Hi Axel,
Hm, der Islam? Oder eine Fehlinterpretation von "Rechtgläubigkeit", "Ehre" und "Reinheit"? ...
Jede Religion ist Resultat einer Reihe von Interpretationen und Beschlüssen, es gibt keine "wahre" Religion "hinter" diesen historisch gewachsenen Gebilden.
Doch ;-), aber das ist eine andere Diskussion. Und nein, eine "wahre" Religion, im Sinne von wahrer als alle anderen und deshalb besser als alle anderen ist es nicht. Es ist eher eine Essenz des Guten aus allen anderen, kombiniert mit aktuellen Ergebnissen der Wissenschaft.
Sinngemäß und frei nach Nietzsche: Wir haben die wahre Welt zerstört und damit auch die Welt des Scheins. Eine heilig-nüchterne Religion, die sich mit den neuesten Errungenschaft der Wissenschaft "verständigen" soll, entspricht den Vorstellungen vieler moderner Protestanten. Vielleicht kann Religion zu Leben, Bewusstsein und Tod aber nur etwas Zusätzliches sagen, wenn sie auf die Wissenschaft pfeift und eher auf die alten Mythen, Wunder und Gotteserlebnisse setzt, vielleicht wäre die Priorität des Menschen gegen alle Berechnungen der verwissenschaftlichen Welt ein anderer guter Ansatz, aber Du sagtest es schon, das ist eine andere Debatte.
Inwieweit sich die Dschihadis zu Recht oder zu Unrecht auf den Koran und den Islam berufen, ist nicht leicht zu entscheiden.
Allerdings hatte auch das Christentum Phasen, wo so etwas geglaubt und gelebt wurde. Paradoxerweise war die arabische Welt in jener Zeit viel aufgeklärter.
Was der islamischen Welt helfen könnte, wäre eine Reformation, die die Religion zeitgemäß aktualisiert, es gibt auch Ansätze dazu, aber gerade die Menschen, die so etwas wagen, stehen unter enormem Druck.
Es gibt aber Gründe, warum islamische Länder und Gruppen nach innen und außen besonders häufig in gewaltsame Auseinandersetzungen verwickelt sind.
Ja, aber liegen die Gründe in der Religion, bzw. anders gefragt, reicht es, wenn man den Moslems ihre Religion ausredet? Geht das überhaupt?
Die tiefe Gläubigkeit der europäischen Welt des Mittelalters hat den Menschen niemand ausgeredet, eher sind die industrielle Revolution und andere Modernisierungen über sie hinweggerollt. Dennoch waren Denker wie Voltaire und andere wichtig, die den Mut hatten, die zerstörerischen Elemente des Glaubens unter Beschuss zu nehmen und in den Köpfen Plaz zu schaffen für eigenes Denken.
Was man bei aller Kritik am radikalen Islam aber nicht aus den Augen verlieren darf, ist der Wahnsinn der westlichen Welt, der extrem zerstörerische Charakter gerade ihrer tollen Logik und Vernünftigkeit. Die Waffen, mit denen man sich und uns beschießt, sind unser Produkt und wenn man wagt, einmal genau hinzuschauen, schießt unsere Vernunft fast überall mit.
Muss man nicht vielmehr auch hier darauf bauen, dass aufgeklärte Mehrheiten ihre Religion so interpretieren, dass ein Zusammenleben auch mit Anders- und Ungläubigen möglich ist?
Ja, das wäre eine Hoffnung. Hier und anderswo würden auch konkrete Perspektiven für die Jugendlichen aus muslimischen Familien und eine Integration in dem Sinne, dass man die Migranten und ihren ganz normalen Wahnsinn akzeptiert und damit lebt, helfen.
Gewaltfreiheit ist eine Grundnorm. Wer dagegen verstößt, stellt sich außerhalb unserer Gemeinschaft und wird bestraft werden.
Wer aber bestraft die, die wirklich über die Machtmittel verfügen und sie auch anwenden? Vielleicht wäre Rechtsstaatlichkeit ein realistischeres Ziel als völlige Gewaltfreiheit, aber auch da gibt es nicht nur den Iran und China, sondern auch Guantanamo und diverse Geheimgefängnisse...
Viele Grüße
Mathias Bigge