Sven Rautenberg: Im Titel "Das Teil - ähnlich dem der Konkurrenz"

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Moin!

neulich habe ich für nen "Kunden" eine Seite erstellt. Hab darin (zum besseren Listing in Suchmaschinen) in den Titel (Beispielhaft) "Kontakte, ähnlich dem Chat to people - System" reingeschrieben.

Die Sache ist die: Wie du selbst zugibst, hast du eine Abwandlung des Produktnamens deshalb mit eingebaut, um bei Suchmaschinen besser gelistet zu werden.

Das ist im Grundsatz her verwerflich. Denn du schmückst dich mit fremden Federn.

Allerdings: Wenn die gegnerische Firma nur ein Markenzeichen für "Chat2people" hat, und du lediglich "Chat to people" reingeschrieben hast, dann kann man sich vor Gericht (unter Beachtung des Kostenrisikos!) natürlich trefflich streiten, ob hier eine unerlaubte Fremdbenutzung des Markennamens vorliegt.

  1. Unterlassungsaufforderung.

Wenn du die Unterlassungsaufforderung unterschreibst, verschlechterst du nach meiner Auffassung (aber: IANAL) deine rechtliche Position. Insbesondere wenn du darin ein Strafversprechen abgibst, mußt du bei erneutem Verstoß zahlen, vollkommen unabhängig davon, ob die ursprüngliche Begründung zutreffend war, oder nicht.

  1. 1800EUR Anwaltskosten (50000EUR Streitwert!?)

Das Problem dürften auch diese Kosten sein. 50.000 Euro Streitwert ist in Markenrechtsfragen normal. Davon berechnen sich 1800 Euro Rechtsanwaltsgebühren für das Tätigwerden, auf die der Anwalt nicht verzichten wird.

Wenn du also nicht nur die andere Firma glücklich machen willst, indem du die Texte abänderst, sondern auch den Rechtsanwalt, dann zahlst du entweder die Gebühren, oder du kämpfst den Streit vor Gericht aus. Ich würde es für unwahrscheinlich halten, dass sich die Gegenseite auf einen Gebührenverzicht einläßt, wenn sie schon direkt einen Rechtsanwalt beauftragt.

Vor Gericht wird dann zu klären sein, ob "Chat2people" == "Chat to people", und ob der umgebende Text tatsächlich so böse formuliert war, dass man dagegen vorgehen kann/muss/darf.

Darf man die Markenrechtlich geschützten Begriffe _gar_ nicht verwenden? Also darf keiner das Wort "Tempo" in den Mund nehmen.

Tempo ist ein Wort für Geschwindigkeit. Und für Taschentücher. Und außerdem das Problem, dass dadurch der Markenname sehr stark als Allgemeinbegriff vereinnahmt worden ist. Tempo ist als Markenname praktisch zum Synonym für "Taschentuch" geworden, obwohl die Tatsache, dass es sich um eine Marke handelt, noch allgemein bekannt sein dürfte.

Eine Marke, die nicht soviel Glück hatte, ist "Fön". Dieser Begriff steht allgemein für "Haartrocknehandgerät" (oder wie auch immer man die Dinger bezeichnen will), die Tatsache, dass es eigentlich ein geschützter Markenname war, ist aber mittlerweile vollkommen unbekannt. "Fön" ist daher nicht mehr markenrechtlich geschützt, bzw. wäre kaum noch als Marke vor Gericht zu verteidigen - das ist auch ein Grund, warum Firmen gezwungen sind, entsprechende Verletzungen relativ unflexibel gleich mit der groben Kelle anzugehen. Wer seinen Markennamen nicht verteidigt, der verliert irgendwann die Ansprüche darauf.

- Sven Rautenberg

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"Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" (Immanuel Kant)