Stonie: Callcenter, Vorgesetzte und dämliche Kunden...

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Guten Morgen Patrick,

grundsätzlich: Wenn es dir oft passiert, dass Kunden anrufen, die Dinge wollen, die im Widerspruch zu den AGB stehen, dann darfst du davon ausgehen, dass die Produkte, die dein Arbeitgeber verkauft, in einer Weise beworben werden, die nicht klar werden lassen, was in den AGB steht. Das ist weder dein Fehler noch der des Kunden und es ist verständlich, wenn der Kunde an sich dann enttäuscht ist - er hat sich nämlich getäuscht (um es mal milde auszudrücken).

Wenn es dir häufig passiert, dass die Kunden, die nicht zufrieden sind, weil sie Leistungen von deinem Arbeitgeber erwarten, die nicht mit den AGB in Einklang stehen, auf deine Erklärung hin deinen Vorgesetzten sprechen möchten, dann hast du ein Problem mit der Vermittlung der Inhalte, die du vermitteln sollst. Das ist vorneweg erstmal nicht deine Schuld, normalerweise wird man in Callcentern auf solche Fälle ordentlich vorbereitet und entsprechend geschult.

Sicher kann es nervenzerfetzend sein, wenn man ans Telefon geht und da ist schon wieder einer dran, der nur motzt, meckert und fordert. Entscheidend ist die Art, wie du damit umgehst. Ich persönlich habe in den gut vier Jahren, in denen ich an einer Hotline gearbeitet habe, immer versucht, in Freundschaft von meinem Kunden zu scheiden. Die Gespräche, in denen ich jemanden von der Decke kratzen musste, weil er unzufrieden war oder nicht zurechtkam und in denen ich es geschafft habe, mich von einem Menschen zu verabschieden, der fürderhin in der Überzeugung lebte, dass er bei uns gut aufgehoben sei und jede auch noch so skurrile Frage ihre Antwort findet, als persönlichen Erfolg betrachtet. Das ist am Anfang entsetzlich schwierig, je mehr Übung man hat, desto leichter wird's und desto weniger nerven die Kunden.

Eventuell hilft es, wenn du dir klarmachst, dass die Leute, die dich anrufen, einfach hilflos sind und Hilfe benötigen. Das ist eine emotionale Stress-Situation, auf die Menschen gerne mal mit Wut reagieren - wer stellt sich schon gern der Erkenntnis, dass er keine Kontrolle über seine eigene Situation hat? Wenn diese Leute sich also von dir an deinen Vorgesetzten weitervermitteln lassen, bedeutet das nicht mehr und nicht weniger, als dass sie der Ansicht sind, dass du ihnen bei der Wiedererlangung der Kontrolle über die Situation keine Hilfestellung leisten kannst (oder schlimmstenfalls meinen sie, dass du es gar nicht willst). Solche Ereignisse habe ich für mich immer als persönlichen Mißerfolg gewertet. Der Vorgesetzte hat natürlich nichts besseres anzubieten als du und wenn er dem Kunden dasselbe noch einmal in anderen Worten mitteilen muss, darfst du damit rechnen, dass diese weitere Enttäuschung deinen Arbeitgeber einen Kunden kostet - das nagt auf Dauer an deinem Arbeitsplatz.

Also, handle einfach nach dem Prinzip "it's not a bug, it's a feature", mach' dem Kunden klar, wo er sich geirrt hat und weswegen es trotzdem vorteilhaft für ihn ist, das Produkt weiterhin zu verwenden, das sichert deinen Arbeitsplatz, sorgt für einen entspannten Feierabend und dafür, dass dein Teamleiter sich um die Aufgaben kümmern kann, die er zu erledigen hat, damit du in Ruhe und Gelassenheit arbeiten kannst.

Sicher wirst du hier und da mal bei einem Kunden vor die Wand laufen, das passiert jedem. Aber du solltest schon auf längere Sicht eine deutliche Abnahme derjenigen Fälle sehen, die du an deinen Chef durchstellst. In Summe sehe ich also keinerlei Grund zum Schmunzeln, sondern deutliche Optimierungsmöglichkeiten in eueren Arbeitsabläufen.

File Griese,

Stonie

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It's no good you trying to sit on the fence
And hope that the trouble will pass
'Cause sitting on fences can make you a pain in the ass.
Und im Übrigen kennt auch Stonie Wayne.