Hallo,
Seit längerem halte ich mich schon etwas aus "forumsfremden" Diskussionen heraus, aus dem einfachen Grund, daß man sowieso nicht mehr richtig sagen kann, was man denkt.
Dazu habe ich mich bereits geäußert.
Statt den - anscheinend offensichtlichen - Inhalt zu diskutieren wird immer mehr - und das hat im Laufe des letzten Jahres wirklich zugenommen - auf sprachliche Spitzfindigkeiten geachtet, was dann zur Diskussion dessen führt, was eine Formulierung alles implizieren könnte, wenn man's denn nur hineininterpretieren möchte,
Ich finde ein solche Diskussionen zumeist wichtig, notwendig und angebracht, weil ich immer wieder sehe, welche Missverständnisse entstehen, wenn ein Teilnehmer seine Äußerungen nicht auf fragwürdige Implikationen und darüber hinaus unterschwellige Mitteilungen überprüft. Ich finde es ein richtiges Ziel, darauf hinzuarbeiten, dass sich die Teilnehmer dessen bewusst werden, dass die Form einer Äußerung ein ebenso bedeutsamer Teil der Mitteilung ist, wie der dadurch ausgedrückte Inhalt bzw. dass die Form ebenfalls Inhalt bildet. Es ist nicht egal und auch nicht nachrangig, wie jemand eine Vorstellung/Idee bzw. einen Standpunkt benennt und zum Ausdruck bringt.
oder was die Nutzung (extra nicht "Wahl") des einen oder anderen Wortes für einen Niveau-Einbruch, für eine spezielle "Qualität der Aussage" etc. bedingt.
Die Unterscheidung zwischen Nutzung und Wahl verstehe ich nicht.
Das trifft weniger die "neuen" als viel mehr die "alten", an die aus mir unbekannten Gründen ein besonderer Anspruch an die Qualität ihrer Formulierungen gestellt wird.
Vielleicht weil man m.E. zu Recht von ihnen erwartet, dass sie über ihre Sprachbenutzung reflektieren (bzw. diese Reflexion konsequent fortführen, denn sie benutzen die Sprache sowieso bewusst als Mittel zum Zweck) und entsprechend rhetorische Ungetümer, Killerphrasen und Vereinfachungen erkennen in ihren Argumentationen zu vermeiden suchen.
Frei nach dem Motto: "Was er sagt ist nicht so wichtig wie er es sagt" (übertrieben formuliert).
Warum das nicht voneinander zu trennen ist und miteinander bewusst, das heißt mit Absicht des Sprechers, verquickt ist, habe ich bereits gesagt.
Vielleicht ist es ja nur eine der absurden Auswirkungen der sog. "political correctness", die hier jetzt auch das Forum erfasst.
Das fehlte natürlich noch, dass jemand in diese Kerbe schlägt.
Oder es ist eine schlichte Überbewertung der Sprache an sich.
Wenn alles jenseits der Nichtbeachtung der Sprache, insbesondere der Rhetorik in Diskussionen, für dich bereits Überbewertung ist, dann mag dies stimmen.
Was mich auch ab und zu nervt, das ist das von Dir erwähnte Gejammer, wie toll und wie viel besser früher alles war. In einem Punkt muß ich aber den "Jammerern" teilweise zustimmen: Vielleicht konnte man hier früher nicht "besser" disktuieren - aber "einfacher" war es schon.
Für mich ist »einfacher« in diesem Kontext nicht notwendigerweise etwas Positives und »schwerer« bzw. »komplizierter« nicht notwendigerweise etwas Negatives. Ich halte es in gewisser Hinsicht durchaus für begrüßenswert, dass vieles nicht mehr so einfach bzw. (abwertend) eindimensional abläuft wie früher. Das lässt sich von verschiedenen Seiten bewerten.
Ich kann zwar verstehen, dass jemand mit bestimmten, relativ gleichbleibenden Erwartungen in das Forum kommt und entsprechend enttäuscht ist, wenn diesen nicht mehr entsprochen wird und, aber eine dermaßen absolute Reaktion darauf, dass das Forum und seine Bewohner innerhalb von 4-6 Jahren einem Wandel unterlagen (was nicht verwunderlich ist), bleibt mir unverständlich (ganz zu schweigen vom Pessimismus, der sich selbst überhöht und bemitleidet). Insofern finde ich die Erwartung, auf eine kontinuierliche Einfachheit zu treffen, ziemlich unangebracht.
Dass alles vielschichtiger wurde, auseinanderlief und sich fragmentierte, dass sich die »öffentliche Meinung« und die diese gestaltenden Akteure geändert und gewechselt haben, bringt selbstverständlich Konflikte hervor. Diese müssen entsprechend abgearbeitet und ausgestanden werden. Sich dem zu entziehen, vor dieser Entwicklung zu kapitulieren, sich jenseits davon positionieren und demonstrativ »auszusteigen«, ist natürlich -- einfach.
Mathias