Liebe Forumsbesucher,
wem das Thema zu viel wird, muss das hier ja nicht lesen. Aber es gibt glaube ich auch viele, die den Wunsch haben, sich weiter damit zu beschaeftigen, einfach weil sie noch nicht zufrieden mit dem sind, was sie bislang darueber gedacht haben.
Ich will dabei allerdings nicht als Lehrmeister auftreten, sondern nur eine weitere Reflexion in den Raum werfen, die ich in einer Mailing-Liste ebenfalls gepostet habe.
Zunaechst zum Ausgangspunkt der Ueberlegungen. Wenn man sich mit dem Thema "Gewalt" naeher beschaeftigt, erkennt man schnell, dass man Gewalt nicht nur als "Mod und Totschlag" definieren kann. Auch Mobbing ist beispielsweise Gewalt, und wenn ich hier mal wieder wuetend auf die Pauke haue, weil mir im Forum was nicht passt, kann man das auch schon als Gewalt empfinden. Gewalt ist also sehr relativ definierbar.
Entscheidend ist offenbar nicht, ob und wieviel Gewalt immer da ist, sondern, ab wann Gewalt als solche empfunden wird. Und dazu hab ich mal einen "Vergleich", der das Nachvollziehen der Gedanken leichter macht, und den ich zur Diskussion stellen will:
Der Vergleich nimmt eine stille Wasseroberflaeche und einen Schwimmenden darauf an:
Das Wasser ist die Gewalt, die Luft der gewaltfreie Raum. Der Schwimmer steckt bis zum Hals im Wasser (in der Gewalt), nur der Kopf, der die Luft zum Atmen braucht (die Gewaltlosigkeit zum Denken), ist draussen. Er schwimmt wunderbar dahin, weil die Wasseroberflaeche ruhig ist (die Gewalt hat ihren eindeutigen Ort, sie ist "normal"). Diesen Zustand will ich mal "Frieden" nennen.
Wenn das Wasser aber nun unruhig wird, wird es problematischer fuer den Schwimmer. Wenn sich die Wasseroberflaeche zu unkalkulierbaren, grossen Wellen auftuermt. Das kann fuer den Schwimmer gefaehrlich werden, er koennte ertrinken (in Gewalt versinken und daran zugrunde gehen, Opfer der Gewalt werden). Die Wassermenge nimmt nicht zu dabei, aber durch seine Unruhe wird das Wasser gefaehrlich fuer den Schwimmer.
Bei diesem Vergleich ist bislang noch nicht geklaert, woher ueberhaupt die Unruhe auf dem Wasser entstehen koennte. Sturm oder Stroemungen natuerlich. Aber da will ich die Kraefte der Natur mal aussen vor lassen und den Vergleich anders umbiegen: angenommen, da ist nicht nur ein Schwimmer auf dem Wasser, sondern Milliarden. Klarer Fall, dass die Wasseroberflaeche da nicht glatt bleibt. Aber solange jeder irgendwie vor sich hinpaddelt, sind die dadurch ausgehenden Verdraengungskraefte beim Schwimmen diffus. Die Wasseroberflaeche ist ein mehr oder weniger ertraegliches Herumgeschwappe (es gibt wahrnehmbare Gewalt durch die unterschiedlichen Interessen, aber sie ist ertraeglich, der Frieden ist gesichtert). Schlimm wird es nur, wenn immer groesser werdende Gruppen von Schwimmern einheitliche Bewegungen machen. Dadurch entstehen Kraefteparallelen, die im Wasser gefaehrlich grosse Wellen verursachen. Nachdem schon etliche Schwimmer ertrunken sind, greifen andere zur Gegenmassnahme und vereinheitlichen ihre Bewegungen ebenfalls, um den herannahenden Wellen ebenso grosse Wellen entgegenzusetzen. Die Idee dahinter klingt plausibel: indem man die feindlichen Wellen mit eigenen, ebensolchen Wellen zerstoert, beseitigt man die Ursache des Sterbens.
Tja, und an dieser Stelle moechte ich dann fieserweise abbrechen. Wird das gelingen mit den Wellen? Oder koennten sich die aufeinandertreffenden Wellen nicht zu noch gewaltigeren Wellen vereinigen (die Heimtuecke des Wassers) mit noch fataleren Folgen? Ist Gewalt als solche gefaehrlich? Oder ist es nur die Eskalation der Gewalt?
Und dann moechte ich noch eine Frage in den Raum werfen: wie kommt es ueberhaupt dazu, dass Schwimmer so gerne ihre Bewegungen vereinheitlichen (die einheitliche Form suchen, sich in "Uniform" schmeissen)?
Viele Gruesse,
Stefan Muenz