Hallo Stefan,
Diese Identitaetsbildung durch Ablehnung kann man - auch hier im Forum - bei manchen Linux- und Mozilla-Verfechtern sehr schoen beobachten. [...] Was also gewinnt man mit solchen Pauschalverdammungen nach aussen hin? Nichts - im Gegenteil! Man zementiert Grenzen, die eigentlich geoeffnet werden sollten, damit mehr Leute sich auch mal auf die "andere Seite" trauen.
das deckt sich völlig mit meiner Meinung. So ähnlich kommt das, denke ich, hier auch rüber </archiv/2002/3/7784/>. Leider wurde der Thread nie richtig ausdiskutiert. Jedenfalls wäre es für die OpenSource-Community ein grosser Zugewinn, wenn sie nicht selbst viele potenzielle "Neu-Anhänger" und Nutzer mit pauschalen Unfähigkeitsbescheinigungen vor die Tür setzen würde.
[...] Das Thema Wirtschaftlichkeit solle von der OpenSource-Bewegung nicht als "kapitalistischer Unsinn" abgetan und verdraengt werden, sondern es sollte in die Aufklaerungsarbeit integriert werden. Man kann eine breitere Masse nur erreichen, wenn man auch ihrem Denken entgegen kommt - und da Geld in diesem Denken nun mal eine grosse Rolle spielt, muss man eben auch ueber Geld zu reden verstehen, wenn man so einen Gedanken begreiflich machen will.
Leider kommt gerade beim Thema Wirtschaftlichkeit auch oft das Missverständis auf, man wolle OpenSource als _die_ neue Möglichkeit verkaufen, mit wenig Arbeit das grosse Geld zu machen. Solchen Hypes wird ja gerne hinterhergerannt. Es ist auch wichtig, den Idealismus und den Gemeinschaftssinn _vor_ den wirtschaftlichen Nutzen zu stellen, und das als Gesamtpaket zu "verkaufen". Gerade das hat ja OpenSource sehr erfolgreich gemacht und ermöglicht es jetzt erst damit funktionierende Geschäftsmodelle zu etablieren.
Wir hatten hier schon mal einen Thread (ich hab ihn leider nicht mehr gefunden im Archiv), wo es um die Uebertragbarkeit des Opensource- bzw. Free-Software-Foundation-Modells auf andere Wirtschaftszweige ging. Bevor man ueber die Vorbildfunktion fuer andere Bereiche oder gar ueber Uebertragbarket redet, sollte man aber doch lieber noch mal einen kritischen Blick auf das werfen, was da als die Art und Weise der Organisation und Kommunikation angepriesen wird. So viel kenne ich davon nicht, dass ich mir ein allgemeines Urteil darueber erlauben koennte - aber ich habe es neulich schon mal in einem anderen Thread angesprochen:
das war, glaube ich, der hier:
</archiv/2002/2/5089/>
und ein paar Threads vorher:
</archiv/2002/2/5058/>
dass beispielsweise Perl immer mehr das Nachsehen gegenueber PHP hat, liegt nicht nur an den anderen, fuer Anfaenger vielleicht schwerer zu verstehenden Software-Konzepten. Es liegt meines Erachtens auch zu einem Teil am Gebaren der Perl-Community, das auf aussenstehende Normal-User, die aus der Windows-Welt kommen, einfach abschreckend wirkt (Motto: "wer perldoc nicht versteht, sollte besser gleich wieder abhauen"). Mag sein, dass das sogar gewollt ist - aber so wirds halt nix mit dem Erfolg. PHP wird einfach auch besser "verkauft" (im Sinne von Oeffentlichkeitsarbeit).
Das ist mit Sicherheit richtig und auch auf einen grossen Teil der OpenSource-Welt übertragbar. Es gibt aber sogar einige Gegenbeispiele, wenn man bereit ist, zwischen den (Code-)Zeilen zu lesen ;-). Allen voran geht m.E. das Samba-Projekt http://www.samba.org/ welches ganz gezielt auf Integration "beider Welten" setzt. Man mag jetzt darüber streiten, ob es dem Samba-Projekt mehr um den Ersatz von Windows-Servern geht, als um die Zusammenführung beider Welten. Aber es zeigt doch, dass sich beide Welten u.U. sehr gut ergänzen können, vor allem dann, wenn nicht ein dickköpfiger Admin, der sich strengstens einer Seite verschrieben hat, am Hebel sitzt.
Insgesamt finde ich es deshalb auf jeden Fall gut und wichtig, dass der Artikel sich mal in freundlicher Absicht selbstkritisch mit der Open-Source-Bewegung auseinandersetzt. Denn der Hass auf die boese Microsoft-Welt mag zwar identitaetsbildend wirken, aber nach aussen hin ist er absolut kontraproduktiv und erreicht das Gegenteil des Gewuenschten (sofern das Gewuenschte tatsaechlich eine groessere Verbreitung von Open Source ist).
Volle Zustimmung. Ausserdem geht aus dem Artikel auch hervor, dass die OpenSource-Bewegung vielleicht an ihren Zielen noch arbeiten muss. Denn nicht nur die quantitative Verbreitung von OpenSource-Software ist wichtig. Auch qualitativ - dabei denke ich z.B. an die vielen Projektleichen - kann die OpenSource-Gemeinde noch erheblich zulegen.
viele Grüsse
Achim Schrepfer