Sven Rautenberg: Fritzbox auf IPv6 umstellen - macht das Sinn?

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Moin!

bezogen auf meine Fritzbox 7490 gibt es unter dem Punkt "Internet ==> Zugangsdaten ==> IPv6" die Möglichkeit auf IPv6 IP-Adressen umzustellen.

Ich frage mich gerade welchen Sinn das haben könnte. Aus welchem Grund sollte man schon jetzt mit IPv6 Adressen arbeiten?

Deine Frage macht insofern keinen Sinn, als man sein Netzwerk in der Regel nicht "UMstellt", sondern IPv6 ZUSÄTZLICH konfiguriert. Du verlierst also keine IPv4-Funktionalität, sondern gewinnst IPv6 dazu.

Ob's sinnvoll ist, bei DEINER Box IPv6 zu aktivieren, hängt von deiner Situation ab: Wenn dein Internetprovider IPv6 schon zusätzlich anbietet, würde ich es in jedem Fall benutzen wollen.

Wenn er es nicht anbietet, wird es erstmal nur innerhalb deines eigenen Netzwerks funktionieren - beziehungsweise würdest du dir für dein lokales Netz vermutlich "nur" ein ULA-Prefix definieren und damit deinen Netzwerkgeräten ein zentral definiertes Prefix geben, anstatt dass diese sich (als unterste Stufe von IPv6) nur mit einem Link-local-Prefix austauschen.

Sprich: Eventuell benutzt du schon IPv6, ohne es zu merken.

Ich sehe da aktuell keine Vorteile. Es gibt aber sicherlich Vorteile sonst würde diese Einstellmöglichkeit in der Fritzbox ja garnicht existieren.

Die Vorteilsdiskussion ist sowieso schwierig zu führen. Für den schlichten Endverbraucher, der KEINERLEI Netzwerkkenntnisse hat, sondern Internet kauft, seinen Rechnern und seine Mobilgeräte anschließt und nur ein wenig Surfen will, ist es egal, ob er IPv4 oder IPv6 benutzt - er will einfach nur die Webseiten bekommen.

IPv6 ist in diesem Szenario kein Nachteil, und nur sehr sehr selten ein Vorteil, denn für den deutschen Markt ist IPv6-only für die Nutzer derzeit noch kein relevantes Szenario. Sprich: Alle für Deutsche interessanten Webseiten sind via IPv4 erreichbar, und Webseiten, welche nur via IPv6 erreichbar sind, sind nicht interessant (auch deshalb, weil sie von der Mehrheit der Internetnutzer mangels IPv6 nicht erreicht werden können).

Andererseits ist die Nutzung von IPv6 durchaus ein Vorteil, denn IPv4-Infrastruktur kann durchaus mal unabhängig von IPv6 ausfallen. Dann ist der wichtigere Teil des Internets (Google, Wikipedia, Heise, Facebook?, und diverse kleinere Seiten) trotzdem noch erreichbar.

Was die Äußerungen der forumsansässigen Paranoiker angeht: Bullshit!

IPv6 ist nicht unsicherer, nur weil es kein NAT anbietet. NAT ist Mist. NAT ist von denjenigen, die ohne tiefere Kenntnisse ihren Router aufgesetzt haben, als Firewall missverstanden worden, und wird deshalb irrtümlich vermisst, wenn es um IPv6 geht.

Die Sache ist total simpel: Wer sein Netzwerk via IPv6 ans Internet anschließt, braucht eine Firewall - kein NAT anstelle einer Firewall.

Auch das Gerede über die Unwirksamkeit der Privacy-Extensions ist Unsinn. Beim alten IPv4 wurden alle Verbindungen von Rechnern, die hinter dem NAT-Router standen, auf die eine globale IP gemappt, die der Router hatte. Bei IPv6 generiert sich jeder Rechner seinen 64-Bit-IP-Suffix zufällig neu, und alle Verbindungen werden unter dem einen globalen Netzprefix gemacht, den der Router hat.

Alles Gerede um mehr Überwachbarkeit oder Verfolgbarkeit auf IP-Ebene ist sinnlos, solange auf den höheren Protokollschichten mehr als ausreichend Möglichkeiten für genau dasselbe existiert - Stichwort Cookies (noch harmlos), Etag-Evercookies, Javascript und Flash-Schweinereien, Browser-Fingerprinting etc.

Alle, die bezüglich IPv6 behaupten, dass es inhärent unsicher sei oder Privatsphäre im Vergleich zu IPv4 verschlechtert, sind aufgefordert, das zu belegen. Hörensagen zählt nicht, Links zu verifzierbaren Untersuchungen sind gefragt.

Grüße Sven