Sven Rautenberg: günstige Krankenversicherung

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Moin!

so es irgend geht, bleibe als freiwillig Versicherte bei einer gesetzlichen Krankenkasse.

Das kann ich nur so dick und fett unterstreichen, wie man es sich irgendwie vorstellen kann.
Hmm, ist das so? Warum? Als Single kommt man meiner Meinung nach deutlich günstiger mit einer privaten KV weg, mit Frau und 2 Kindern bezahlt man dann etwas mehr, bis die Kinder das Studium abgeschlossen haben, bleibt also nur noch der beitrag in der Rente, soweit ich das jetzt sehe, ist der nicht höher als in der gesetzlichen Krankenkasse, oder übersehe ich was?

Nach meinem Kenntnisstand gibt es in der privaten Krankenversicherung keine Mitversicherung von Ehegatten oder Kindern. Zwei Personen kosten also grundsätzlich das Doppelte, sofern beide privat versicherbar sind. Ansonsten ist nur einer privat versichert, der andere gesetzlich (und die Kinder dann dort auch). Das bedeutet aber auch, dass die Betrachtung der Kosten sich nicht verbessert, denn auch in diesem Fall gibt es zwei Versicherungen und doppelte Kosten für zwei Personen.

Das Problem für den Single ist, dass ihm niemand kalkulieren kann, was die private Krankenversicherung über seine Lebensdauer hinweg kosten wird. Natürlich kommt er günstig weg, wenn er leicht oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze verdient (egal ob selbständig oder angestellt), verglichen mit der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Frage ist ja nur: Wie entwickeln sich die Kosten über die Jahre?

Klar ist: Es wird nicht billiger. Aber wieviel teurer wirds? Und an welchen Faktoren hängt das? Das kann selbst die Versicherung mit allen heute vorliegenden Daten, Gesundheitsentwicklung, Sterbetabellen etc. nicht vorhersagen oder kalkulieren.

Mit anderen Worten: Die Entscheidung für die private Krankenversicherung ist ein unkalkulierbares finanzielles Wagnis. Denn die Tarife der privaten Krankenversicherung orientieren sich nicht nach der allgemeinen Gesundheitslage der Bevölkerung, sondern nur nach der Gesundheit aller Versicherungsnehmer, schlimmstenfalls nur derjenigen im gleichen Tarif.

Klar kann man in den Basistarif wechseln. Das bedeutet dann aber analog zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenkasse Beiträge, die sich aufgrund der Beitragsbemessungsgrenze errechnen. Für Fälle geringen Einkommens sind monatlich 627 Euro für den Basistarif kaum stemmbar, selbst der halbe Tarif für Bezieher von Hartz4 oder Sozialhilfe ist heftig viel.

Die gesetzliche Krankenversicherung möchte zwischen 14,9% und 15,5% des aktuellen Einkommens von Pflichtversicherten haben. Das ist in Krisenzeiten superwenig (bei Selbständigen ist das Problem dass sie keine Pflichtversicherten sind, aber durch Arbeitslosigkeit oder Arbeitsaufnahme wieder zu Pflichtversicherten werden können).

Wie teuer ist deinen Informationen zufolge der Tarif für Rentner sowohl in der gesetzlichen als auch in der privaten Krankenversicherung?

Pflichtversicherte Rentner zahlen den üblichen Anteil von 15,5%, wie beim Arbeitsverhältnis übernimmt die Rentenkasse davon 7,3% für die gesetzliche Rente.

Bei Privatversicherung zahlt die gesetzliche Rentenkasse nur diesen gleichen Anteil von 7,3% als Zuschuss - alles, was aufgrund des Tarif darüber hinaus geht, ist aus eigener Tasche zu tragen. Und der Tarif ist einkommensunabhängig.

In jungen Jahren und bei hohem Einkommen sind die kommerziellen Versicherer eine feine Sache, keine Frage, aber der Horror kommt für nicht Wenige in Form absurd hoher Beiträge im Rentenalter, für manche Selbständige auch schon früher, nämlich bei einer Firmenpleite und dann mit den ganz normalen Beiträgen und der fristlosen Kündigung bei Rückständen.
Warum sollen die Beiträge im Rentenalter eine absurde Höhe einnehmen?

Man hört von Einzelfällen. Das Problem ist, dass es keinerlei veröffentlichte Tarifstruktur der PKV gibt.

Ich bin nicht Selbständig, aber bei Kündigung (bis 50?) fällt man doch automatisch in die gesetzliche KV zurück?

Du wirst als Rentner nur dann gesetzlich pflichtversichert, wenn du in der zweiten Hälfte deines Erwerbslebens mindestens 90% der Zeit gesetzlich versichert warst (egal ob pflicht oder freiwillig).

Menschen ab 55 haben nahezu keine Chance, aus der PKV zurückzukehren - sie müssen dazu in den Jahren ab dem 50 bis 55 Lebensjahr mindestens einen Tag lang gesetzlich versichert gewesen sein.

Menschen unter 55 Jahren, die angestellt viel verdienen, haben nur die Chance zur GKV, indem sie ein Jahr lang weniger als die Beitragsbemessungsgrenze verdienen.

Selbständige in der PKV haben nur die Chance auf GKV, indem sie einen neuen Hauptjob im Angestellenverhältnis annehmen, der unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt und die Hauptquelle sowohl des Einkommens, als auch der Arbeitszeit ist.

Beide Gruppen können sich auch für ein Jahr arbeitslos melden. Das bedeutet für Arbeitnehmer den Verlust des Jobs und für Selbständige die komplette Aufgabe ihres Geschäftsbetriebs.

Keine dieser Lösungen ist simpel durchführbar. Und es bedeutet immer den Verlust der schon teuer in der PKV bezahlten Altersrückstellungen.

Gerade hierbei kann man als Versicherer sehr attraktiv aussehende Tarife schnitzen. Dies geschieht aber immer zu Lasten der abgedeckten Risiken.
Sehe ich jetzt nicht so, meist wird ja eher anders herum argumentiert, aber auch das sehe ich nicht. OK, die Privaten bieten auch günstigere Tarife an, damit habe ich mich noch nicht beschäftigt, aber wenn ich alles reinnehme, was angeboten wird, komme ich mit meinem 2 Kindern nur unwesentlich über den Betrag einer Gesetzlichen.

Wie sieht denn deine Beitragsrechnung aus?

Ich habe persönliche Erfahrungen mit einer privaten Versicherung. Der tatsächlich aufgetretene Gesundheitsfall war nicht mit versichert, ich zahlte also zusätzlich zu teuren Krankenversicherungsbeiträgen die medizinische Behandlung obendrein noch selbst. Und das zu einem Zeitpunkt, bei dem sich die Selbständigkeit gerade explosionsartig in Luft aufgelöst hat.
Ist das eine Spezialität der Selbständigkeit?  Als Angestellter bekomme ich nach den ?40? Tagen Lohnfortzahlung Krankenhaustagegeld. Die Höhe legt man selbst fest, bis zur Höhe des Gehalts, geht das für Selbständige nicht?

Krankenhaustagegeld gibts nur, wenn das im Tarif mit drin ist, und man den auch bezahlen will/kann. Und natürlich: Wenn man im Krankenhaus liegt. Das war nicht der Fall.

Als Selbständiger hat man auch keine Lohnfortzahlung. Krankenhaustagegeld nach 40 Tagen Krankenhausaufenthalt bedeutet, dass es einen wirklich richtig massiv erwischt hat - wenn man nach 40 Tagen nicht wieder auf den Beinen ist, kann man sich seine selbständige Existenz vermutlich hinterher auch von der Intensivstation abholen.

Auch mit nicht versicherten Gesundheitsfällen kann ich nichts negatives über die privaten KV berichten und auch ich habe da persönliche Erfahrungen sammeln müssen (aber ich habe auch für mich und meine Kinder alles reingenommen was angeboten wurde - damit war ich als Single wesentlich günstiger weggekommen, jetzt mit 2 Kindern nicht wesentlich teurer - will man mehr Kinder, kann es sein, dass man mit der Gesetzlichen besser fährt, das kahm für mich persöhnlich aber nie in Frage).
Aber auch nichts positives(wobei ich ein Einbettzimmer schon vorziehen würde, wenn ich mal betroffen sein sollte, aber auch da bin ich mir nicht sicher, dass man dieses auf jeden Fall bekommen würde). Es ist m.M.n. eine rein wirtschaftliche Sache.

Das heißt also, dass du bei zweifelsfrei besseren ärztlichen Leistungen im Bedarfsfall (den man sich nicht wünscht) derzeit einen Beitrag für eine private Krankenversicherung zahlst, der höher ist als dein entsprechender gesetzlicher Beitrag.

Damit entfiele dein Argument, die private Versicherung sei günstiger. Sie KANN günstiger sein, wenn man einen Tarif nimmt, wo nicht alles drin ist. Dann sollte man aber keinen Partner und Kinder haben.

Weiterhin wäre die Frage, wie teuer deine private Krankenversicherung sein wird, wenn du mit 65, 67 oder dem dann relevanten gesetzlichen Rentenalter wieder Single wärst (alternativ: Kinder aus dem Haus, der Partner noch nicht) und die private Krankenversicherung mit deiner Rente zu finanzieren hast. Wenn du zu der glücklichen Personengruppe gehörst, die ein Leben lang dauerhaft hohe Erträge aus selbständiger oder gut bezahlter Angestelltentätigkeit beziehen, wird es dir nicht schwerfallen, entsprechend in Rentenversicherungen eingezahlt oder sonstige Rücklagen gebildet zu haben. Dann macht eine private Krankenversicherung vermutlich keinen Unterschied.

Wir diskutieren hier aber eher den Fall der deutlich unterfinanzierten, gefühlt zwangsweise angetretenen Selbständigkeit, mit wenig Aussicht auf enorme Einnahmen. Und in so einer Situation ist es höchst fraglich, ob sich bis zum Rentenalter so viele Rücklagen ansammeln, dass eine PKV finanzierbar ist.

- Sven Rautenberg