Hej Meowsalot,
danke für deine ausführliche Antwort. Was ich nicht ganz verstehe ist, irgendwann hast du (ich hoffe ich verwechsel dich jetzt nicht mit einem anderen) mal gesagt du setzt auch gerne auf fertige WordPress Templates.
Da vertust du dich nicht. Das sage ich besonders gern und wiederholt in Bootstrap-Diskussionen. 😉
Ich meine wenn du so gegen Bootstrap bist, wie kommt es dann, dass du feritge Templates nutzt? Ist es dann nicht besser wie du schon geschrieben hast etwas selbst zu entwickeln? Die WordPress Funktionen einzufügen ist kein Hexenwerk, dann hat man etwas ganz individuelles.
Ich denke, den scheinbaren Widerspruch kann ich leicht aufklären.
Für mich sind Wordpress und Bootstrap Werkzeuge für ganz unterschiedliche Dinge.
Bootstrap wird eingesetzt, wenn das Layout selber gemacht wird. Dafür brauche ich es nicht und ich denke, das liegt daran, dass ich ziemlich gut bin in dem was ich tue. Nicht weil ich schlauer oder nerdiger oder sonst auf irgendeine Weise superer bin, sondern weil ich mich auf HTML, CSS und Barrierefreiheit spezialisiert habe.
Ich finde ich habe ziemlich viel damit zu tun allein für diese drei Techniken auf dem aktuellen Stand zu bleiben und Überblick über fertige Komponenten zu behalten, die für eigene Projekte interessant sein könnten. Wenn das einer außerdem noch für JavaScript drauf hat, habe ich sehr großen Respekt davor. Aber das ist schon extrem selten.
Darüber hinaus noch ein oder mehrere Programmiersprachen zu können und sich in deren Ökosystem ähnlich gut auszukennen, wie ich in meinem Bereich (wohlgemerkt zusätzlich zu meinem Bereich) halte ich für übermenschlich und damit ausgeschlossen. Dafür schreiten die Entwicklungen viel zu schnell voran und man muss ja auch noch viel anderen Kram präsent haben: Ticket-System oder andere Teamtools, Versionierungssystem(e), sein OS, Editoren Office-Programme, Kommunikationssoftware usw. Dazu Coding-Guidelines, betriebsinterne Vorschriften. Irgendwie glaube ich nicht, dass jemand das alles im Kopf haben kann.
Ich bin mir sicher, niemand auf der ganzen Welt kann das alles auf einem Level, wie ich mein Spezialgebiet beherrsche.
Und ich mag keine Software (Webseiten eingeschlossen), die von überforderten Entwickler erstellt werden. Die haben Sicherheitslücken, sind schlecht bedienbar, nicht zugänglich, langsam, werden schlecht gefunden und / oder haben andere Probleme.
Das muss aber nicht so sein. Wenn man statt 10 Fullstack-Entwickler einen oder zwei wie mich, zwei, drei Leute die Vanille-JS beherrschen, zwei oder drei CMS-Experten, zwei oder drei Shop-Experten und zwei oder drei PHPler einstellt, hat man seinen kompletten Stack abgedeckt.
Und so jemand wie ich braucht mit Bootstrap eben nicht (spürbar) weniger Zeit als mit. Warum also dieses System einsetzen, dass bereits jetzt kurz nach Veröffentlichung von Version vier dank flexbox statt Grid schon wieder veraltet ist. Warum die Komponenten für Akkordeons, Slider, Menü usw einsetzen, wenn es für vieles davon bereits neuere und bessere Komponenten gibt?
Letztendlich lässt sich meine Kritik an Bootstrap also so zusammenfassen: man kann alles, was man mit Bootstrap machen kann besser hinbekommen und moderner, wenn sich nur einer drum kümmert, wie das geht. Wenn man also mit der quality-first-Einstellung an ein Projekt geht, müsste Bootstrap eigentlich außen vor bleiben.
Nun gibt es aber auch Dinge, die schnell fertig werden müssen. Wordpress oder ein anderes CMS sind genau dafür da, dass man ohne Team eine Website aufsetzen kann. Wenn schon etwas aus der Box (wie Bootstrap), warum dann nicht gleich komplett fertig designed (klar passt man da Farben, Logo und anderes an, aber kein Vergleich zu einer Eigenentwicklung)?
Das heißt auch wenn man von der Prämisse ausgeht, etwas soll so schnell wie möglich fertig werden, dann sehe ich keine Berechtigung für Bootstrap.
Jetzt kann man natürlich noch fragen, warum Wordpress. Die Frage muss jeder (wie die nach dem besten Editor) für sich selber beantworten. 😉
Meine zweite Frage ist, was hälst du von Page Builder wie z.B. Elementor?
So was habe ich selber erst für eine Seite verwendet (www.faunt.de) — oft bringen Themes auch schon was mit (Avada z.B.) — ich mache das ja nur nebenberuflich. Hauptberuflich arbeite ich für die BLE (www.ble.de.
Und da bin ich eben der HTML-CSS-Accessibility-Fuzzy, der aus einem vorgegeben Design zugängliche, responsive, suchmaschinenfreundliche HTML-CSS-Templates für CMSe und Individual-Programmierung erstellt.
Da ich als freiberuflicher Berater und Coach viel in Agenturen komme, sehe ich auch andere Arbeitsweisen. Die sind häufig geprägt von Stress und Überforderung, von oberflächlicher Verwendung halb bekannter Tools.
Die Rechner der Entwickler sind voll mit Server-Zeug (irgendwelche Container, die sie auch nicht beherrschen, sondern die ihnen von irgendjemand fertig gemacht wurden und wenn was hakt, kann man nur hoffen, dass derjenige nicht im Urlaub, im Krankenbett oder im Feierabend ist, der das eingerichtet hat…)
Das ist ja inzwischen eine Kultur geworden, dutzende von Tools allen Mitarbeitern aufs Auge zu drücken und dieses sich dann durchwurschteln zu lassen.
Finde ich ganz schlimm. Vor allem sieht man ja als Nutzer des Web, dass "das Web" nicht besser wird. Weder besser bedienbar, noch schneller, noch semantischer, noch sonst irgendetwas, was den Nutzern zum Vorteil gereicht. All dies Tools dienen nur dazu einen Betrieb aufrecht zu erhalten, wo bald keiner mehr weiß, was er tut.
Es wird daher meiner Meinung nach höchste Zeit für mehr Spezialisierung, endlich die Umsetzung bereits seit langem bekannter Arbeits-Methoden wie pair programming, die Einhaltung von Prinzipien wie dem, dass sich der Chef, der eh keine Ahnung hat, die denen der Spezialisten nahe kommt, sich aus dem Kram raushält, den die Entwickler machen usw.
Marc
PS: Die Seiten fand ich sehr hübsch! - In den Quellcode schaue ich mal absichtlich nicht. Das einzige was ich nicht mag sind die Kreise mit den Zahlen drin. Die sind so allgegenwärtig, dass sich der coole Effekt IMHO abgenutzt hat. Da sind die Zeiger im Armaturenbrett von meinem Auto spannender 😉