Karl Heinz: Kunde will aus Vertrag raus der noch ein Jahr läuft - Wie reagieren?

Hallo,

nehmen wir an ein Kunde hat einen Jahresvertrag am laufen. Der Vertrag läuft noch bis einschließlich Januar 2020. Aus Gründen, die nichts mit mir/uns zu tun haben, will er ab sofort die Zusammenarbeit beenden.

Dazu einige Fragen:

  1. Wie würdet Ihr in solch einem Fall reagieren? Auf der einen Seite bringt es nichts für einen Kunden zu arbeiten, der keine Zusammenarbeit mehr möchte, auf der anderen Seite frage ich mich warum wir überhaupt einen Jahresvertrag machen, wenn der dann doch nur Schall und Rauch ist.

  2. Nehmen wir an ich poche auf die Zusammenarbeit bis einschließlich Januar 2020. Darauf hin geht der Kunde hin und entzieht mir sämtliche Zugangsdaten zu den Systemen an welchen ich meine Arbeit verrichten kann. Demnach kann ich nicht mehr für ihn arbeiten, obwohl ich das gerne tun würde. Wie verhält sich das rechtlich. Reicht dann ein Inkassounternehmen aus oder sollte man sich Rechtsbeistand holen?

  3. Stehen die Kosten für den Rechtsbeistand überhaupt im Verhältnis zum dem Nutzen?

Viele Grüße

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  1. Hallo,

    wie kann und darf dir darauf jemand antworten ohne auch nur die geringsten Details zu kennen. Einzig einen Erfahrungswert kann ich dir geben, juristisch gewinnt meist der, welcher den längeren Atem (Erfahrung, finanzielle Mittel, gute Anwälte und den Willen) hat. Also stellt sich in der Tat die Frage, lohnt es sich und ist es den Streß wert? Das kannst nur du selbst beantworten.

    lg.

  2. Reicht dann ein Inkassounternehmen aus oder sollte man sich Rechtsbeistand holen?

    Hm. Wenn es ein Dienstvertrag gemäß §611 BGB ist (Das müsste geprüft werden) dann endet gemäß § 620 BGB das Dienstverhältnis mit Ablauf der vereinbarten Frist und eine Kündigung ist nur gemäß der §§ 626, 627 BGB möglich. Im Falle der unzeitigen und grundlosen Kündigung eines Dienstvertrags greift die Schadensersatzpflicht aus § 628 Absatz 2 BGB.

    Hier ist vor einer Stellungnahme oder gar einer verbindlichen Rechtsauskunft der Einzelfall zu prüfen, das darf nur ein Anwalt.

    In der Regel trifft man eine Vergütungsvereinbarung und hebt den Vertrag einvernehmlich gegen eine "Ablösesumme" auf.

  3. Hallo

    nehmen wir an ein Kunde hat einen Jahresvertrag am laufen. Der Vertrag läuft noch bis einschließlich Januar 2020. Aus Gründen, die nichts mit mir/uns zu tun haben, will er ab sofort die Zusammenarbeit beenden.

    Dazu einige Fragen:

    Es ist ja ganz nett, dass du hier immer wieder Einschätzungen für dies und das erfragst, auch wenn in einigen Fällen ein Fachanwalt der bessere Adressat wäre. Aber es gibt auch Dinge, die kann dir nur (d)ein Anwalt beantworten, weil der (hoffentlich) Zugang zu den relevanten Unterlagen haben wird. Wir in diesem Forum haben diesen Zugang nicht, was in diesem Fall eine auch nur ansatzweise fundierte Antwort verunmöglicht. Also stelle diese, deine Frage bitte einem Rechtsanwalt und nicht uns.

    Tschö, Auge

    --
    Ein echtes Alchimistenlabor musste voll mit Glasgefäßen sein, die so aussahen, als wären sie beim öffentlichen Schluckaufwettbewerb der Glasbläsergilde entstanden.
    Hohle Köpfe von Terry Pratchett
  4. Nur ein Tipp von mir, wenn du nicht in finanzielle Vorleistungen gegangen bist in dem zu z.B. eine Leistung für den besagten Kunden bei einem Dienstleister eingekauft hast, lass ihn einfach gehen.

    Der Kunde wird es dir danken und du vermeidest einen unter Umständen sehr langen Reststreit und schlechte Onlinebewertungen.

    Ich war selbst schon in so einer Situation und war dankbar dass die Firma mich aus einem Vertrag vorzeitig gelassen hat und ich bin nach einer gewissen Zeit doch wieder zu dieser Firma zurückgekehrt.

  5. Hi there,

    nehmen wir an ein Kunde hat einen Jahresvertrag am laufen. Der Vertrag läuft noch bis einschließlich Januar 2020. Aus Gründen, die nichts mit mir/uns zu tun haben, will er ab sofort die Zusammenarbeit beenden.

    Dazu einige Fragen:

    1. Wie würdet Ihr in solch einem Fall reagieren?

    also, ich bin kein Rechtsanwalt und zudem verrätst Du recht wenig über Hintergründe und Einzelheiten, aber generell kann ich dazu nur sagen, in geschäftlichen Konfliktfällen steht an allererster Stelle immer ein (hoffentlich) klärendes Gespräch. Dabei kommt meist irgendetwas heraus, mit dem dann beide Seiten leben können. Was in Deinem Fall vermutlich eine Vertragslaufzeit bis Oktober, oder so, wäre resp. der entsprechende Gegenwert in Euro.

    Das mit dem Rechtsanwalt würd' ich mir schenken, wenn es nicht um wirklich hohe Beträge geht, das macht idR nur den Anwalt eine Spur vermögender und kostet Dich selbst im Erfolgsfall einigen Stress.

    Da wäre ein Inkassobüro als allerletzte Maßnahme sinnvoller (unter der Voraussetzung, daß Dir Deine zukünftige Beziehung zu Deinem jetzigen Kunden komplett egal ist und zweitens, was fast noch wichtiger ist, Deine Forderungen absolut wasserdicht und nachweisbar sind und vor allem nicht mit irgendwelchen Gegengeschäften oder -forderungen gekoppelt sind)

    Also, wenn's nicht um hohe oder sogar existenzbedrohende Beträge geht ist mein Vorschlag, laß den Kunden ziehen, aber nicht, ehe vorher nicht konstruktiv nach einem Kompromiss gesucht wurde. Stures Beharren auf Rechte, die Du vertraglicherweise echt oder eingebildet hast, bringt normalerweise weniger als es an Stress, Aufwand und unter Umständen geschäftlichem Ruf kostet…

    1. Hello,

      Da wäre ein Inkassobüro als allerletzte Maßnahme sinnvoller (unter der Voraussetzung, daß Dir Deine zukünftige Beziehung zu Deinem jetzigen Kunden komplett egal ist und zweitens, was fast noch wichtiger ist, Deine Forderungen absolut wasserdicht und nachweisbar sind und vor allem nicht mit irgendwelchen Gegengeschäften oder -forderungen gekoppelt sind)

      Mit Inkassobüro würde ich gar nicht erst anfangen. Solange kein Titel besteht bzw. ein (notariell beglaubigtes) Schuldanerkenntnis vorliegt, ist Inkasso nur etwas für eingeschüchterte Endverbraucher. Ein Kaufmann wird darüber lachen, ggf. eine Strafanzeige wegen Nötigung erstatten und darüber nachdenken, wie er es dem unverschämten Geschäftspartner mal richtig zeigen kann :-O

      Und da sich die Rechtslage bezüglich vermeidbarer Rechtskosten gerade neu sortiert (siehe z. B hier) (politischerseits neu ins Bewusstsein gerückt wird), könnte Inkasso sogar zu deinen Lasten gehen.

      Man sollte hier um eine ordentliche schriftliche Kündigung bitten, damit es nachher nicht durch Beweisnot nach hinten losgeht und dann den entgangenen Gewinn geltend machen. Entgangener Gewinn ist max. der Vertragsrestwert abzuglich nicht entstandener Kosten.

      Alle anderen Varianten wären mMn entweder dem Gangstertum, der Geschäftspolitik oder der Dummheit zuzurechnen ;-)

      Glück Auf
      Tom vom Berg

      --
      Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!
      Das Leben selbst ist der Sinn.
      1. Hi there,

        Mit Inkassobüro würde ich gar nicht erst anfangen. Solange kein Titel besteht bzw. ein (notariell beglaubigtes) Schuldanerkenntnis vorliegt, ist Inkasso nur etwas für eingeschüchterte Endverbraucher. Ein Kaufmann wird darüber lachen, ggf. eine Strafanzeige wegen Nötigung erstatten und darüber nachdenken, wie er es dem unverschämten Geschäftspartner mal richtig zeigen kann :-O

        Naja, ich habe bei Inkasso-Unternehmen nicht an "Moskau-Inkasso" oder "Tetschenen-Inkasso" gedacht. Inkasso heisst nicht automatisch Hausbesuch mit Baseballschläger; falls mein Vorschlag so 'rübergekommen ist, dann hab' ich mich offenbar schlecht artikuliert…

        1. Hello,

          Mit Inkassobüro würde ich gar nicht erst anfangen. Solange kein Titel besteht bzw. ein (notariell beglaubigtes) Schuldanerkenntnis vorliegt, ist Inkasso nur etwas für eingeschüchterte Endverbraucher. Ein Kaufmann wird darüber lachen, ggf. eine Strafanzeige wegen Nötigung erstatten und darüber nachdenken, wie er es dem unverschämten Geschäftspartner mal richtig zeigen kann :-O

          Naja, ich habe bei Inkasso-Unternehmen nicht an "Moskau-Inkasso" oder "Tetschenen-Inkasso" gedacht. Inkasso heisst nicht automatisch Hausbesuch mit Baseballschläger; falls mein Vorschlag so 'rübergekommen ist, dann hab' ich mich offenbar schlecht artikuliert…

          ☆grins☆
          Da hast Du nicht genau genug gelesen. Die "Spezialdienste" hatte ich gar nicht im Sinn. Es ging mir um die Kostensituation und die gängigstd Rechtsptechung dazu. Inkasso ist z. Zt. bei den meisten Gerichten unten durch, wenn nachher sowieso noch Rechtsanwalt und Gerichtsvollzieher notwendig werden. Auf den doppelten Kosten bleibt der Gläubiger dann i.d.R. sitzen, wenn der Schuldner aufpasst.

          Glück Auf
          Tom vom Berg

          --
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          1. Hi there,

            Da hast Du nicht genau genug gelesen. Die "Spezialdienste" hatte ich gar nicht im Sinn. Es ging mir um die Kostensituation und die gängigstd Rechtsptechung dazu. Inkasso ist z. Zt. bei den meisten Gerichten unten durch, wenn nachher sowieso noch Rechtsanwalt und Gerichtsvollzieher notwendig werden. Auf den doppelten Kosten bleibt der Gläubiger dann i.d.R. sitzen, wenn der Schuldner aufpasst.

            Ah, ok, dann ist die Situation diesbezüglich in Deutschland offenbar etwas anders als in AT. Hierzulande ist das eher ein probates Mittel, eher so etwas wie eine Forderungs-Zedierung…

  6. nehmen wir an ein Kunde hat einen Jahresvertrag am laufen. Der Vertrag läuft noch bis einschließlich Januar 2020. Aus Gründen, die nichts mit mir/uns zu tun haben, will er ab sofort die Zusammenarbeit beenden.

    1. Stehen die Kosten für den Rechtsbeistand überhaupt im Verhältnis zum dem Nutzen?

    Bei allem Verständnis für deine Verärgerung: Du fährst schon die Kanonen auf, bevor du dich mit dem Kunden auseinandergesetzt hast.

    Mache ihm erstmal in einem ruhigen Ton klar, dass:

    frage ich mich warum wir überhaupt einen Jahresvertrag machen, wenn der dann doch nur Schall und Rauch ist.

    Das weitere Vorgehen hängt alleine von Faktoren ab, die du nicht genannt hast, allen voran der Grund für die vorzeitige Kündigung. Ist er womöglich unverschuldet pleite? Oder will er dich einfach nur über den Tisch ziehen? Möchtest du dem Kunden die Tür offen halten für eine erneute Zusammenarbeit? Ist dein Schaden es wert, dich mit ihm (oder seinen Anwälten) noch über Monate wieder und wieder rumzuärgern? Oder ist dir ein Ende mit Schrecken lieber?

    Pauschal ist dir nur zu raten, dass man sich am besten immer irgendwo in der Mitte trifft: Er macht eine Ausstiegszahlung, du verzichtest auf ein paar Restmonate. Und ihr könnt euch hinterher noch ohne Groll in die Augen gucken.

    1. Hello,

      Pauschal ist dir nur zu raten, dass man sich am besten immer irgendwo in der Mitte trifft: Er macht eine Ausstiegszahlung, du verzichtest auf ein paar Restmonate. Und ihr könnt euch hinterher noch ohne Groll in die Augen gucken.

      So ähnlich sehe ich das auch. Gezielte offene Fragen stellen. Den Kündigungswunsch schriftlich formulieren lassen. Die Folgen (Kosten) fair ermitteln und mitteilen. Dann die Entscheidung abwarten. Nur auf Pacta sunt servanda zu beharren, ist meistens nicht zielführend.

      Ich weise aber nochmals auf die implizite Gefahr hin. Man sollte sich bei Vertragsauflösung auf jeden Fall bestätigen lassen, dass mit der Ausgleichszahlung alle gegenseitigen Forderungen abgegolten sind. Fliegt dem Kunden nachher das halbe Teil um die Ohren, kommt er nämlich gerne noch mit Nachbesserungs- oder Wandlungsforderungen.

      |Kulanz muss ganz klar gesteckte Grenzen haben!|

      _
      Glück Auf
      Tom vom Berg

      --
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