Und genau das ist es was ich ankreide.
Was kreidest du daran an?
Ich liebe Seiten, die es schaffen ohne jegliches CSS, nur mit dem Basis-Stylesheet des Browsers ... eine gute Struktur darzustellen.
Warum sollte das erstrebenswert sein?
Das gelingt mir sehr gut wenn ich Überschriften so zusammenwürfel, wie ich sie sehen möchte.
Mit dem Argument könnte man auch Tabellenlayout einsetzen und andere Elemente missbrauchen, wenn man nur danach geht, wie sie üblicherweise dargestellt werden. Es ist jedoch äußerst sinnig, Elemente nicht entgegen ihrer Bedeutung zweckzuentfremden. Sonst bringt man nämlich eine Semantik im Dokument unter, die Fehlinformationen enthält und irreführt.
Ich weiss nicht woher die Weisheiten kommen, dass Überschriften Kategorien einer Linie folgen sollen
Es kommt daher, dass HTML von einem Modell einer wissenschaftlichen Arbeit ausgeht. Falls du mal studiert hast oder entsprechende Publikationen gelesen hast, dann kennst du sicher einen solchen Aufbau:
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1 Der monegassische Nasenbär
2.1.1 Habitat
2.1.1.2 Nasenbären in Gefangenschaft
2.1.2 Fortpflanzung
2.1.3 Ernährung
2.2 Der madagassische Kragenbär
2.2.1 Sozialverhalten
2.2.2 Gefährdung
2.2.2.1 Problembären
3. Schluss
3.1 Fazit
3.2 Ausblick
4. Literaturverzeichnis
Hier ist die Dokumentstruktur sehr klar, es gibt eine Sequenz und eine Hierarchie von Unterabschnitten.
ich sehe da keinen Nutzen
Doch, darin ist sehr, sehr viel Nutzen. Eine logsche Überschriftenhierarchie erlaubt beispielsweise eine vorhersehbare Navigation im Dokument. User-Agents wie Screenreader ermöglichen das Springen von Navigation zu Navigation und sagen dabei die Ordnung an. Außerdem erstellen Sie Outlines, die bestenfalls die Dokumentstruktur wiedergeben. Über diesen Outline lässt sich zwischen den Teilen des Dokuments navigieren (»Scanning«). Wenn z.B. die Navigation und eine Art Sidebar separate Überschriften haben, können diese gezielt angesprungen oder übersprungen werden.
Damit sich die Dokumentstruktur erfassen lässt, sollten möglichst keine Lücken in der Überschriftenhierarchie sein und sie sollten nicht wirr durcheinander gemixt sein. Dies ist eine Grundanforderung der Barrierefreiheit, wie man sie auch in den HTML Techniques zur WCAG 2 findet: »To facilitate navigation and understanding of overall document structure, authors should use headings that are properly nested (e.g., h1 followed by h2, h2 followed by h2 or h3, h3 followed by h3 or h4, etc.).«
Aus dieser Sicht kann es sogar nützlich sein, Überschriften einzuführen, die letztlich überhaupt nicht dargestellt werden, sondern barrierefrei mit CSS ausgeblendet werden. Der Sehende erkennt qua visueller Aufteilung der Seite, dass z.B. in der ersten Spalte der Hauptinhalt und in der zweiten eine Sidebar folgt. Diese »Trennung« hat ein Screenreader-Benutzer nicht und kann sie kann ihm nur dadurch mitgeteilt werden, dass die zweite Spalte eine entsprechende Überschrift bekommt, die ihm dessen Inhalt beschreibt. Für denselben Zweck gibt es ARIA-Roles und neue HTML-5-Elemente wie aside.
da für mich das gewollte Aussehen im Vordergrund steht.
Das mag sein, die Technik dafür lautet aber CSS. Semantische Auszeichnung hat aus guten Gründen wenig mit Aussehen zu tun, sondern mit einer Widergabe der logischen Dokumentstruktur.
Und eine Vergewaltigung der natürlichen Überschrifthierarchien durch andere Grössenzuordnung, so dass eine h2 Überschrift auf einmal kleiner erscheint als eine h4 Überschrift, kann ich,wenn auch aus Semantikgründen, nicht akzeptieren.
Gerade fragst du, wer denn aufgestellt hat, was die »Natur« der Überschriften in HTML jetzt, jetzt nimmst du wie selbstverständlich eine »natürliche« Überschriftenhierarchie von Texten an und behauptest, diese würde man »vergewaltigen« (kann man endlich mal aufhören, dieses Wort inflationär zu gebrauchen?).
Es gibt verschiedene Textarten und man muss versuchen, das HTML-Modell auf Texte zu übertragen, auch wenn sie nicht im klassischen Sinne einer wissenschaftlichen Arbeit strukturiert sind. Warum? Weil es eine Konvention ist, aus der man viele Vorteile schöpfen kann, wenn man versucht, sie einzuhalten.
Dein Beispiel ist etwas extrem und ich halte es für unrealistisch. Trotzdem weiß nicht, was prinzipiell daran schlecht sein soll, z.B. eine h3 kleiner als eine h2 darzustellen, wenn diese Auszeichnung denn die Dokumentstruktur sinnvoll wiedergibt. Ein h3 kann etwa im Hauptinhalt des Dokuments stehen, während ein h2 nur in der Sidebar steht oder diese überschreibt und entsprechend unwichtiger ist - auch wenn sie in der Sequenz auf derselben Höhe liegt wie ein h2 im Hauptinhalt.
Mathias