Lieber Ole,
Dazu kommt, dass in den 10 Jahren die technische Entwicklung ja auch weiter geht, sowohl Hard- als auch Software. Selbst wenn der Produktzyklus eines solchen Gerätes 2 Jahre beträgt (aktuelle Tablets haben einen von eher 6-9 Monaten) würden 5 Generationen dieser Tablets parallel im Schulsystem eingesetzt werden die allesamt untereinander zu 100% kompatibel sein müssen.
dazu als Beispiel nur die grafikfähigen Taschenrechner (GTR) bei uns an der Schule: Die Technik ist aus den späten Achtzigern. Also gut und gerne 35 Jahre alt. Längst gibt es Programme für PC und Apps für Mobilsysteme, um diese Geräte zu emulieren. Trotzdem müssen sie in dieser Form hergestellt werden, da sie sonst den Schülern Möglichkeiten bieten, die ihnen zu Lernzwecken verwehrt werden müssen.
Unser Mathelehrer hat in der Unterstufe darauf bestanden, dass wir die Zahl Pi mit vier Nachkommastellen rechnen, anstatt mit den im Buch geforderten zwei. Alternativ durften wir den Näherungswert 22/7 benutzen, damit unsere grauen Zellen trainiert werden.
Das ist Didaktik. Das andere sind technologische Machbarkeiten. Die Schnittmenge ist das, was es ganz genau zu erforschen gilt, was sich aber durch den rasanten technischen Fortschritt ständig verändert, sodass sich hier kaum jemand festlegen kann.
Ein Beispiel aus der Praxis: Wir wollen in allen Unterrichtsräumen Beamer, Lautsprecher und einen Laptop mit Anschluss an das Schulnetzwerk (mit Internet) haben. Welchen Beamer nehmen? Mittlerweile gibt es wohl Beamer, deren Anzeige man mit einem "Stift" wie bei einer Tafel "beschriften" kann. Cool? Wir ersetzen also kurzerhand den Einsatz von Kreide und Schwamm durch einen hohen elektrischen Energieverbrauch. Zudem muss ich als Lehrkraft natürlich so groß wachsen, dass ich mit meinen Armen und Händen auf die Höhe der Projektionsfläche heranreiche, denn wenn ich das Beamerbild auf die Höhe meiner aktuellen Körpergröße senke, sieht man von den Sitzen der Schüler aus nicht mehr viel. Eine Tafel kann man hoch und runter schieben. Immer noch cool?
denn Schule darf keine Insel sein.
Das kommt darauf an. Bei den Taschenrechnern gerade doch. Bei den verwendeten Betriebssystemen auf Schulrechnern, bei der dort aufgespielten Officesuite vielleicht ... auch? Sicherlich muss eine Schule der Sekundarstufe "auf das berufliche Leben vorbereiten". Da in Firmen sicherlich nach wie vor ein MS Office irgendeiner Version zum Einsatz kommt, werden Schulen wohl kaum darauf bestehen können, dass sie ausschließlich ein freies Office einsetzen, dazu vielleicht noch ausschließlich auf einem freien Betriebssystem. Aber setzt da nicht "Medienkompetenz" an, dass eine Schülerperson in der Lage ist, sich auf verschiedenen Plattformen und unter verschiedenen Umständen zu helfen?
Dann haben wir noch die soziale Komponente.
Gesellschaft, Moral, Höflichkeit... An lateinamerikanischen Unis ist es wohl nicht unhöflich oder gar ein No-go, wenn des Professors Mobiltelefon klingelt - er wird es beantworten. An unserer Schule in einer Gesamtlehrerkonferenz ist es ein No-go. Damit Cyberbullying etwas eingedämmt wird (wie sollen wir das als Schule gänzlich kontrollieren?), ist ein Mobiltelefon beim Betreten des Hauses auszuschalten (herunterzufahren). Wer das Haus verlässt (und das ist bereits auf dem Schulhof so), darf es einschalten und benutzen.
Die Aktuell besten Schulbücher in Deutschland zu digitalisieren, wäre doch kein Akt. Wieviel Bücher wären das derzeit, 8 - 10?
Je nach Fach benötigst du diese pro Lehrjahr.
Die Verlage werden diese Schulbücher kaum in nicht-elektronischer Form erstellt haben. Daher wäre eine digitale Ausgabe nur eine Frage der technischen Konvertierung. Da Verlage aber andere Denkmodelle als Schüler oder Lehrer hinsichtlich Marktsituation haben, wird der Weg aus dem Mittelalter noch eine gehörige Weile zu gehen sein. Aber das ist ein anderes Thema.
Um die Schulausbildung bundesweit vergleichbar zu machen müsste also die Lehrerausbildung, die Lehrpläne und Lehr- und Lernmittel vereinheitlicht und die Schulformen konsolidiert werden. Das würde nur gehen, wenn die Zuständigkeiten der Länder auf den Bund übertragen werden würden.
Und ich habe das vermutlich noch lange nicht zu Ende gedacht ... der Rattenschwanz ist riesig.
Stichwort "Gemeinschaftsschule" und "Einheitslehrer". In Baden-Württemberg ist das gerade ein heißes Eisen. Wir haben hier wirklich den Verdacht, dass das dreigliedrige Schulsystem (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) zugunsten eben dieser Gemeinschaftsschule aufgegeben werden soll. Dazu passend wird dann auch die Lehrerausbildung angepasst werden. Und wenn man den Kritikern Glauben schenken darf, steht dahinter eine finanzielle Absicht, die Bildungsqualität gezielt ignoriert.
Nichts desto trotz ist das eine oder andere schon lange überfällig und es gibt zum Glück Menschen die viel Energie da rein setzen diese Prozesse voran zu bringen.
Ja, wenn es nur so einfach wäre...
Liebe Grüße,
Felix Riesterer.
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