur noch halb so groß, wie sie sein müsste. Das bedeutt, dass eine resultiernde Kraft ("nach oben") übrig bleibt. Diese lässt das Seilende "nach oben" schnellen.

          Bei Bremsvorgängen (negative Beschleunigung) stellt man sich das übrigens ähnlich vor im vereinfachten Modell. Deshalb ruckt der Wagen zurück, wenn man bis zum letzten Moment die Bremskraft beibehält.

          Wenn man genauer hinschaut, geht es freilich immer um Verformungen und Integrale... Das lernt man aber erst im Maschinenbaustudium.

          Liebe Grüße aus dem schönen Oberharz

          Tom vom Berg

          --
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          1. was man keinesfalls übersehen sollte, ist das Gewicht des Seiles selbst.

            Ok - das soll jetzt aber keine Erwiderung auf meinen Beitrag sein oder?

            Lassen wir für den Bruchfall erstmal den Lappen weg. In welche Richtung schnellt das zugbelastete Seil, wenn es bricht?

            In Kraftrichtung und zwar an jedem Punkt des Seils, denn von nichts kommt nichts. Das Bedeutet, das Seil schnellt in jedem Punk, überlagert von der Fallbewegung, in Seilrichtung.

            Im ersten Moment immer in Erdanziehungsrichtung und zwar mit der Orientierung gegen die Schwerkraft ("nach oben").

            Nur bei einem senkrecht hängenden Seil.

            Normalfall zieht das Gewicht des Seiles an jeder Stelle in der Seilkurve in der Orientierung der Schwerkraft.

            Und bewirkt damit im Seil eine Zugkraft ausschließlich in Seilrichtung.

            Wenn nun das Seil bricht, fällt jeweils eine Seilhälfte weg aber die Kraft ("nach oben") am Seilende ist noch vorhanden.

            Der ggf. vorhandene Anteil der Kraft nach oben, ja. Zusammen mit dem Restlichen Anteil zeigt der Kraftvektor aber in Seilrichtung. In dem Maß wie die Kraft im Seil abnimmt setzt aber überlagernd zur restlichen Bewegung der Fall des Seiles ein, denn die Schwerkraft wirkt ständig.

            Die niederhaltende Kraft ist also im Moment des Bruches am Seilende in der Modellvorstellung plötzlich nur noch halb so groß, wie sie sein müsste.

            Wieso halb so groß und wieso "als sie sein müßte"? Die niederhaltende Karft ist die Schwerkraft und die ist voll da. Im ersten Moment ist die Zugkraft an jedem Seilende der Bruchstelle auf der einen Seite Null und auf der anderen noch voll da. Die Gegenkraft für die noch vorhandene Zugkraft ist nun die Trägheitskraft des Seils welches ab dem Moment beschleunigt wird (immer und überall ist Kraft gleich Gegenkraft).

            Das bedeutt, dass eine resultiernde Kraft ("nach oben") übrig bleibt.

            Nur solange die Kraft größer ist als die Erdanziehungskraft. Erfolgt der Bruch an der Stelle an der Stelle an der das Seil waagerecht hängt, ist die Kraft nach oben Null, die resultierende vertikale Kraft ist die Schwerkraft.

            Das bedeutt, dass eine resultiernde Kraft ("nach oben") übrig bleibt. Diese lässt das Seilende "nach oben" schnellen.

            Wenn ein Kraftanteil nach oben übrig bleibt, dann gibt es in der Bewegung einen nach oben gerichteten Anteil, ja.

            Bei Bremsvorgängen (negative Beschleunigung) stellt man sich das übrigens ähnlich vor im vereinfachten Modell. Deshalb ruckt der Wagen zurück, wenn man bis zum letzten Moment die Bremskraft beibehält.

            Das tut er, weil sich diverse Teile unter der Bremskraft elastisch verformt haben und diese Teile im Moment des Stillstands immer noch verformt sind. Er tut das nicht, weil er aufgehört hat Kraft auf die Straße zu übertragen und diese Kraft jetzt weg ist. Im Gegenteil, die Kraft ist nicht weg, er tut das in dem er auf die gleiche Weise wie vorher Kraft auf die Straße überträgt und sich an ihr nach hinten abstößt. Während der Rückbewegung nimmt die Kraft selbstverständlich ab (weil sich die verformten Teile entspannen), wird Null, kehrt sich um ... eine Schwingung.

            1. Hallo,

              Bei Bremsvorgängen (negative Beschleunigung) stellt man sich das übrigens ähnlich vor im vereinfachten Modell. Deshalb ruckt der Wagen zurück, wenn man bis zum letzten Moment die Bremskraft beibehält.

              ja, so macht man das, wenn man von seinen Passagieren ein zustimmendes Nicken sehen will. ;-)
              Möchte man dagegen komfortabel fahren, nimmt man die Bremskraft im letzten Moment vor dem Stillstand sanft zurück.

              Das tut er, weil sich diverse Teile unter der Bremskraft elastisch verformt haben und diese Teile im Moment des Stillstands immer noch verformt sind.

              Eben. Und den größten Beitrag liefern dazu vermutlich die Radaufhängungen, insbesondere die Federung, weil der Wagen ja beim Abbremsen vorn einfedert. Wenn man das geschickt ausnutzt, kann man sich beim Rangieren mitunter das Einlegen des Rückwärtsgangs sparen. Kurz und heftig auf die Bremse treten und im Moment des Stillstands loslassen, dann bekommt der Wagen durch eben diese elastisch gespeicherte Energie wieder einen geringen rückwärts gerichteten Impuls. Wenn man nur ein paar Zentimeter braucht, genügt das oft schon.

              Er tut das nicht, weil er aufgehört hat Kraft auf die Straße zu übertragen und diese Kraft jetzt weg ist. Im Gegenteil, die Kraft ist nicht weg, er tut das in dem er auf die gleiche Weise wie vorher Kraft auf die Straße überträgt und sich an ihr nach hinten abstößt. Während der Rückbewegung nimmt die Kraft selbstverständlich ab (weil sich die verformten Teile entspannen), wird Null, kehrt sich um ... eine Schwingung.

              Schon, aber in der Praxis eine sehr stark gedämpfte. Wenn man sie als Schwingung wahrnimmt, ist es höchste Zeit, die Stoßdämpfer zu erneuern.

              Ciao,
               Martin

              --
              Soziologen sind nützlich, aber keiner will sie haben.
              Bei Informatikern ist es gerade umgekehrt.
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              1. ... und im Moment des Stillstands loslassen, ...

                Kurz nach dem Stillstand (wenn die kinetische Energie maximal und die potentielle minimal ist).

  2. Moin!

    immer wieder, wenn ich mich über Seilwinden schlau mache, lese ich Sätze wie den folgenden:

    "Wichtig ist, dass Unvorhergesehenes - besonders an der Steigung - berücksichtigt wird (z. B. Seil mit schwerem Lappen behängen, damit es beim Reißen nicht durch die Luft peitscht"

    Das wird es vermutlich trotzdem tun.

    Kann mir jemand erklären, warum ein 10m langes Drahtseil, wenn ich einen schweren Lappen oder eine Decke darüber hänge, nicht peitscht, wenn es reißt? Ist das dann so ein ähnlicher Effekt, wie bei Handballtornetzen, wenn der Handball dort einschlägt?

    Nein. Frage dort, wo die Behauptung aufgestellt wird.

    Wohin soll der schwere Lappen überhaupt genau gehängt werden? Einfach irgendwo übers Seil? Mittig?

    Vermutlich dort, wo das Seil reißen wird.

    - Sven Rautenberg

  3. Kann mir jemand erklären, warum ein 10m langes Drahtseil, wenn ich einen schweren Lappen oder eine Decke darüber hänge, nicht peitscht, wenn es reißt? Ist das dann so ein ähnlicher Effekt, wie bei Handballtornetzen, wenn der Handball dort einschlägt?

    Manchmal kann eine scheinbar kleine Wirkung, gerade wenn sie relativ lange wirkt, erstaunlich wirksam sein. Ein beim "Abschuß" auf das Ziel aufgesetzter Pfeil hat auch eine ganz andere Wirkung als der Pfeil der an der Sehne beschleunigen konnte bevor er das Ziel trifft. Das Seil wird über einen relativ kurzen Weg und eine relativ kurze Zeit beschleunigt und fliegt dann relativ weit und lange, also kann eine Wirkung welche deutlich kleiner ist als die Zugkraft beim Reißen viel von der Energie schlucken.

    Wie die Wirkung bei dem Seil ist, kann ich aber nur begrenzt einschätzen. Grundsätzlich wirkt der Lappen ggf. als Dämpfer eines ansonsten schwach gedämpften Seiles. Ob die Massenträgheit des Lappens und die Reibung zwischen Lappen und Seil, oder der Luftwiderstand das Lappens das Entscheidende ist, kann ich nicht sagen. Dafür, wie viel Wirkung der Lappen entfalten kann, kommt es sicher auch darauf an, wie das Seil peitscht bzw. peitschen würde und das ist relativ chaotisch. Ich vermut die Methode verringert nur die Wahrscheinlichkeit gefährlicher Peitscher bzw. die Gefährlichkeit gefährlicher Peitscher. Ich würde mich grundsätzlich immer daran halten nicht im Gefahrenbereich zu stehen.

  4. hi,

    immer wieder, wenn ich mich über Seilwinden schlau mache, lese ich Sätze wie den folgenden:

    "Wichtig ist, dass Unvorhergesehenes - besonders an der Steigung - berücksichtigt wird (z. B. Seil mit schwerem Lappen behängen, damit es beim Reißen nicht durch die Luft peitscht"

    Wichtiger ist folgende Frage: Willst Du Lasten heben/ziehen oder ein Seil zerreißen?

    Fall a) Nimm ein der Zugkraft angemessenes Seil.
    Fall b) Mache die Zerreißprobe in einer sicheren Umgebung.

    Hotti