2.) Die Pointe, dass Sokrates dann eben doch etwas weiss, lassen wir mal weitgehend unbeachtet.
Auf diese Pointe gehst du aber nicht ein. Warum?
Tut nichts zur Sache die Pointe. Sokrates will ganz anscheinend sagen "Ich weiss nur, dass ich nichts weiss.".
3.) Sokrates weiss also nur, dass er nichts weiss.
Sokrates *sagt*, dass er wisse ...
Naja, vielleicht irrt Sokrates ja, vielleicht weiss er doch mehr als er angibt. Vielleicht lügt er sogar. Nur: Die sicherlich interessanten Fragestellungen tun hier nichts zur Sache. Stelle Dir einfach einen Sokrates vor, der nicht lügt und zudem Recht hat mit seiner Aussage.
5.) Punkt 4 impliziert das Vorhandensein eines Systems.
Nein.
Wenn der Satz "Etwas ist" gilt, haben wir etwas Zusammenhängendes, sowas darf man System nennen.
6.) Dieses System ist entweder ein angewandtes oder erdachtes.
Oder ein beobachtetes, von einem Beobachter erster oder zweiter Ordnung.
Ein beobachtetes System ist ein angewandtes System.
7.) Ersteres ist wahrscheinlicher, aber zunabhängig davon können wir axiomatisch die Existenz eines wie auch immer gearteten Systembetreibers ausserhalb des in Punkt 5 genannten Systems fordern, denn sowohl angewandte als auch erdachte Systeme erfordern diesen.
Schon mal etwas von autopoietischen Systemen gehört? Oder mal an geschlossene Systeme gedacht, auf die ein aussenstehender Systembetreiber keinen Einfluss hat.
Es handelt sich wohlgemerkt um eine axiomatische Forderung. Selbstverständlich stellt diese naturgemäss den Schwachpunkt der Argumentationskette dar. Aber vermutlich den einzigen.
8.) Diesen Systembetreiber kann nicht Sokrates sein, denn der weiss ja nichts, wir nennen den Systembetreiber also Nicht-Sokrates (oder bedarfsweise Gott).
Hat Sokrates irgendwie behauptet, Gott zu sein, ob als Wissender oder Unwissender? Immerhin hat er mit seinem berühmten Satz aber gesagt, dass er nicht wisse, ob ein Gott existiere.
Sokrates ist nicht der Systembetreiber, das wissen wir. (BTW - nimm den Satz nicht so superernst.) Das ist nicht der Punkt.
Siehst Du irgendwelche Fehler? Ergänzungen?
Diese Aussage von Sokrates steht in einem historischen Zusammenhang, den du unberücksichtigt lässt.
Ich relativiere ungern.
Die Behauptung, über keinerlei Wissen zu verfügen, gehörte damals zum Schlimmsten, was ein Mensch behaupten konnte. Dies *wusste* Sokrates.
Er hat doch recht, bis auf diesen einen kleinen Punkt, der hier erörtert wird.