Sven Rautenberg: Homepage Pflege anbieten

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Moin!

das ist natürlich alles wahr. Was ich meinte ist: Inwieweit spielt der Inhalt des Auftrages mit in den Preis hinein. Der Schwierigkeitsgrad der Anwendung. 5 statische HTML Seiten sind einfacher zu erstellen als 5 DB basierte Seiten, die komplexe Berechnungen machen.

Natürlich ist das eine komplexer als das andere. Deshalb fällt die Aufwands- und Zeitschätzung ja auch unterschiedlich aus. Die Schwierigkeit des Auftrags wird also letztendlich nicht durch einen höheren Stundenlohn bezahlt, sondern durch mehr Zeit, aber konstantem Lohn - was letztendlich auch absolut gerecht ist, denn es ist ja vollkommen egal, ob ich eine Stunde lang HTML-Code von sinnlosen Tags reinige (eine eher stupide Arbeit, bei der ich ständig den Validator befrage und im Prinzip nur rauslösche und korrigiere, was ihn stört), oder ob ich eine Stunde lang anspruchvolles Datenbankdesign, PHP-Programmierung oder sonst etwas schwieriges mache - bei beiden Dingen arbeite ich jeweils eine Stunde und möchte die auch bezahlt kriegen, denn ich würde ansonsten wohl eher die einträglichen und gut bezahlten Stunden mit DB-Design zubringen wollen, als stupide Codereinigung machen, weil das pro Stunde mehr bringen würde. Die laufenden Kosten aber sind, vollkommen unabhängig von dem Level des Anspruchs der Aufgabe, identisch - egal ob ich eine Stunde intensiv und hochwertig arbeite, oder ob ich die Stunde nur rumsitze und Däumchen drehe. Deshalb ist auch der Preis pro Stunde gleich, unabhängig von der Aufgabe.

Also eine Beispielrechnung wäre toll. Mein Bekannter möchte einen online Shop haben. Habe keine Ahnung wie ich ihm einen Angebot machen könnte. Kann ihm ja schlecht vorrechnen wieviel mein Monitor an Strom frisst und wieviel ich Miete zahle.

Nein, das rechnest du ihm natürlich nicht vor. Aber damit du einen Eindruck bekommst, was du tatsächlich verlangen müßtest, mußt du natürlich erst mal deine Kosten kennen.

Und das beginnt damit, dass du bestimmst, was du dir in deiner eigenen Firma an Gehalt zahlen willst. Für nebenberufliche Tätigkeit ist sowas natürlich nicht ganz so leicht zu bestimmen, weil du ja schließlich noch einen Job hast, der dich ernährt - aber an dessen Lohnniveau kannst du dich ja durchaus orientieren.

Angenommen, du arbeitest normal 40 Stunden in der Woche, und willst noch 10 Stunden nebenbei arbeiten, dann würdest du als Verdienst ein Viertel deines Bruttolohns des Hauptjobs ansetzen.

Bei einer hauptberuflichen Selbständigkeit kommt auf den Bruttolohn noch einmal die gleiche Summe für Sozialabgaben (Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung etc.) dazu - das zahlt dein Arbeitgeber nämlich noch zusätzlich zu deinem Lohn - du mußt das also selbst zahlen, wenn du dein eigener Chef bist, zumindest erstmal rechnerisch.

Was du sonst noch so an Kosten hast bzw. ansetzen willst, bleibt dir natürlich selbst überlassen, jedenfalls was Miete, Arbeitsmittel, Auto etc. angeht. Hier über den Daumen zu peilen schadet sicher nicht, und im Endeffekt haben kleine Abweichungen hier auch gar nicht so große Auswirkungen auf das Endergebnis.

Am Ende hast du eine Summe an Kosten deiner Unternehmung für das gesamte Jahr (also Jahressummen für alle Einzelposten nehmen, auch für Gehalt, Versicherung etc.)

Dann rechnest du aus, wieviele Stunden im Jahr du arbeiten kannst. Das Jahr hat 52 Wochen.

Davon ziehst du gewisse Zeiten ab, die du nicht produktiv bist: 6 Wochen Urlaub, 2 Wochen Krankheit. Bleiben 44 Wochen. Grob ein Drittel der Zeit arbeitest du nicht bezahlt für Kunden, sondern "organisatorisch", schreibst also Rechnungen etc. Bleiben 30 Wochen. In jeder Woche arbeitest du 10 Stunden, im Jahr also 300 Stunden.

Und jetzt teilst du deine Jahreskosten durch diese 300 Stunden und erhälst den Mindestlohn, den du pro Stunde nehmen mußt, um deine Kosten zu begleichen.

Stark in Richtung "günstig" beeinflussen dürfte dich, dass du dich im Prinzip nicht nochmal selbst versichern mußt, weil das über deinen Hauptjob abgedeckt ist. Du sparst an dieser Stelle also Kosten ein - wenn du die aber aus deinem Preis rausrechnest, hast du zwar den Vorteil, erheblich günstiger als andere Anbieter zu sein, die voll von ihrem Job leben müssen, andererseits hast du ein Argumentationsproblem, wenn du dich später doch mal entscheidest, voll einzusteigen. Dann sind deine Kunden deine niedrigen Preise gewohnt und sehen überhaupt nicht ein, wieso du auf einmal so teuer sein willst.

Könntest du mir mal ein Beispiel geben? Sagen wir eine kleine Homepage mit Impressum, Wir über uns, Kontakt, AGB, Links php/mysql shop mit 200 Produkten.

Eine Homepage will entworfen werden - daran sitzt ein Grafiker vielleicht ein oder zwei Tage. Die Umsetzung des Entwurfs in HTML dauert, je nach Komplexität, vielleicht einen halben bis einen Tag. Das befüllen mit Inhalt (die Seiten einfach nur statisch duplizieren, ohne irgendein Template-System dahinter) ist in einem halben Tag abgehandelt. Das spannende ist der Shop: Hast du schon Software, die du kennst und problemlos einsetzen kannst, oder mußt du das selbst schreiben? Wie aufwendig soll das werden, also: Superoberfläche auch im Admin- und Kundenloginbereich mit komplexer Auftragsverfolgung und Abrechungssystem, oder ein simples "Waren sammeln und Formmailer anschmeißen für die Bestellung"-System? Abhängig davon kann man an einem Shop (wobei es vollkommen egal ist, ob darin nur genau 1 Artikel oder 1 Million Artikel angeboten werden) entweder ganz kurz (Download der Software, kurze Anpassung der Templates, Einfügen der Artikel, Upload - fertig) oder ganz lange (individuelle Anpassung) sitzen.

Das interessante an deiner Aufgabenbeschreibung ist: Der Shop ist das Aufwendigste, aber anteilsmäßig am Kürzesten. Die simplen Seiten, die absolut kein Problem darstellen, werden hingegen ausgewalzt. Eigentlich muß das genau anders herum sein: Du willst einen Shop mit Features A, B und C, außerdem noch D und E machen...blahblah...Und noch ein paar statische Seiten (die sich praktisch von selbst erledigen, denn wenn der Shop ein vernünftiges Templatesystem und Design hat, dann ist es kein Problem, dort noch ein paar statische Seiten unterzubringen und zu verlinken, das geht praktisch nebenbei - "Textinhalte einfügen - ein halber Tag").

Wüsste nicht was man dafür nehem könnte. Auch nicht ungefähr.

Kennst du Handwerkerstundenlöhne? Das ist ein Orientierungspunkt, sicherlich eher die obere Grenze. Die untere Grenze liegt bei 0. :)

Die Frage "Was könnte ich nehmen" ist außerdem kaum so absolut zu beantworten. Du kannst auch einen Euro nehmen, das ist absolut kein Problem. Das ist eben die Marktwirtschaft, die hier voll zuschlägt: Du bist in deinen Forderungen wirklich absolut frei, dein Kunde ist aber auch absolut frei, darauf nicht einzugehen. Und solange du nicht darauf angewiesen bist, von den Einnahmen wirklich zu leben, solange kannst du es dir sowohl leisten, einen Auftrag nicht zu kriegen, als auch für weniger Geld zu arbeiten, als du eigentlich laut deiner Kostenrechnung nehmen müßtest, wenn du dem Kunden (warum auch immer) einen Gefallen tun möchtest.

- Sven Rautenberg