Martin W.: Kundenschutzklausel ohne Karenzentschädigung unwirksam?

Hallo,

ich habe eine Frage zu folgendem Paragraph aus dem Loyalitätsvertrag eines Recruiters:

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass durch Abschluss dieser Vereinbarung zwischen XXX und dem Auftragnehmer ein besonderes Vertrauensverhältnis begründet wird, weil der Auftragnehmer in streng vertrauliche Geschäftsverbindungen und Kundeninteressen der XXX eingeweiht wird. Der Auftragnehmer verpflichtet sich für die Dauer von 12 Monaten nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung kein Vertragsverhältnis (auf eigene Rechnung oder durch Dritte) bei dem Fachbereich des Kunden einzugehen, welches die Übernahme des von XXX vorgestellten Projektes und daraus resultierende Folgeprojekte zum Inhalt hat."

Das Projekt hat eine Laufzeit von 6 Monaten, mit Option auf Verlängerung.

Nun habe ich u.a. folgende Seiten gefunden:

  1. https://www.advocatio.de/news/1491817372.html
  2. http://www.arbeitsrecht-wettbewerbsverbot.de/karenzentschaedigung.html
  3. https://www.computerwoche.de/a/umgang-mit-kundenschutzklauseln,2551030
  4. http://www.juliagertz.de/kundenschutzklauseln.html

Dort wird erwähnt, dass dies wegen der fehlenden Karenzentschädigung eine unzulässige Kundenschutzklausel darstelle, und man daher den Paragraphen entfernen lassen kann/sollte:

"Bitte streichen Sie § XY, da die Kundenschutzklausel ohne Karenzentschädigung unwirksam ist (siehe OLG Dresden, 13.09.2011 - Az. 5 U 236/11 und BGH, 10.04.2003 - Az. III ZR 196/02)."

Habe ich das nun richtig verstanden bzw. kann hier einer vielleicht mal seine Meinung dazu kund tun?

Vielen Dank, Martin

  1. Hallo Martin,

    "Bitte streichen Sie § XY, da die Kundenschutzklausel ohne Karenzentschädigung unwirksam ist (siehe OLG Dresden, 13.09.2011 - Az. 5 U 236/11 und BGH, 10.04.2003 - Az. III ZR 196/02)."

    Habe ich das nun richtig verstanden bzw. kann hier einer vielleicht mal seine Meinung dazu kund tun?

    Hast du dir das mal im Detail angeschaut oder was genau ist daran unklar?

    Gruss
    Henry

    1. Danke für die Verlinkung des Artikels. Dann scheine ich es wohl korrekt verstanden zu haben. Warum ich nachgefragt habe ist einfach weil ich es nicht wirklich glauben konnte. Da ich bereits seit über zehn Jahren solche oder ähnliche Verträge erhalten und auch unterzeichnet habe - und mir dieses Wissen fehlte.

      1. Da ich bereits seit über zehn Jahren solche oder ähnliche Verträge erhalten und auch unterzeichnet habe

        Freiberufler erhalten regelmäßig nicht 75% des letzten Gehalts oder Honorars für die Dauer des Wettbewerbsverbotes. Die Höhe dieser "Karenzvergütung" hängt auch von anderen Umständen ab, z.B. davon, wie sehr sich das Wettbewerbsverbot auswirkt.

        Wenn Du also nur darin einwilligst, nicht direkt für genau jene Kunden der Agentur oder "Deines Dienstherrn" tätig zu werden, für oder bei welchen Du im Auftrag des Dienstherrn oder nach Vermittlung der Agentur tätig warst und wenn der Markt weitaus breiter ist (also viele weitere potentielle Kunden existieren für welche das Verbot nicht gilt), dann genügen auch 10% Aufschlag auf das vereinbarte Honorar.

        Die Karenzentschädigung wird von den Auftraggebern im Übrigen meist vorher abgezogen und dann wieder draufgeschlagen: Also 1100 Euro/1.1=1000 -> 1000 euro +10% Entschädigung = 1100 Euro...

        Es kann also sogar besser sein, auf die Ungültigkeit der Vertragssklausel zu bauen und Verträge ohne Entschädigung einfach mal ungerührt zu unterzeichnen... Allerdings sollte man diesen Plan ggf. einem Gericht gegenüber nicht "so sehr deutlich" machen!

        Will man Dir aber ganz verbieten für eine bestimmte Zeit auf einem bestimmten Arbeitsgebiet tätig zu werden, so kommt die Unterlassungsvereinbarung unter Umständen einem Arbeitsverbot gleich. Dann ist eine Forderung nach mindestens 75% "Ruhegehalt" (wie es TS beschreibt) für die Karenzzeit angemessen.

        1. Hello,

          [...] eindeutig ACK aus der Praxiserfahrung aus beiden Richtungen

          Will man Dir aber ganz verbieten für eine bestimmte Zeit auf einem bestimmten Arbeitsgebiet tätig zu werden, so kommt die Unterlassungsvereinbarung unter Umständen einem Arbeitsverbot gleich. Dann ist eine Forderung nach mindestens 75% "Ruhegehalt" (wie es TS beschreibt) für die Karenzzeit angemessen.

          Die 75% waren jetzt auch nur erstmal eine Hausnummer, um den Vertragspartner zur Stellungsnahme zu bewegen. Vereinbaren kann man hier immer. Absolute Vertragsfreiheit wird aber vermutlich aufgrund von HGB und Arbeitsgesetzgebung, sowie Tarifreglungen (zum Glück) nicht bestehen.

          Liebe Grüße
          Tom S.

          --
          Es gibt nichts Gutes, außer man tut es
          Andersdenkende waren noch nie beliebt, aber meistens diejenigen, die die Freiheit vorangebracht haben.
  2. Hello Martin,

    ich würde da nichts entfernen, sondern direkt über der Überschriftsabteilung in einem noch nicht von der Gegenseite unterschrieben Exemplar den Satz einfügen:

    "für die Zeit des Wettbewerbsverbots (nach § ...) gelten 75% des mittleren Gehaltes nebst Zusatzzahlungen der der letzten 12 [Dauer ggf. solange wie die Schutzklausel greifen soll] Monate als vereinbart."

    Und dann mal sehen, wie die Leute reagieren...

    Das steht Dir mit viel gerichtlichem Aufwand ohnehin (in etwa) zu. Wenn sie darüber stolpern, wollen sie Dich genau in diesem Punkt betrügen. Dass die Klausel dann ohnehin unwirksam sein kann, musst Du ggf. gerichtlich durchsetzen.

    Was willst Du also? Vertrauensverhältnis oder Stress?

    Liebe Grüße
    Tom S.

    --
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    Andersdenkende waren noch nie beliebt, aber meistens diejenigen, die die Freiheit vorangebracht haben.