Liebe Forumer,
wird wohl Zeit, dass ich mich selber mal oeffentlich aeussere. Zwei Punkte sind mir wichtig:
1. Art des Rueckzugs:
Ich gab meinen Rueckzug Mitte letzter Woche mit einem einfachen Posting im internen Developer-Forum bekannt. Fuer die Mitstreiter am Wiki, die ja nicht unbedingt alle Developer sind, setzte ich tags darauf noch ein Posting in der Google-Group zum SELFHTML-Wiki ab. Das reichte aus meiner Sicht, um alle, die es erst mal wissen sollten, zu informieren. Ob und wie sie das dann oeffentlich kommunizieren wuerden, wollte ich ihnen ueberlassen. Schliesslich war ich ja jetzt nicht mehr bei SELFHTML. Dass es nun bei Heise steht und dass die SELF-Gemeinde es von dort erfaehrt, habe ich nicht willentlich verursacht (keine Pressemitteilung oder so was). Vermutlich hat es jemand von den ueber 300 Mitgliedern in der Google-Group zum SELFHTML-Wiki gelesen und weitergegeben. Eine Stunde vor Heise war die Meldung bereits in einem privaten Blog erschienen, und in den Google News war dieser Blogeintrag bereits zu finden. Tja, und das Radarsystem der Blogosphaere ist halt schnell. Es waere wahrscheinlich besser gewesen, viel frueher als jetzt geschehen die Meldung im SELFHTML Weblog zu bringen. Aber waere haette koennte - ich moechte hiermit nur noch mal klarstellen, dass ich mich nicht davonstehlen wollte, aber dass ich auch keinen Theaterdonner wollte.
2. Gruende:
Meine Entscheidung ist im Laufe der letzten Wochen gereift, als ich sah, dass ich auch im Wiki mehr oder weniger allein blieb mit dem Versuch, neue Inhalte zu produzieren. Ausserdem wurde mir immer deutlicher bewusst, dass ich SELFHTML-intern zuletzt nur noch als "Urvater" gelitten war, der auf seine alten Tage allerlei modernistische Flausen im Kopf hat, und bei dem man nicht so recht weiss, wie man ihm begegnen soll. Meinen "Auftrag" sah ich immer darin, aktuelles Fachwissen zum Publizieren im Web fuer Einsteiger und Fortgeschrittene so verfuegbar zu machen, dass in ihren Koepfen die Groschen fallen. Bei den meisten Anwendern hat das offenbar auch funktioniert, allerdings nicht bei allen. Deshalb hatte SELFHTML - gerade weil es so bekannt war - immer auch heftige Kritiker. Einer der Fehler, die ich machte, und die derzeit meines Dafuerhaltens weiterhin gemacht werden, ist, dass zu sehr versucht wurde und wird, es diesen Kritiktern recht zu machen. SELFHTML wird dadurch zwar immer professioneller und exakter, zum Beispiel auf der Ebene der Terminologie, verliert aber genau dadurch auch immer mehr den Bezug zu den abertausenden von Berufsschuelern, Muettern in Weiterbildung und internet-interessierten Senioren da draussen, denen SELFHTML allenthalben als Standardwerk empfohlen wird. Ausserdem entdeckt dieses eigentlich typische Stammpublikum von SELFHTML, die "Normalos", so ganz allmaehlich, dass man im Web auch ohne HTML und all das publizieren kann. Ganz schicke Sachen gibt es da, allein schon, was man mit einem kostenlosen Google-Account alles veroeffentlichen kann, oeffentliche Kalender, Notebooks, Spreadsheets, Web-Alben, Videos, Blogs, eigene Diskussionsgruppen ... die Leute lernen allmaehlich, dass aktives Webworking nicht mehr zwangslaeufig bedeutet, sich erst mal lange und demuetig irgendwelchen voellig unbekannten Programmiersprachen und Netzprotokollen zu widmen. Webworker werden allmaehlich ganz normale Anwender, die ihre Aktivitaeten vornehmlich in immer maechtiger werdenden, web-basierten Anwendungen verrichten, genau so, wie die Kommandozeilen-Gurus der DOS-Aera irgendwann den von ihnen zunaechst belaechelten und beschimpften Anwendern wichen, die mit PCs erst zurecht kamen, als sie mit grafischen Benutzeroberflaechen arbeiten konnten. Es gibt auch weiterhin genug, was erklaerungsbeduerftig ist, aber das ist nun mal fuer immer mehr Web-Aktive heute nicht mehr das Gleiche wie das, was es vor zehn Jahren war. Mich persoenlich interessiert es jedenfalls mittlerweile mehr, was da alles vor sich geht, als mich in immer akademischer werdende Fachdiskussionen rund um HTML, CSS und verwandten Sprachen zu ereifern. Beruflich habe ich weiterhin damit zu tun, aber die Beschreibungs- und Programmiersprachen im Web haben fuer mich ihre fruehere Bedeutung als "Eintrittskarte in die Welt des Webworkings" verloren. Und aus dem gleichen Grund auch SELFHTML, so hart das klingen mag.
Ich bin aber auf niemanden hier sauer und von niemandem enttaeuscht. Ich hoffe, dass das SELFHTML-Projekt weiterlebt und sich in welcher Form auch immer weiterentwickelt. Und ich bin ja nicht aus der Welt. Deshalb habe ich hier mal ausnahmsweise eine Mailadresse im Posting angegeben - die Folgen davon muss halt der Google-Spamfilter ausbuegeln ;-)
viele Gruesse
Stefan Muenz