seth_not@home: verweildauer (aka besuchsdauer, time on site)

gudn tach!

meines wissens ist der versuch der erhebung der verweildauer aktuell eigentlich zum scheitern verurteilt. ich kenne keine methode, um die verweildauer halbwegs zuverlaessig zu ermitteln (auch nicht, mithilfe von javascript). und selbst wenn man dann mal irgendwelche zeitmessungen gemacht hat, kann man daraus meines erachtens eigentlich keine sinnvolle und neue aussage ziehen, da das user-verhalten zu unterschiedlich ist und auch stark vom inhalt abhaengt.

haeufig sind pauschale aussagen zu lesen, z.b. <60s verweildauer sei "schlecht" oder mehr als 40s sei "gut". imho ist sowas grosser mist. mal abgesehen davon, dass der reine durchschnitt ohne streuungsangaben fast nutzlos ist; wenn ich z.b. bei einer duden-online-suche mehr als 20 sekunden braeuchte, faend ich das oberkacke.

das internet selbst scheint mir da haeufig zu widersprechen, weil irgendwelche seo-hanseln zwar grundsaetzlich die unzuverlaessigkeit einraeumen, das dann aber trotzdem zu ignorieren scheinen. selbst diverse universitaere arbeiten sagen, dass man grob davon ausgehen koenne, dass eine laengere verweildauer besser sei.

ein bissl was steht in diesem artikel, aber eigentlich hatte ich gehofft, was ausfuehrlicheres frei zugaengliches zu finden.

meine fragen:

  1. kennt jemand gute, fundierte, frei zugaengliche artikel oder evtl. sogar wissenschaftliche papers zum thema?
  2. wie steht ihr zu dem thema? ist meine eher ablehnende haltung zum thema evtl. zu "alt" oder naiv?

prost seth

  1. Hallo

    meines wissens ist der versuch der erhebung der verweildauer aktuell eigentlich zum scheitern verurteilt. ich kenne keine methode, um die verweildauer halbwegs zuverlaessig zu ermitteln (auch nicht, mithilfe von javascript).

    Definiere „halbwegs zuverlässig“. Mit Hilfe von JS werden mittlerweile so viele Clienteigenschaften und -einstellungen ermittelt, um den Benutzer über verschiedene Webangebote hinweg wiederzuerkennen. Eine grobe Einschätzung sollte mit JS heutzutage möglich (wenn auch aus meiner Sicht nicht wünschenswert) sein. Meiner Meinung nach wird darum auch viel zu viel Bohei gemacht, auch weil:

    … selbst wenn man dann mal irgendwelche zeitmessungen gemacht hat, kann man daraus meines erachtens eigentlich keine sinnvolle und neue aussage ziehen, da das user-verhalten zu unterschiedlich ist und auch stark vom inhalt abhaengt.

    Wenn ich auf einer Seite für Wettervorhersagen bin, klicke ich mir Ort und Zeit der gewünschten Vorhersage zusammen und lade, je nach verwendeter Technik, Daten per JS nach oder eine neue Seite. Es findet immer ein auswertbarer Request beim Server statt. Auch das Ergebnis schaue ich mir vermutlich nur einige 10 Sekunden an. Es ist aber nicht sicher, dass ich danach eine weitere Seite des Angebots erfrage. Ohne ständige Verbindung mit dem Server weiß der nicht, wie lange ich die Seite geöffnet hielt. Meine Verweildauer kann ohne einen weiteren Aufruf (ohne die Verbindung offen zu halten oder immer wieder beim Server anzufragen) nicht gemessen werden und hat zudem keine Aussage, außer der, dass ich da war.

    Lese ich einen Blogeintrag oder einen Beitrag in einem Forum, hängt meine Verweildauer von der Länge des Beitrags, meinem Interesse am Thema und vom konkreten Text ab. Ich kann nach 10 oder zwanzig Sekunden weg sein oder mehrere Minuten verweilen.

    Ich kann eine Seite auch in einem Tab oder Browserfenster offen haben, ohne dieses eines Blickes oder Gedankens zu würdigen. Offiziell bin ich so eventuell stundenlang auf der Seite, obwohl ich diese praktisch schon nach einer Minute in den Hintergrund verbannt habe.

    wenn ich z.b. bei einer duden-online-suche mehr als 20 sekunden braeuchte, faend ich das oberkacke.

    Bei der Suche selbst oder beim Studium des Suchergebnisses?

    das internet selbst scheint mir da haeufig zu widersprechen, weil irgendwelche seo-hanseln zwar grundsaetzlich die unzuverlaessigkeit einraeumen, das dann aber trotzdem zu ignorieren scheinen. selbst diverse universitaere arbeiten sagen, dass man grob davon ausgehen koenne, dass eine laengere verweildauer besser sei.

    Die erste Frage, die sich mir stellt, heißt: Für wen ist eine längere Verweildauer besser?

    ein bissl was steht in diesem artikel

    Der Artikel überschneidet sich stückweise mit meinen Gedanken. Er scheint aber auch schon etwas älter zu sein, oder? Ein gezeigter Logeintrag von einem IE6 und die ausschließliche Beschreibung älterer Techniken legen das nahe.

    Tschö, Auge

    --
    Wo wir Mängel selbst aufdecken, kann sich kein Gegner einnisten.
    Wolfgang Schneidewind *prust*
    1. gudn tach!

      meines wissens ist der versuch der erhebung der verweildauer aktuell eigentlich zum scheitern verurteilt. ich kenne keine methode, um die verweildauer halbwegs zuverlaessig zu ermitteln (auch nicht, mithilfe von javascript).

      Definiere „halbwegs zuverlässig“. [...] Eine grobe Einschätzung sollte mit JS heutzutage möglich [...] sein

      ja, grob. aber: unzuverlaessig, denn das, was man erstmal messen moechte, naemlich ob ein user gerade die website-inhalte anschaut, kann man aktuell eigentlich gar nicht messen, denn:

      Ich kann eine Seite auch in einem Tab oder Browserfenster offen haben, ohne dieses eines Blickes oder Gedankens zu würdigen.

      eben. der browser (geschweige denn die website) bekommt nicht mit, ob ich gerade mal kurz auf dem pott war, zwischendurch in ein gespraech verwickelt war oder aehnliches. (tabwechsel koennen, glaube ich, sogar detektiert werden, zumindest hatte ich mal den eindruck, dass irgendeine animation immer dann anhielt, wenn ich das tab wechselte, weiss leider nicht mehr, wo das war. aber ob ein browser gerade aktives fenster ist, kann man vermutlich nicht via js abfragen, oder?)

      wenn ich z.b. bei einer duden-online-suche mehr als 20 sekunden braeuchte, faend ich das oberkacke.

      Bei der Suche selbst oder beim Studium des Suchergebnisses?

      20 sekunden reichen bei einem woerterbuch meist fuer beides zusammen.

      das internet selbst scheint mir da haeufig zu widersprechen, weil irgendwelche seo-hanseln zwar grundsaetzlich die unzuverlaessigkeit einraeumen, das dann aber trotzdem zu ignorieren scheinen. selbst diverse universitaere arbeiten sagen, dass man grob davon ausgehen koenne, dass eine laengere verweildauer besser sei.

      Die erste Frage, die sich mir stellt, heißt: Für wen ist eine längere Verweildauer besser?

      die meisten sachen, die ich gefunden hatte, nahmen die perspektive der seitenbetreiber ein. persoenlich wuerde ich die frage nach hinten schieben und vorher erstmal fragen, was die verweildauer ueberhaupt fuer eine aussage haben soll. und da wird schnell klar -- du hattest ja ebenfalls bereits beispiele angegeben --, dass man aus der verweildauer eines einzelnen users noch gar nix ablesen kann. aus aggregierten daten kann man zwar vielleicht schon etwas mehr ziehen, weil es bestimmt untersuchungen ueber durchschnittliches browsingverhalten gibt, mit denen man das abgleichen kann. aber irgendwie scheint mir das insg. meist zu weit weg zu gehen, von dem was man naiver- und idealistischerweise eigentlich von einer website erwarten wuerde. da kommt man um subjektive bewertungkriterien wohl nicht umhin. als pseudo-objektives kriterium halte ich die verweildauer-messungen fuer ungeeignet.

      ein bissl was steht in diesem artikel

      Der Artikel überschneidet sich stückweise mit meinen Gedanken. Er scheint aber auch schon etwas älter zu sein, oder?

      ging mir auch so und den eindruck hatte ich auch.

      prost

      seth

      1. Hallo

        meines wissens ist der versuch der erhebung der verweildauer aktuell eigentlich zum scheitern verurteilt. ich kenne keine methode, um die verweildauer halbwegs zuverlaessig zu ermitteln (auch nicht, mithilfe von javascript).

        Definiere „halbwegs zuverlässig“. [...] Eine grobe Einschätzung sollte mit JS heutzutage möglich [...] sein

        ja, grob. aber: unzuverlaessig, denn das, was man erstmal messen moechte, naemlich ob ein user gerade die website-inhalte anschaut, kann man aktuell eigentlich gar nicht messen,

        Wenn es so weit gehen soll, sind wir bei der Totalüberwachung angekommen. Ohne den Besucher direkt zu überwachen, kann nicht verifiziert werden, ob der Besucher tatsächlich „gerade die website-inhalte anschaut“. Egal, ob du – wenn es denn möglich ist – prüfst, ob das Browserfenster das aktive Fenster ist oder gar das Tab mit der Seite aktiv ist, kannst du nicht mit Gewissheit sagen, dass der Besucher sich die Seite anschaut. Denn, wie du selbst sagst, kann der Besucher das Tab offen haben, aber dennoch mit anderem beschäftigt sein.

        Um auch nur annähernd Gewissheit zu erlangen, musst du neben den Prüfungen auf das aktive Fenster/Tab den Besucher per Kamera (und evtl. Mikrofon) überwachen, um zu sehen was er macht. Schaut der Besucher auf das Display? Lässt sich aus den Augebewegungen ableiten, dass der Besucher einen Text liest oder ein Bild anschaut? und selbst, wenn das möglich wäre, bleibt die Dunkelziffer derer, die den Zugriff auf Kamera und Mikrofon unterbinden oder erst gar keine Kamera und/oder Mikrofon haben.

        Dass der Gedanke zudem grundsätzlich gruselig ist, lass' ich mal weg.

        Die erste Frage, die sich mir stellt, heißt: Für wen ist eine längere Verweildauer besser?

        die meisten sachen, die ich gefunden hatte, nahmen die perspektive der seitenbetreiber ein.

        Das ist soweit klar.

        persoenlich wuerde ich die frage nach hinten schieben und vorher erstmal fragen, was die verweildauer ueberhaupt fuer eine aussage haben soll. und da wird schnell klar -- du hattest ja ebenfalls bereits beispiele angegeben --, dass man aus der verweildauer eines einzelnen users noch gar nix ablesen kann.

        Was soll denn typischerweise daraus abgeleitet werden? Der Preis für die Werbeeinblendungen? Die Zeiten, in denen nur für die Anzeige einer Werbung bezahlt wurde, sind ja schon lange vorbei. Das Interesse am Inhalt der Seite? Ok, wenn ich lange auf einer Seite verweile (egal, ob und wie man das nun messen kann), ist es wahrscheinlich, dass ich tatsächlich ein Interesse am Inhalt habe. Sicher ist das aber nicht. Zudem finde ich vielleicht etwas, speichere mir die Seite mit einem Artikel als Lesezeichen ab und verlasse sie wieder. Irgendwann später rufe ich das Lesezeichen auf, um den Artikel zu lesen. Auf Betreiberseite finden sich nun zwei Aufrufe der Seite von mir, einer davon mit kurzer, einer mit langer Verweildauer, der Durchschnitt entspricht keinem der Aufrufe auch nur annähernd. [edit]Dass die Aufrufe zusammengehören, ist zudem mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ablesbar.[/edit]

        Was soll mir das also überhaupt sagen? Was sagen mir völlig unterschiedliche Werte von z.B. 1000 Seitenbesuchen, sowohl als Einzelwerte als auch als daraus errechnete Durchschnittswerte?

        Tschö, Auge

        --
        Wo wir Mängel selbst aufdecken, kann sich kein Gegner einnisten.
        Wolfgang Schneidewind *prust*
        1. Was soll denn typischerweise daraus abgeleitet werden?

          Durchschnittliche Verweildauern / Abssprungsraten sind eine wichtige Information. Die ganzen Einwände hier sind ja schon richtig, im Vergleich und bei hohen Zahlen sind sie dann aber auch wieder egal, weil es um die Tendenz geht: wo halte ich die User / so springen sie ab.