Stefan Münz: Ist SELFHTML tot?

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Hallo Thomas,

etwas möchte ich nun doch noch bemerken:

Das Wiki von Ende 2006 / Anfang 2007 ist nicht an Ungeduld gescheitert, wie hier immer wieder behauptet wird, sondern erstens daran, dass der Server den Heise-Sturm nicht verkraftet hat, und zweitens daran, dass die Mehrheit der SELFHTML-Aktiven letztlich doch kein Wiki wollte.

Das mit dem Heisesturm und dem Server hätte man wegstecken können. Man hätte das Wiki in eine geeignetere Umgebung transferieren können, wo es schneller gelaufen wäre und nicht so leicht in die Knie gegangen wäre. Wegen des Widerstandes der Devs durften die leistungsstarken SELFHTML-Server dafür seinerzeit jedoch nicht verwendet werden.

Der innere Widerstand der SELF-Aktiven gegen die Wiki-Lösung war jedoch der eigentliche Knackpunkt, und er war letztlich auch ausschlaggebend dafür, dass ich das Projekt dann verlassen habe. Die Weigerung, sich wirklich mal zu öffnen, sich mal locker zu machen, einfach mal anzufangen und mit den Aufgaben zu wachsen.

Was glaubt ihr denn, wie viele Gedanken ich mir gemacht habe, als ich SELFHTML 1.0 geschrieben habe? Richtig: keine! Hätte ich mir überlegt, wie ich damit umgehen soll, dass da plötzlich eine 7stellige User-Gemeinde ist, oder dass die Doku irgendwann aus 3000 Einzeldateien besteht, dann wäre ich wahrscheinlich im Boden versunken vor der Ungeheuerlichkeit einer solchen Aufgabe. Es ging alles nur, weil ich frech war und es mir egal war, wie die Server das verkraften, mit welchen Mitteln ich die nächste Version organisieren soll usw.

Ja, ich hatte schon viel Arbeit durch zunächst unüberlegte Konzepte, die ich dann überarbeiten musste. Aber genau dadurch wuchs die Doku. Sie wurde immer wieder neu geknetet, wie ein Teig. Und die Arbeit am Verwerfen zu kurz gedachter, alter Konzepte, und am Verfolgen neuer, besserer Konzepte machte Spaß, motivierte.

Es ist kein Verbrechen, nach einigen Jahren mal alles in eine neue, andere, zeitgemäßere Form zu transferieren und dabei auch viel scheinbare Handarbeit zu verrichten. In dem Zusammenhang muss ich auch immer wieder den Kopf schütteln, wenn dann gleich wieder voll technokratisch über Konvertiertools und Ähnliches geredet wird. Die Zwischenablage ist des Redakteurs liebstes Kind! Händisch erst mal in den neuen Space reinkopieren und beim Neuformatieren zugleich alles noch mal genau lesen und gegebenenfalls korrigieren. Das verstehe ich unter lebendigem, natürlichen Arbeiten an einem solchen Werk.

In diesem Sinne: macht euch Gedanken, aber macht euch nicht wieder so viele Gedanken, dass ihr am Ende nur eine Salzsäule voller Konzepte, Regeln und Vorschriften habt, aber keinen Ort zum Wohlfühlen.

viele Grüße Stefan Münz