Hi.
das liegt daran, dass der Prozess (in der Theorie) anders abläuft.
- Die EU-Kommission erarbeitet eine Richtlinie zu einem bestimmten Thema.
Diese Richtlinie ist normalerweise sehr allgemein gehalten und enthält nur selten konkrete oder exakte Forderungen.
Soweit gebe ich dir Recht.
- Im Amtsblatt der EU werden regelmäßig internationale Normen (EN, seltener ISO, im technischen Bereich auch IEC) zu bestimmten Themen gelistet, bei deren Einhaltung die Richtlinie als erfüllt angesehen wird. Diese internationalen Normen sind zunächst noch nicht bindend.
Das sind sie genaugenommen nie. Die Einhaltung der Norm führt lediglich zur Konformitätsvermutung, d. h. wenn ein Produkt einer in der Liste der harmonisierten Normen der jeweiligen Richtlinie genannten Norm entspricht, wird davon ausgegangen, dass das Produkt die Richtlinie erfüllt.
3a. Die EU-Mitgliedsstaaten bekommen eine angemessene Frist, innerhalb derer sie die Richtlinie in ihrer eigenen nationalen Gesetzgebung umgesetzt haben müssen.
Das ist wieder korrekt.
Meist erfolgt das dadurch, dass die empfohlene(n) internationale(n) Norm(en) einfach als nationale Normen übernommen werden. In DE wird dann beispielsweise eine EN-Norm zu einer "DIN EN ...".
Jetzt wirfst du allerdings Normen und Richtlinien durcheinander. Die Richtlinie ist von den EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen, das hat aber nichts mit den Normen zu tun. Normen werden nicht vom Staat erlassen, sondern von Normungsgremien erarbeitet, und sie haben keinen Gesetzesstatus. Dass die deutsche Fassung einer europäischen Norm oftmals eine reine Übersetzung (ggf. mit kleinen Korrekturen) ist, stimmt zwar, ist aber nicht Sache des Gesetzgebers.
Im Prinzip kannst du die jeweilige EU-Richtlinie auch ohne Beachtung jeglicher Normen erfüllen. Dann obliegt es dir als Hersteller jedoch, die Einhaltung der RL nachzuweisen. Da das sehr aufwändig ist, geht man i. d. R. den einfacheren Weg, eine der harmonisierten Normen einzuhalten.
3b. Im Einzelfall übernehmen die Mitgliedsstaaten nicht die vorgeschlagene europäische Norm, sondern erarbeiten unabhängig davon eigene nationale Normen oder Gesetze, mit denen die Kernforderungen der Richtlinie auf andere Weise erfüllt wird.
Siehe oben. Normen und Gesetze haben nichts miteinander zu tun.
Mit diesem Dreisatz (EU-Richtlinie -> im EU-Amtblatt gelistete Normen -> Abbildung in nationale Standards) gelten diese Normen zumindest in DE implizit als gesetzlich bindend. Daraus folgt auch, dass nicht jede DIN-Norm automatisch Gesetzescharakter hat.
Gesetzescharakter hat in diesem Zusammenhang mMn keine DIN-Norm, auch nicht die harmonisierten Normen (Grund s. o.).
Es steht doch alles in der Richtlinie, was zu beachten ist, somit hat die Norm keinen Gesetzescharakter, unabhängig davon, ob sie die Basis für die Richtlinie ist.
Umgekehrt: Die Richtlinie kann die Basis für eine Norm sein.
Das mag zwar sein, dennoch hat die Norm keinen Gesetzescharakter, da die Norm zwar eine Konformitätsvermutung auslöst, jedoch nicht der einzige Weg zur Einhaltung der Richtlinie ist.
Schönen Sonntag noch!
O'Brien
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