Hallo!
Tut nichts zur Sache die Pointe. Sokrates will ganz anscheinend sagen "Ich weiss nur, dass ich nichts weiss.".
Doch, die Pointe ist, dass nicht Präsident Bush oder die Bundeskanzlerin diesen Satz gesagt hat, sondern Sokrates. Was er damit wirklich sagen wollte, bleibt reine Spekulation. Du biegst dir den Sinn lediglich passend zurecht für deine Argumentation.
Naja, vielleicht irrt Sokrates ja, vielleicht weiss er doch mehr als er angibt. Vielleicht lügt er sogar. Nur: Die sicherlich interessanten Fragestellungen tun hier nichts zur Sache. Stelle Dir einfach einen Sokrates vor, der nicht lügt und zudem Recht hat mit seiner Aussage.
Dann redet Sokrates wie ein radikaler Konstruktivist.
Wenn der Satz "Etwas ist" gilt, haben wir etwas Zusammenhängendes, sowas darf man System nennen.
Wenn laut Heraklit sich alles bewegt, kann laut Parmenides nichts sein. Beides nennt sich dann System. Irgendetwas wird schon sein und sich auch bewegen in der Welt, nur wissen wir nicht so genau was. Ist für einen radikalen Konstruktivisten doch kein Problem. Wie du allerdings vom Wissen um das Nichtwissen des Sokrates zum Sein, zum "Etwas ist" gelangst, dürfte selbst für das Orakel rätselhaft bleiben.
Ein beobachtetes System ist ein angewandtes System.
Ein System ist kein real existierendes Ding. Erst durch die Beobachtung werden System konstruiert. Es ist aber wesentlich, ob der Beobachter Teil des Systems ist oder nicht. So etwas wie neutrale und unabhängige Beobachtung gibt es so oder so nicht. Und du ignorierst die Funktion autopoietischer Systeme mit ihrer strukturellen Kopplung offenbar völlig.
Es handelt sich wohlgemerkt um eine axiomatische Forderung. Selbstverständlich stellt diese naturgemäss den Schwachpunkt der Argumentationskette dar. Aber vermutlich den einzigen.
Du importierst einfach die komplexen Probleme der Axiomatik in ein an sich einfaches Denkschema. Wie willst du denn zu deinen Axiomen gelangen? Selbst in der weichen Form nach Hilbert scheiterst du an der fehlenden Widerspruchsfreiheit, weil du die Existenz geschlossener Systeme nicht ausschliessen kannst. Mit den Grundsätzen a priori nach Kant wird das wohl auch nichts, schon weil du Kant für dumm hälst. Und nach dem Verständnis des Konstruktivismus solltest du einen konkreten Sinn nennen können, was aber schwierig ist bei einer Fragestellung, die Konstruktivisten für grundsätzlich sinnlos halten.
Diese Aussage von Sokrates steht in einem historischen Zusammenhang, den du unberücksichtigt lässt.
Ich relativiere ungern.
Konkret wirst du aber auch nicht. Was hat der Satz des Sokrates "Ich weiss, dass ich nichts weiss" mit der Frage zu tun, ob es ausserhalb von Systemen einen Systembetreiber, ersatzweise Gott genannt, gibt? Wenn du die Frage schon stellst, solltest du auch den Mut haben, dich dazu zu äussern. Oder willst du einfach sagen: "Ich weiss, dass ich es nicht weiss"?
Mit besten Grüssen
Richard