Thomas Luethi: Anglizismen (Sinn machen u.s.w.)

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Hallo Tim,

Interessehalber: Inwiefern unterscheiden sich diverse Anglizisten von

Du meintest wohl auch "Anglizismen", d.h. vom Englischen ins Deutsche
uebernommene Woerter [1].

bereits seit Jahrhunderten vorhandenen Lehnwörtern und welche Entwicklung
und sei es auch nur eine zeitliche müßte geschehen, damit Du harmlose
Wörter nicht mit Begriffen wie »eingeschlichen« bewirfst? ;-)

Es ist mir klar, dass Sprache immer im Wandel ist,
und dass die Sprachen durch den Austausch
auch reicher werden koennen. Und dass viele
der Fremdwoerter, die heute integraler Bestandteil
unserer Alltagssprache sind, sich auch irgendeinmal
"eingeschlichen" haben. Ich denke, es ist wirklich
vor allem eine Frage der Zeit, bis sich ein neues
Fremdwort durchsetzt. _Ob_ es sich durchsetzt, d.h.
ob es von einem Grossteil der Durchschnittsbevoelkerung
angewandt oder zumindest verstanden wird, haengt
nicht nur von den Medien, sondern auch von jedem
einzelnen ab.

Ich denke, unsere Sprache ist schon sehr reich.
Wenn Wendungen wie "make sense" zu "Sinn machen"
werden und dann ploetzlich in grossem Masse - eben
auch am falschen Platz - verwendet werden, dann ist
das in meinen Augen keine Bereicherung, sondern
eine Verarmung, ein Verlust.

Dass sich sogar die Rechtschreibungs-Kommission
vor der Dummheit der Leute beugt und z.B. das
"Apostroph-S" - zumindest bei Vornamen - ploetzlich
als gueltig erklaert, finde ich beschaemend.
Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch Saetze wie
"Wir feierten Mutter's Geburtstag"
gueltig werden...
Von dieser Seite (Duden & Co.) kann man also keine
Vernunft mehr erwarten. Deshalb finde ich es umso
wichtiger, dass wir uns selbst an der Nase nehmen
und unsere Sprache pflegen.

Ich vermute, dass es frueher vor allem Wissenschaftler
(insbesondere Philosophen) sowie die Aristokraten waren,
die ueberhaupt mit anderen Sprachen und Kulturen
in Beruehrung kamen und so auf die Idee kamen,
"fremde Woerter" zu verwenden, weil es kein deutsches
Wort gab, das genau diese Bedeutung hatte.

Heute "kann" ja fast jeder Englisch, und durch die Medien
und die Werbeindustrie werden wir tagtaeglich mit
irgendwelchen "englischen" Begriffen und Slogans
bombardiert,  auch wenn sie nicht immer verstanden
werden;-) [2]

Im Gegensatz zu Puristen und Franzosen finde
ich es auch nicht notwendig, fuer jedes _neue_
englische Wort (wie z.B. Computer, Walkman, E-Mail)
ein eigenes deutsches bzw. franzoesisches Wort
zu erfinden (z.B. ordinateur, balladeur, courriel),
sondern finde es gerade bei solchen Dingen sehr
praktisch und sinnvoll, wenn man auf der ganzen Welt
den gleichen Begriff fuer das gleiche Ding verwendet.

Und ganz konkret finde ich es hier in den Diskussionen
eindeutiger und hilfreicher, z.B. von Margin, Border und
Padding zu sprechen, also von Rand, Rahmen und
Polsterung, wie es die edition-w3c.de Uebersetzung tut
(und das nicht einmal konsistent - manchmal verwenden
Sie fuer padding auch den Begriff "Auffuellung").

Schlecht, peinlich und laecherlich finde ich es allerdings,
wenn man fuer Dinge, die es seit Jahrzehnten (oder laenger)
gibt (z.B. Kundendienst, Personal-Abteilung) ploetzlich
englische Begriffe einfuehrt (customer care, human resource
department), und das nicht nur in international taetigen
Firmen, wo es noch irgendwie nachvollziehbar waere,
sondern ganz allgemein.

Auf die Art und die Geschwindigkeit, wie sich fremdsprachige
Begriffe ins Deutsche "einschleichen", haben wir "Leute
von der Strasse" schon auch einen gewissen Einfluss, indem
wir sie entweder verwenden oder eben nicht.

Ich vermute, dass die Sprache, die die Massenmedien
verwenden, einen groesseren Einfluss hat.

Auf dieser Vermutung beruhen wohl auch die
franzoesischen Gesetze/Verordnungen, die den Medien
vorschreiben, dass sie ebendiese (IMHO unsinnigen)
Kunstwoerter wie balladeur, courriel u.s.w. verwenden
muessen. (Auch der Anteil der Musik von franzoesischen
Interpreten ist den Radiosendern in Frankreich vorgeschrieben.)

Solche Gesetze/Vorschriften finde ich krank.
Genauso wie den nationalsozialistischen "Schlauchapfel"
(Banane) und die DDR-"Jahresendfluegelpuppe" (Engel).

Von mir aus darf jeder so sprechen und schreiben,
wie er will.

Ich faende es schoen, wenn alle, die sich oeffentlich
aeussern, also in den Massenmedien oder z.B. auch
hier im Forum, auf Ihre Sprache achten wuerden und
nicht unnoetig viele (Pseudo-)Englische Begriffe
verwenden wuerden.

Gruesse,

Thomas

[1]
http://mr-check.xipolis.net/v2.0/Mrcheck.php?CID=duden&SB=Anglizismus
http://mr-check.xipolis.net/v2.0/Mrcheck.php?CID=duden&SB=Anglist
http://mr-check.xipolis.net/v2.0/Mrcheck.php?CID=duden&SB=Amerikanismus

[2]
http://www.sfdrs.ch/sendungen/kassensturz/php-d/story.php3?beitragid=654&check=no
http://zorno.de/fakten/sonstiges-ueber-kunden/englischkenntnisse.html
http://www.endmark.com/img/aktuell/MafoClaims.pdf (37 kB)