Erbsensuppe: Füsikfrage

Da ich gerade "Die Reise zum Mond" von Jules Verne höre, eine Frage zur Ballistik: er will senkrecht starten und direkt, also geradeaus zum Mond fliegen. Wir machen das ja anders: wie auf einer gekrümmten Wurfbahn rückwärts beschleunigen wir auf ca. 27.000 Km/h und erreichen so eine stabile Umlaufbahn, von der aus wir weiter beschleunigen und Richtung Mond steuern. Was wäre denn, wenn wir geradeaus senkrecht auf 27.000 Km/h beschleunigen würden? Würden wir dann auch dem Schwerefeld der Erde entkommen?

  1. Hallo,

    Was wäre denn, wenn wir geradeaus senkrecht auf 27.000 Km/h beschleunigen würden? Würden wir dann auch dem Schwerefeld der Erde entkommen?

    naja, das könnte fast funktionieren. Aber eben nur fast. Die Fluchtgeschwindigkeit von der Erdoberfläche beträgt rund 10km/s, also etwa 36000km/h. Das heißt, wenn man einen Körper von der Erdoberfläche auf 36000km/h senkrecht nach oben katapultiert, würde er zwar mit zunehmender Höhe wieder langsamer werden, am Ende aber doch das Schwerefeld der Erde verlassen.

    Bei den 27000km/h, die du erwähnst, kalkuliert man noch zusätzliche Beschleunigung durch die Erdrotation ein, damit es reicht - abgesehen davon, dass eine Rakete nicht antriebslos fliegt, wenn sie mal die Erdoberfläche verlassen hat, sondern die ersten paar 100km Höhe noch ordentlich beschleunigt.

    Möge der Kaffee gut und der Montag kurz sein
     Martin

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    1. Und warum fliegen wir nicht geradeaus zum Mond?

      1. Hallo,

        Und warum fliegen wir nicht geradeaus zum Mond?

        weil uns die Erddrehung immer in eine gekrümmte Bahn zwingt.

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         Martin

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        1. Ich dachte, man könnte ja waagerecht starten, also auf einer Tangente zur Erde in Drehrichtung. Aber dafür reicht dann wohl die Anfangsgeschwindigkeit nicht…

        2. Die Erddrehung zwingt uns natürlich nicht in eine gekrümmte Bahn. Man bräuchte ja nur an einem Pol zu starten. Aber um das Schwerefeld der erde zu verlassen, startet man besser am Äquator. Und jeder Punkt des Äquators, bewegt sich in 24 Stunden ein mal um die Erde, also 40000km weit. Er ist also knapp 1700km/h schnell… Trotzdem könnte man, mit viel Aufwand, geradlinig zum Mond fliegen. Aber wozu?

          1. Trotzdem könnte man, mit viel Aufwand, geradlinig zum Mond fliegen. Aber wozu?

            Zeit sparen, falls man danach noch was vor hat. ;-) Aber wäre das denn mehr Aufwand?

          2. Hallo,

            Die Erddrehung zwingt uns natürlich nicht in eine gekrümmte Bahn. Man bräuchte ja nur an einem Pol zu starten.

            das stimmt, den Fall hatte ich gar nicht betrachtet.

            Aber um das Schwerefeld der erde zu verlassen, startet man besser am Äquator. Und jeder Punkt des Äquators, bewegt sich in 24 Stunden ein mal um die Erde, also 40000km weit. Er ist also knapp 1700km/h schnell… Trotzdem könnte man, mit viel Aufwand, geradlinig zum Mond fliegen. Aber wozu?

            Zumal der Mond, egal wann, immer näherungsweise über dem Äquator steht (mal 20..30° nördlich oder südlich, aber zumindest in Äquatornähe). Wenn man vom Pol aus senkrecht startet, müsste man also auch nach einigen 100km in eine gekrümmte Bahn schwenken - und dann redet der alte Coriolis wieder ein Wörtchen mit.

            Und vom Erdboden waagrecht (tangential) zu starten, ist vermutlich ein zu großer Energieaufwand, weil man dann über Hunderttausende von Kilometern den Luftwiderstand der Erdatmosphäre bezwingen müsste.

            Interessanter wäre da schon ein Start direkt aus dem Orbit, etwa von der ISS aus.

            Möge der Kaffee gut und der Montag kurz sein
             Martin

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            1. Hallo Der,

              und dann redet der alte Coriolis wieder ein Wörtchen mit.

              Corioliskräfte wenn Du am Pol senkrecht startest und dann abschwenkst? Ich denke nicht; Corioliskräfte sind Scheinkräfte und entstehen durch die unterschiedlichen Tangentialgeschwindigkeiten eines Punkts auf der Erdoberfläche auf verschiedenen Breiten.

              Wenn Du am Pol startest, ist deine Tangentialgeschwindigkeit 0, die Rakete hat dann nur festgefrorene Stützbeine und eine sanfte Rotation um die eigene Achse (15 Grad pro Stunde), die sich mit einem Pups aus den Steuerdüsen stoppen lässt. Wenn sie zum Mond abbiegt, gibt's keine Reibung mehr, die eine Corioliskraft vermitteln könnte.

              Aber ich könnte das auch falsch verstanden haben. Raketentechnik und Intuition…

              Jedenfalls kostet das alles mehr Treibstoff, weil Du mit einer Anfangsgeschwindigkeit von 0 startest statt gleich mit mehr als Mach 1. Und da jedes Kilo Treibstoff, das man mehr mitnimmt, auch mehr Treibstoff braucht, um es mitzunehmen, potenziert sich der Effekt sehr schnell.

              Ein Weltraumaufzug dagegen… hat andere Probleme

              Rolf

              --
              sumpsi - posui - obstruxi
              1. Hallo Rolf,

                und dann redet der alte Coriolis wieder ein Wörtchen mit.

                Corioliskräfte wenn Du am Pol senkrecht startest und dann abschwenkst?

                natürlich: Wenn du am Nordpol senkrecht startest und dann langsam in die Waagrechte kippst, reißt dich der Rest der Atmosphärendichte selbst in der Stratosphäre noch nach Osten in Richtung der aufgehenden Sonne. Um dem zu entgehen, müsste man also erste einige tausend Kilometer senkrecht aufsteigen.

                Ich denke nicht; Corioliskräfte sind Scheinkräfte und entstehen durch die unterschiedlichen Tangentialgeschwindigkeiten eines Punkts auf der Erdoberfläche auf verschiedenen Breiten.

                Ja, aber wenn du noch eine mitrotierende Atmosphäre hast, sind die Scheinkräfte plötzlich sehr real.

                Aber ich könnte das auch falsch verstanden haben. Raketentechnik und Intuition…

                Ja. Ist wohl nicht unsere Kernkompetenz. 😉

                Möge der Kaffee gut und der Montag kurz sein
                 Martin

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                (aus The Lightning Seeds: Sense)
        3. Hallo Martin,

          oder anders gesagt: weil wir dann erstmal bremsen müssten. Die Startplätze von Cape Canavaral befinden sich auf einer Breite von 28°. Der Cosinus von 28° ist 0,88, d.h. der Erdumfang beträgt da 35300km. Das bedeutet: die Rakete startet mit einer Tangentialgeschwindigkeit von 1470km/h oder 408m/s. Wollte man die Rakete in Cape Canavaral auf den Mond richten und "geradeaus" hinfliegen, müsste man diese Geschwindigkeit, die quer zur gewünschten Fahrtrichtung verläuft, erstmal loswerden.

          In Baikonur ist es etwas einfacher, das Kosmodrom liegt auf einer Breite von ca 46°. Der Cosinus von 46° ist etwa 0,7, der Erdumfang beträgt also 28000km und die Tangentialgeschwindigkeit der Erdoberfläche 1166km/h. Das ist etwas weniger als in Cape Canavaral, aber immer noch reichlich.

          Die Europäer in Kourou liegen dagegen auf 5° und haben 99% der vollen Rotationsdröhnung: 1660km/h.

          In allen Fällen ist es einfacher, die Rotation zu nutzen, mit der Erddrehung in einen Erdorbit zu fliegen, sich am Gravitationsbändchen herumschwingen zu lassen und dann die Rotationsgeschwindigkeit der Erde zu nutzen.

          Raketentechnik und Alltagserfahrungen sind oft konträr zueinander. Womit ich nichts gegen Jörg gesagt haben will 😂

          Rolf

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