ottogal: Mathematik zum 2. Adventswochenende

Hallo in die Runde!

2019-12-06_ottogal

Die drei schwarzen Geraden schneiden sich in einem Punkt unter lauter 60°-Winkeln.
Der rote Punkt ist beliebig gewählt.
Die grünen Strecken sind die Lotstrecken vom roten Punkt auf die drei Geraden.

Zu zeigen ist: Die drei Lotfußpunkte bilden stets ein gleichseitiges Dreieck.

Dazu dieses GeoGebra-Blatt:
https://www.geogebra.org/m/n2u2jwje
(Man bewege den roten Punkt!)

Viele Grüße!
ottogal

  1. @@ottogal

    Es gibt doch tatsächlich welche, denen die tägliche Aufgabe im Mathe-Adventskalender nicht genug ist. 😉

    LLAP 🖖

    --
    „Man kann sich halt nicht sicher sein“, sagt der Mann auf der Straße, „dass in einer Gruppe Flüchtlinge nicht auch Arschlöcher sind.“
    „Stimmt wohl“, sagt das Känguru, „aber immerhin kann man sich sicher sein, dass in einer Gruppe Rassisten nur Arschlöcher sind.“

    —Marc-Uwe Kling
  2. Zu zeigen ist: Die drei Lotfußpunkte bilden stets ein gleichseitiges Dreieck.

    Not even wrong. Es fehlt eine Annahme.

    1. Hallo 1unitedpower,

      not even wrong

      Einen Spruch, der einem deutschsprachigen Menschen zugeschrieben wird, darf man aber auch auf deutsch zitieren 😉

      Rolf

      --
      sumpsi - posui - clusi
    2. Heute: neblig-trüb.
      😑

  3. Hallo ottogal,

    (gepostet bevor ich 1UPs Beitrag sah 😀)

    stets

    Wenn ich dieses Schlüsselwort streng auslege, ist die Lösung der Aufgabe einfach: Die Behauptung ist falsch. Platziere ich den roten Punkt genau auf dem grünen, gibt es kein Dreieck mehr, nur noch einen Punkt. Dass ein Punkt ein Sonderfall eines gleichseitigen Dreiecks ist, würde ich bestreiten wollen...

    Um eine Aufgabe zu behalten, schließe ich diesen Ort für den roten Punkt also einfach mal aus.

    Rolf

    --
    sumpsi - posui - clusi
    1. Hallo Rolf,
      natürlich lassen wir zu, dass der rote Punkt auf einer der Geraden liegt; dann hat die Lotstrecke auf diese die Länge 0. Liegt er sogar auf zwei der Geraden, dann auch auf der dritten, und er und alle drei Lotfußpunkte fallen mit dem Schnittpunkt der Geraden zusammen; es entsteht ein (entartetes) Dreieck mit 3 Seiten der Länge 0 – also ein gleichseitiges. (So schön geschmeidig lässt sich ein Sonderfall selten einbeziehen wie hier.)

      1. @@ottogal

        es entsteht ein (entartetes) Dreieck mit 3 Seiten der Länge 0 – also ein gleichseitiges.

        Ist es das?

        Das Verhältnis zweier Seiten ist 0:0 – ein unbestimmter Ausdruck; da kann man wohl nicht so einfach sagen, dass er den Wert 1 hat, also die Seiten gleich lang wären.

        (So schön geschmeidig lässt sich ein Sonderfall selten einbeziehen wie hier.)

        Oder auch nicht.

        Anders gesagt: Geschmeidigkeit liegt im Auge des Betrachters.

        LLAP 🖖

        --
        „Man kann sich halt nicht sicher sein“, sagt der Mann auf der Straße, „dass in einer Gruppe Flüchtlinge nicht auch Arschlöcher sind.“
        „Stimmt wohl“, sagt das Känguru, „aber immerhin kann man sich sicher sein, dass in einer Gruppe Rassisten nur Arschlöcher sind.“

        —Marc-Uwe Kling
        1. Hallo Gunnar,

          es entsteht ein (entartetes) Dreieck mit 3 Seiten der Länge 0 – also ein gleichseitiges.

          Ist es das?

          eigentlich schon, denn 0 == 0 == 0. Drei gleich "lange" Seiten.

          Das Verhältnis zweier Seiten ist 0:0 – ein unbestimmter Ausdruck

          Das ist wie im richtigen Leben. Da sind manche Verhältnisse auch unbestimmt. ;-)

          (So schön geschmeidig lässt sich ein Sonderfall selten einbeziehen wie hier.)

          Oder auch nicht.

          Spielverderber!

          Ciao,
           Martin

          --
          Sei n die Anzahl der bekannten Fehler in einer Software, dann gilt stets: n = n+1
        2. Hallo Gunnar,

          es entsteht ein (entartetes) Dreieck mit 3 Seiten der Länge 0 – also ein gleichseitiges.

          Ist es das?

          Das Verhältnis zweier Seiten ist 0:0 – ein unbestimmter Ausdruck; da kann man wohl nicht so einfach sagen, dass er den Wert 1 hat, also die Seiten gleich lang wären.

          (So schön geschmeidig lässt sich ein Sonderfall selten einbeziehen wie hier.)

          Oder auch nicht.

          Anders gesagt: Geschmeidigkeit liegt im Auge des Betrachters.

          die Gleichseitigkeit lässt sich durch eine Grenzwertbetrachtung bestimmt ganz einfach beweisen, allerdings kann ich meinen Drang, das mal eben zu machen, gut kontrollieren 😀

          Gruß
          Jürgen

    2. Wenn ich dieses Schlüsselwort streng auslege, ist die Lösung der Aufgabe einfach: Die Behauptung ist falsch.

      Falsch wäre die Aussage, wenn es ein Dreieck gäbe, dass die Bedingung nicht erfüllt.

      Aber wie du selber schreibst:

      Platziere ich den roten Punkt genau auf dem grünen, gibt es kein Dreieck mehr

      Deshalb: „Das ist nicht nur nicht richtig, es ist nicht einmal falsch!“

      Das Dreieck in der Aussage ist nicht wohldefiniert. Deshalb ist auch schon die Aussage unzulässig.

      Aber ja, der Trick von @ottogal funktioniert, wenn man per Definition erlaubt, dass die drei Eckpunkte eines Dreiecks auf einer Geraden liegen dürfen. Aber dadurch gehen ein paar Eigenschaften von Dreiecken verloren. Bspw. ergibt die Summe der Innenwinkel dann im Allgemeinen keine 180° mehr. Die Beziehungen von rechtwinkligen Dreicken zu den trigonometrischen Funktionen wären auch hinfällig, etc pp.

      Eleganter wäre es, den Spezialfall einfach kategorisch auszuschließen.

      1. Hallo 1unitedpower,

        Falsch wäre die Aussage, wenn es ein Dreieck gäbe, dass die Bedingung nicht erfüllt.

        Du verstehst meinen Einwand miss. Die zu zeigende Aussage besteht aus zwei Teilaussagen. (1) Die Punkte bilden stets ein Dreieck und (2) es ist gleichseitig.

        Mein Einwand lautet: die zu zeigende Aussage ist falsch. Weil für A=B die Teilaussage (1), wegen des Wörtchens stets, nicht erfüllt ist. Um Teilaussage (2) geht's dann gar nicht mehr.

        Aber letztlich ist es Haarspalterei und ich habe ja auch nur zanken wollen. Man kann die Konstruktion für A=B separat betrachten und gut ist.

        Rolf

        --
        sumpsi - posui - clusi
        1. Hallo 1unitedpower,

          Falsch wäre die Aussage, wenn es ein Dreieck gäbe, dass die Bedingung nicht erfüllt.

          Du verstehst meinen Einwand miss. Die zu zeigende Aussage besteht aus zwei Teilaussagen. (1) Die Punkte bilden stets ein Dreieck und (2) es ist gleichseitig.

          Was ist das "es" in der zweiten Teilaussage? Wenn (1) wahr ist, dann ist "es" ein Dreieck. Wenn (1) falsch ist (was es ist), dann ist "es" in (2) undefiniert. Insgesamt ist die Aussage deshalb nicht wohl-definiert. Einer wohldefinierten Aussage kann man Wahrheitswerte zuordnen, einer unter-definierten Aussage nicht.

          Aber letztlich ist es Haarspalterei und ich habe ja auch nur zanken wollen.

          Ich arbeite derzeit mit einer halb-automatischen Beweisführerin namens Isabelle. Das ist die Königin der Haarspalterei, das färbt wohl ab.

          1. Hallo 1unitedpower,

            Einer wohldefinierten Aussage kann man Wahrheitswerte zuordnen, einer unter-definierten Aussage nicht.

            Ja ok. Als Programmierer, der Sprachen mit shortcut-Logik einsetzt, ist einem der zweite Teil des UND wurscht, wenn der erste Teil FALSE ist. Rein formal ist es unpräzise.

            Rolf

            --
            sumpsi - posui - clusi
            1. Ja ok. Als Programmierer, der Sprachen mit shortcut-Logik einsetzt, ist einem der zweite Teil des UND wurscht, wenn der erste Teil FALSE ist.

              Das gilt nur für syntaktisch korrekte Programme. Wenn der zweite Teil einen Syntax-Fehler enthält, dann kannst du das Program nicht starten. So ist das auch hier.

              1. Hallo 1unitedpower,

                jetzt wird es langsam philosophisch 😀 - und wir beginnen zu driften.

                Eine mögliche Sicht wäre diese:

                Wir haben hier eine dreiwertige Logik, keine zweiwertige. Die Behauptung kann wahr, falsch oder sinnlos sein. Ottogal möchte den Beweis haben, dass die Behauptung wahr ist.

                Dieser Beweis wird verhindert, wenn man einen Fall findet, wo die Behauptung nicht wahr ist. "nicht wahr" umfasst die Möglichkeiten "falsch" und "sinnlos". Aber egal was, der Beweis gelingt nicht.

                Eine andere Sicht könnte sein:

                Damit eine mit "UND" zusammengesetzte Aussage wahr ist, müssen alle Teilaussagen wahr sein. Wenn es für die Sinnhaftigkeit einer Teilaussage erforderlich ist, dass eine andere Teilaussage wahr ist, nun gut. Das macht nichts. Die Gesamtaussage wird ja als wahr behauptet, und damit auch, dass alle Teilaussagen wahr und sinnvoll sind.

                Ist eine Teilaussage falsch, fällt die ganze Behauptung. Um das nachzuweisen, kann ich mir eine aussuchen. Finde ich eine Teilaussage, die falsch ist, kann mir der Rest egal sein. Dass wegen der Falschheit einer Teilaussage eine andere Teilaussage sinnlos wird, ändert nichts an der Falschheit der Gesamtaussage.

                Rolf

                --
                sumpsi - posui - clusi
          2. @@1unitedpower

            Du verstehst meinen Einwand miss. Die zu zeigende Aussage besteht aus zwei Teilaussagen. (1) Die Punkte bilden stets ein Dreieck und (2) es ist gleichseitig.

            Was ist das "es" in der zweiten Teilaussage?

            Die Frage ist: was steht zwischen (1) und (2)?

            „dann“? Aus einer falschen Voraussetzung lässt sich alles folgern; die Gesamtaussage ist wahr.

            „und“? Dann braucht man sich als JavaScript/PHP/…-Engine den zweiten Teil gar nicht anzusehen; die Gesamtaussage ist falsch.

            LLAP 🖖

            --
            „Man kann sich halt nicht sicher sein“, sagt der Mann auf der Straße, „dass in einer Gruppe Flüchtlinge nicht auch Arschlöcher sind.“
            „Stimmt wohl“, sagt das Känguru, „aber immerhin kann man sich sicher sein, dass in einer Gruppe Rassisten nur Arschlöcher sind.“

            —Marc-Uwe Kling
            1. Die Frage ist: was steht zwischen (1) und (2)?

              Nein. Um das mal mit Programmiersprachen zu vergleichen: Eine unzulässig definierte Aussage ist wie ein Syntax-Fehler. Es gibt kein korrektes Programm, das man ausführen könnte. Genauso ist das hier: Die Aussage ist schon formal nicht korrekt aufgestellt[1], deshalb kann man sie auch nicht interpretieren. Das ist auch unabhängig von der Verknüfung, die man wählt.


              1. https://en.wikipedia.org/wiki/Well-formed_formula#Usage_of_the_terminology ↩︎

  4. Hallo in die Runde,

    die in logische und philosophische Fragen abschweifende Diskussion um den Sonderfall hat mehr Interessenten gefunden als die eigentliche Aufgabe... Nur @RolfB hat mir eine (natürlich richtige) Lösung geschickt.

    Dies ist meine Lösung:


    Der Schnittpunkt der drei Geraden heiße S, der frei wählbare Punkt P, die Lotfußpunkte A, B, C.

    P soll von S verschieden sein.
    (Das hätte durchaus in die Aufgabenstellung gehört. Es vermeidet die Behandlung des trivialen Sonderfalls und damit die Unbehaglichkeit, die man damit haben mag).

    Der orangefarbene Kreis ist der Thaleskreis mit dem Durchmesser PS.
    Wegen der rechten Winkel bei den Lotfußpunkten liegen daher außer P und S auch A, B und C auf diesem Kreis (nach der Umkehrung des Satzes von Thales).


    Fall 1:
    P liege auf der Geraden SA. Dann ist P = A.
    (Ja, die Lotstrecke PA ist dann zu einem Punkt entartet.)

    2019-12-06_ottogal_Lösung_Fall-1

    Im Sehnenviereck BSCA ergänzen sich gegenüberliegende Winkel zu 180°.
    Da $$\sphericalangle$$ CSB = 120° ist, folgt $$\sphericalangle$$ BAC = 60°.
    SA ist Symmetrieachse von $$\triangle$$ ABC, das also gleichschenklig ist. Seine Basiswinkel müssen daher auch 60° haben.


    Fall 2:
    P liege auf der Winkelhalbierenden w von BSA.

    2019-12-06_ottogal_Lösung_Fall-2

    Hier ist w Symmetrieachse von $$\triangle$$ ABC; es ist also gleichschenklig mit $$\sphericalangle$$ ASB = 60° an der Spitze. Seine Basiswinkel müssen daher auch 60° haben.


    Fall 3:
    P liege im Innern des gelben 30°-Winkelfelds zwischen der Halbgeraden SA und der Winkelhalbierenden w.

    2019-12-06_ottogal_Lösung_Fall-3

    Die $$\sphericalangle$$ ACB und $$\sphericalangle$$ ASB sind Umfangswinkel zur selben Sehne [AB].
    Wegen des Umfangswinkelsatzes ist daher $$\sphericalangle$$ ACB = $$\sphericalangle$$ ASB = 60°.
    Ebenso sind $$\sphericalangle$$ CBA und $$\sphericalangle$$ CSA Umfangswinkel zur selben Sehne [CA],
    also ist auch $$\sphericalangle$$ CBA = $$\sphericalangle$$ CSA = 60°.


    Auf Grund der Symmetrie des Ganzen verläuft die Argumentation analog, wenn P auf einer anderen der drei Geraden, auf einer anderen der Winkelhalbierenden zwischen diesen oder in einem anderen 30°-Winkelfeld zwischen einer der Geraden und einer ihrer benachbarten Winkelhalbierenden liegt. (Es wären lediglich Punkte umzubenennen.)


    Somit hat das $$\triangle$$ ABC stets drei 60°-Winkel, ist also gleichseitig.


    Viele Grüße
    ottogal

    1. Hallo,

      oha. Meine Lösung verfolgt eine ähnliche Linie, ist aber in Wahrheit falsch, weil sie die Fälle 1+2 nicht beachtet und dort auch nicht funktioniert.

      Die Symmetrien und den Thaleskreis hatte ich gefunden, aber den Kreis nur für den Punkt verwendet, denn Ottogal A nennt. Den Kreis an sich hatte ich konstruiert, indem ich den Schnittpunkt M der Mittelsenkrechten über CS und SB betrachtet und gezeigt habe, dass dass CM, SM, BM und PM gleich lang sind. Verflixt, das wäre wirklich einfacher gegangen.

      Schöne Aufgabe!

      Rolf

      --
      sumpsi - posui - clusi