Linuchs: Politik: Alternatives Wahlverfahren

Moin,

habe eine Idee gelesen, die zur Diskussion Anlass gibt:

Ein politisches System, das seine Verteter nicht wählt, sondern (zufällig) beruft. Das beruht auf den Gedanken, dass sich bestimmte Menschen in einem Wahlsystem zur Wahl stellen und das diese nicht zwangsläufig gut für die Nation sind. Sprich: machtgeile Ärsche. Die Leute mit Visionen, Ideen etc. werden in ein Wahlsystem rausselektiert und es bleiben die Arschkriecher übrig, die auf dem Weg nach oben -vielleicht anfangs vorhandene- Visionen, Ideen aufgeben/verraten etc.. Bei einer zufälligen Berufung eliminiert man diesen Bias, insofern die Leute nicht systematisch annehmen oder ablehnen.

Es gäbe keine Parteien und damit keinen Parteienzwang, sondern die Diskussion würde in dem Mittelpunkt politischer Entscheidungsfindung treten.

Zunächst mal eine ungewohnte Idee, an einer Wahl-Lotterie teilzunehmen und vielleicht den gutbezahlten Posten des Kanzlers, Präsidenten oder Abgeordneten zu gewinnen. Gab es das schon mal irgendwo, dass man einen Job gewinnen kann?

Und dann - keine Parteien? Wer sagt dann den Abgeordneten, wie sie abzustimmen haben? Die meisten haben doch keine Idee, über was sie abstimmen. Genauer: Die Zeit kann gar nicht reichen, alle Druckschriften zu lesen, zu verstehen, sich vielleicht noch zusätzlich zu informieren und dann ausgiebig zu diskutieren. Also mehr Macht für die Lobbyisten?

  1. Gab es das schon mal irgendwo, dass man einen Job gewinnen kann?

    Garantiert. Und zwar wurde eine höchst angenehme Arbeit angeboten, für die man dem Vernehmen nach weder Zeit, Kraft noch Wissen benötigte, bei welcher man sich, so die Angaben, weder schmutzig machte noch anderer Unbill ausgesetzt war.

    Leider waren die Lose nicht ganz billig und die Lotteriebetreiber sind seit dem Tag der Auslosung aus irgendeinem Grund nicht auffindbar...


    Feiertage - beta ist bei 0.7

  2. Die Leute mit Visionen, Ideen etc. werden in ein Wahlsystem rausselektiert und es bleiben die Arschkriecher übrig, die auf dem Weg nach oben -vielleicht anfangs vorhandene- Visionen, Ideen aufgeben/verraten etc.. Bei einer zufälligen Berufung eliminiert man diesen Bias,

    Aha! Und wer selektiert/eliminiert?

    Sind ja wirklich "gutklingende" Wörter... Ein Herr Mengele soll sich sehr für dieses Wahlsystem interessieren. Er wäre gerne "man".


    Feiertage - beta ist bei 0.7

  3. Hallo,

    Zunächst mal eine ungewohnte Idee, an einer Wahl-Lotterie teilzunehmen und vielleicht den gutbezahlten Posten des Kanzlers, Präsidenten oder Abgeordneten zu gewinnen. Gab es das schon mal irgendwo, dass man einen Job gewinnen kann?

    vielleicht nicht auf dem politischen Parkett, aber die Floskel "bei mehr Bewerbern als verfügbaren Stellen entscheidet das Los" ist mir nicht grundsätzlich fremd.

    Und dann - keine Parteien?

    DAS wäre mal ein echter Fortschritt.

    Wer sagt dann den Abgeordneten, wie sie abzustimmen haben?

    Die Theorie besagt auch in Deutschland, dass die Abgeordneten in ihren Entscheidungen ausschließlich ihrem Gewissen verantwortlich sind. Problem ist nur, dass viele von denen gar kein Gewissen haben.

    Die meisten haben doch keine Idee, über was sie abstimmen. Genauer: Die Zeit kann gar nicht reichen, alle Druckschriften zu lesen, zu verstehen, sich vielleicht noch zusätzlich zu informieren und dann ausgiebig zu diskutieren.

    Ja. Einer, der das schon ab und zu lautstark kritisiert hat, ist Anton Hofreiter von den Grünen. Ein Politiker, für den ich mehr und mehr Respekt empfinde, weil er wirklich versucht, den Dingen auf den Grund zu gehen und selbst mitdenkt.

    Also mehr Macht für die Lobbyisten?

    Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wenn die politischen Ämter an Leute verlost werden, die keine Ahnung haben, könnten sie auch ihre Entscheidungen nach Gutdünken treffen. Das könnte hin und wieder auch mal ein richtig guter Glückstreffer sein.

    So long,
     Martin

    --
    Es gibt eine Theorie, die besagt, dass das Universum augenblicklich durch etwas noch Komplizierteres und Verrücktes ersetzt wird, sobald jemand herausfindet, wie es wirklich funktioniert. Es gibt eine weitere Theorie, derzufolge das bereits geschehen ist.
    - (frei übersetzt nach Douglas Adams)
    1. Hallo Martin,

      Problem ist nur, dass viele von denen gar kein Gewissen haben.

      Ich denke, das ist ein Vorwurf von denjenigen, die eine andere Meinung bzw. Zielsetzung (Opposition) haben. Womöglich ist aber ein ehrlicher, naiver Charakter hinderlich, aus einer Partei heraus als Kandidat hingesetzt (oder aufgestellt) zu werden. Denn wer will Ehrlichkeit in der Politik? Wird da nicht eher Diplomatie und "Neusprech" belohnt?

      Ich denke, ein "ehrlicher Klotz" hat gegen einen "wendigen Aal" schon vor der Wahl verloren.

      ... könnten sie auch ihre Entscheidungen nach Gutdünken treffen. Das könnte hin und wieder auch mal ein richtig guter Glückstreffer sein.

      Da gibt es eine Studie, dass statistisch das Schätzen einer "Anzahl im Raum" (z.B. Murmeln in einem Einmachglas) eine Glockenkurve ergibt, deren Scheitelpunkt sehr nahe an der Wirklichkeit liegt. Wenn also 600 Abgeordnete willkürlich abstimmen ...

      Linuchs

      1. Hi,

        Problem ist nur, dass viele von denen gar kein Gewissen haben.

        Ich denke, das ist ein Vorwurf von denjenigen, die eine andere Meinung bzw. Zielsetzung (Opposition) haben.

        das würde implizieren, dass diese Behauptung vor allem auf die Politiker in der Regierung abzielt und nicht so sehr auf die in der Opposition. Tatsächlich gilt es IMO aber für alle gleichermaßen. Denn wenn man ein Gewissen hat, sich also der Konsequenzen seines Handelns bewusst ist, diese Konsequenzen abwägt und nötigenfalls auch bereit ist, dafür geradezustehen, kommt man in der Politik gar nicht so weit, dass man überhaupt für irgendeine Wahl aufgestellt wird.

        Womöglich ist aber ein ehrlicher, naiver Charakter hinderlich, aus einer Partei heraus als Kandidat hingesetzt (oder aufgestellt) zu werden.

        Genau das meine ich.

        Denn wer will Ehrlichkeit in der Politik?

        Die Wähler.

        Wird da nicht eher Diplomatie und "Neusprech" belohnt?

        Ja. Und die Fähigkeit, andere zu manipulieren.
        Politik ist die Fähigkeit, andere so zu bescheißen, dass sie am Schluss auch noch glauben, sie hätten das selbst so gewollt.

        ... könnten sie auch ihre Entscheidungen nach Gutdünken treffen. Das könnte hin und wieder auch mal ein richtig guter Glückstreffer sein.

        Da gibt es eine Studie, dass statistisch das Schätzen einer "Anzahl im Raum" (z.B. Murmeln in einem Einmachglas) eine Glockenkurve ergibt, deren Scheitelpunkt sehr nahe an der Wirklichkeit liegt. Wenn also 600 Abgeordnete willkürlich abstimmen ...

        Die sogenannte Schwarmintelligenz? - So nennt man das oft bei Quizshows, wenn eine große Zahl von Teilnehmern mit abstimmen darf (Publikumsjoker).

        So long,
         Martin

        --
        Es gibt eine Theorie, die besagt, dass das Universum augenblicklich durch etwas noch Komplizierteres und Verrücktes ersetzt wird, sobald jemand herausfindet, wie es wirklich funktioniert. Es gibt eine weitere Theorie, derzufolge das bereits geschehen ist.
        - (frei übersetzt nach Douglas Adams)
  4. Moin,

    Bei einer zufälligen Berufung eliminiert man diesen Bias, insofern die Leute nicht systematisch annehmen oder ablehnen.

    Die Geschicke eines Volkes, einer Nation dem Zufall überlassen? Ganz bestimmt nicht!

    Zunächst mal eine ungewohnte Idee, an einer Wahl-Lotterie teilzunehmen und vielleicht den gutbezahlten Posten des Kanzlers, Präsidenten oder Abgeordneten zu gewinnen.

    Bezahlung ist kein Motiv. Was einen Menschen in eine solche Position bringen sollte sind Fähigkeiten.

    Also mehr Macht für die Lobbyisten?

    Das Volk ist die Lobby. Und wenn gewählt wird, entscheiden nicht irgendwelche Mehrheiten, auch nicht das Kapital sondern das Volk.

    MfG

    1. Hallo pl,

      Bezahlung ist kein Motiv. Was einen Menschen in eine solche Position bringen sollte sind Fähigkeiten.

      Ja, "sollte". Wenn es dann aber demokratisch ist, dass Amtsträger nur auf Zeit amtieren, was passiert ihnen danach? Während des Amtes muss ja der bisherige Beruf unterbrochen werden. Schon die Elternzeit von ein paar Monaten macht den Wiedereinstieg problematisch. Und sei es nur deshalb, weil der Ersatzmann dann ohne Arbeit ist.

      Und was sind "Fähigkeiten"? Muss ein Kriegsminister persönlich Menschen umgebracht und Städte zerbombt haben, um die Folgen seiner Politik beurteilen zu können? Okay, Kenntnis in Menschenführung kann nicht schaden. Aber wenn ich eine berufliche Aufgabe habe, die mir Spaß macht und in der ich vorankomme, warum sollte ich mich dann stattdessen mit Unwissenden in einem Parlament herumschlagen?

      Mal ehrlich - ein König wird auf seinen Job vorbereitet und ist vermutlich der Fähigste seines Volkes für diesen Posten, aber ein Kanzler oder Minister?

      Das Volk ist die Lobby. Und wenn gewählt wird, entscheiden nicht irgendwelche Mehrheiten, auch nicht das Kapital sondern das Volk.

      Klingt gut, geht aber an der Praxis vorbei: "Wer gewählt ist, hat nichts zu sagen, und wer das Sagen hat, wurde nicht gewählt" (Seehofer). Und wo ist die Wahl des Volkes, wenn das Personal während der Legislaturperiode ausgetauscht wird?

      Linuchs

      1. Hi main Lieber,

        Bezahlung ist kein Motiv. Was einen Menschen in eine solche Position bringen sollte sind Fähigkeiten.

        Ja, "sollte". Wenn es dann aber demokratisch ist, dass Amtsträger nur auf Zeit amtieren, was passiert ihnen danach? Während des Amtes muss ja der bisherige Beruf unterbrochen werden. Schon die Elternzeit von ein paar Monaten macht den Wiedereinstieg problematisch. Und sei es nur deshalb, weil der Ersatzmann dann ohne Arbeit ist.

        Wir sollten aufhören, in EUR zu denken. In den Bergen der Provinz Piemont gibt es massenweise Geisterdörfer, in der Begründung heißt es, dass "sich eine Siedlung nicht mehr rechnet" -- da frag ich mich, wenn sich solche Siedlungen über die letzten tausend Jahre gerechnet haben, warum sollte das heute nicht mehr funktionieren!?

        Und was sind "Fähigkeiten"? Muss ein Kriegsminister persönlich Menschen umgebracht und Städte zerbombt haben, um die Folgen seiner Politik beurteilen zu können?

        Der Minister vielleicht nicht ;) Aber immerhin ist Generalfeldmarschall Paulus (Stalingrad) General der NVA geworden aus o.g. Gründen.

        Mal ehrlich - ein König wird auf seinen Job vorbereitet und ist vermutlich der Fähigste seines Volkes für diesen Posten, aber ein Kanzler oder Minister?

        Das Volk ist die Lobby. Und wenn gewählt wird, entscheiden nicht irgendwelche Mehrheiten, auch nicht das Kapital sondern das Volk.

        Klingt gut, geht aber an der Praxis vorbei: "Wer gewählt ist, hat nichts zu sagen, und wer das Sagen hat, wurde nicht gewählt" (Seehofer). Und wo ist die Wahl des Volkes, wenn das Personal während der Legislaturperiode ausgetauscht wird?

        So isses. Viele Dinge die Volk und Nation betreffen, müssten eigentlich in der Verfassung geregelt sein weil sie sehr langfristig sind und sich über Generationen erstrecken.

        Spiel mal wieder

        1. In den Bergen der Provinz Piemont ... da frag ich mich, wenn sich solche Siedlungen über die letzten tausend Jahre gerechnet haben,

          In den "letzten tausend Jahren" konnten deren Bewohner nicht lesen, nicht schreiben. Und zum Schafe züchten brauchte es keine Schule. Die extrem armen Bewohner hatten auch keine solchen Ideen wie dem Anspruch, mit Strom, Telefon, gar Internet oder Wasser versorgt zu werden. Und weil die nur selten was kauften musste auch kein Müll entsorgt werden. Der Scherge musste nicht kommen um da oben Räuber oder Diebe zu fangen - die waren zu arm um beklaut zu werden. Es kam niemand auf die Idee, dass einen ein Krankenwagen abholt wenn man einen Unfall hat. Auto hatte auch keiner - Trampelpfad hat gereicht.

          Wer so leben (oder verrecken) will wie Bewohner der ehemaligen Geisterdörfer und gerne einfach mal in die Gegend kackt ist nicht daran gehindert. Kann aber sein, es gibt Probleme mit der Familie, z.B. wegen des Schulweges.

          1. In den Bergen der Provinz Piemont ... da frag ich mich, wenn sich solche Siedlungen über die letzten tausend Jahre gerechnet haben,

            In den "letzten tausend Jahren" konnten deren Bewohner nicht lesen, nicht schreiben. Und zum Schafe züchten brauchte es keine Schule. Die extrem armen Bewohner hatten auch keine solchen Ideen wie dem Anspruch, mit Strom, Telefon, gar Internet oder Wasser versorgt zu werden. Und weil die nur selten was kauften musste auch kein Müll entsorgt werden. Der Scherge musste nicht kommen um da oben Räuber oder Diebe zu fangen - die waren zu arm um beklaut zu werden. Es kam niemand auf die Idee, dass einen ein Krankenwagen abholt wenn man einen Unfall hat. Auto hatte auch keiner - Trampelpfad hat gereicht.

            Wer so leben (oder verrecken) will wie Bewohner der ehemaligen Geisterdörfer und gerne einfach mal in die Gegend kackt ist nicht daran gehindert. Kann aber sein, es gibt Probleme mit der Familie, z.B. wegen des Schulweges.

            Ja, so wirds immer wieder behauptet: Dass die Entwicklung von Bedürfnissen getrieben ist. Wir beide, lieber Jörg, wissen jedoch, dass das nicht so ist, der Nischel hat uns nämlich was ganz anderes gelehrt. Die rasant fortschreitende systematische Zerstörung des Planeten Erde aufgrund von Profitgier zeigt uns bereits seit Jahrzehnten, wie genial Marx' Vorhersage war was die Endstation des Kapitalismus betrifft, der -- Im Namen der Demokratie immer wieder gewählt wird.

            Und so zeigt die gesamte Entwicklung der Menschheit gar keinen Fortschritt sondern eine sich seit dem Feudalismus weltweit ausbreitende politische Rückständigkeit. Das EU-Kartell, was Lenin bereits 1915 als reaktionärste Bestrebungen des US-Finanzkapitals entlarvte, ist das beste Beispiel dafür.

            MfG

            --
            Das Ergebnis des zweiten Weltkrieges war nicht die Teilung sondern die Besetzung Deutschlands (Klaus von Dohnanyi, 1990)
            1. Ja, so wirds immer wieder behauptet: Dass die Entwicklung von Bedürfnissen getrieben ist.

              Das auch. Aber Haupttreiber der menschlichen Entwicklung ist (Lutheraner und andere Evangelische werden das verneinen) die Faulheit, die dazu führt, dass das, was getan wird, möglichst effizient getan wird. Den Rest der Gesellschaft hat uns dann Darwin und Maslow und, naja, auch ein Laurence J. Peter erklärt. Das gilt auch wenn Soziologen und Ökonomen noch andere Namen nennen, die das, was die vorgenannten schon schrieben, nur detaillierter ausführten oder auch nur mit anderen Begriffen hinterlegten.

              Natürlich kann man mit einer bewussten Willensentscheidung aus all dem aussteigen. "Aussteigen" ist ist gutes Stichwort, weil nur das der Weg ist um sich von den oben ersichtlichen Zwängen zu befreien. Also raus aus der Faulheit und Holz sammeln um den Herd zu betreiben, raus aus der Faulheit um seine Informationen wieder zu Fuß statt elektronisch zu übermitteln, raus aus der Faulheit und das Wasser von der Quelle geholt ... Wie weit willst Du zurückgehen? "Feuer aus" und wieder zurück auf die Bäume?

              Ich hatte dieses Jahr in Portugal, genauer im Alentejo, Gelegenheit mit zwei Typen von Aussteigern zu reden. Beide dürften auch die Extremas darstellen. Große Teile des Alentejo dürfte mit den extrem armen Gegenden des Piemont vergleichbar sein.

              Typ 1: Ehemalige Unternehmer, die sich selbst "verrentet" haben. (Mittfünfziger)

              • leben von dem, was die Firma, respektive deren Verkauf erbracht haben und die Vermietung einer Wohnung erbringt. Viehwirtschaft, offenbar als Hobby bzw. zum Eigenbedarf.
              • leben in einem Haus, dass Portugiesen gehört welche es nicht verfallen lassen wollen. Mote auf unbestimmte Zeit: 0 Euro.
              • Müll wird an einer Straßenkreuzung entsorgt, wo die Gemeinde diesen kostenlos abholt.
              • Strom per Photovoltaik: würde Strom angemeldet, so würde auch: Fernseh-, Müll- und weitere Gebühren fällig. Soweit zum "Schmarotzen".
              • Funktelefon geht, aber nur im nächsten noch existierenden Ort.
              • Trinkwasser wird gekauft
              • anderes Wasser kommt aus Quelle bzw. Rückhaltebecken auf Grundstück
              • Zum Arztbesuch wird nach Deutschland geflogen. Soweit dann zum "ökologischen Fußabdruck".

              Typ 2: Junger belgischer Kiffer (ca. 25 Jahre alt), eigentlich nicht doof, denn der spricht mindestens 6 Sprachen. (deutsch, französisch, niederländisch, englisch, spanisch, portugiesisch)

              • hat gar kein regelmäßiges Einkommen, lebt quasi als Wache in Häusern, deren Besitzer im Ausland (zu Hause siehe Typ 1) weilen und bekommt dafür Almosen. Reicht das nicht, so erzielt er seinen Auskünften nach Einkommen auf eine Weise, von der ich, so er selbst, "gar nichts wissen möchte". Also entweder richtig kriminell oder Prostitution. Richtige Jobs gibt es in der Gegend faktisch nicht. Die Löhne sind extrem niedrig - das Bier und der Kaffee auch. Landwirtschaft geht dort nicht (zu trocken, zu bergig, Böden zu unfruchtbar).
              • Fährt mit einem Schrotthaufen (soweit er Geld für Benzin ergaunern konnte) auch tagsüber besoffen in der Gegend rum. Die Bullen wissen, dass Anzeige nichts bringt. Wer von denen dabei erwischt wird, dem wird der Autoschlüssel weggenommen und am nächsten Tag (oder wann man halt die 30km zur Wache schafft) wieder ausgehändigt
              • Ist natürlich nicht kranken- oder rentenversichert, erhält aber in Portugal die dann notwendige kostenlose Hilfe - die andere für ihn bezahlen. Soweit auch hier zum "schmarotzen".

              Einwohner haben entweder einen Job von dem diese mehr schlecht als recht leben oder ziehen in die Städte, viele gleich in reichere Gegenden. z.B. dahin, wo die Aussteiger herkommen.

              Produkte der Gegend:

              • Vieh,
              • Kork,
              • Hütten und Dienstleistungen für Touristen und Aussteiger (Typ 1 und besser),
              • billige Arbeitskräfte für reichere Gegenden.

              Mein Fazit:

              Klar kann man es bedauern, dass Dörfer - wo auch immer - aus ökonomischen Gründen verlassen werden. Aber wenn dort keiner leben will, dann ist es eine sehr bewusste und sehr schwere Entscheidung der dortigen Bevölkerung. Aber diesen Vorgang, der Gesetzmäßigkeiten folgt, die fast Naturgesetze sind, als Negativbeispiel der Wirkung der gegenwärtigen ökonomischen Ordnung zu geißeln ist, naja nicht mehr nur falsche und auf Unwissenheit beruhende "Romantik" sondern auch heuchlerisch (s. Aussteiger, Typ 1)

              Das EU-Kartell, was Lenin bereits 1915 als reaktionärste Bestrebungen des US-Finanzkapitals entlarvte, ist das beste Beispiel dafür.

              Hat er das an Karl Marx geschrieben oder wie?

              Und dass gerade Typen, die sich auf Karl Marx beriefen, ganze Landstriche (Ostzonaler Braunkohlegürtel!) schwer verseuchten und Menschen dazu zwangen dort zu leben und sich in den Brikettfabriken zum Korps noch die Staublunge zu holen führt mich zu dem Schluss, dass eine direktivistische ("sozialistische", "kommunistische") Volkswirtschaft auch keine Lösung ist, weil die ganz schnell ins Ineffiziente abkippt und weil sich auch in einer solchen Gesellschaft eine Aristokratie herausbildet, deren Mitglieder nur noch üblere Arschlöcher sind als Kapitalisten.

              1. Hallo Jörg,

                Und dass gerade Typen, die sich auf Karl Marx beriefen, ganze Landstriche (Ostzonaler Braunkohlegürtel!) schwer verseuchten und Menschen dazu zwangen dort zu leben und sich in den Brikettfabriken zum Korps noch die Staublunge zu holen führt mich zu dem Schluss, dass eine direktivistische ("sozialistische", "kommunistische") Volkswirtschaft auch keine Lösung ist, weil die ganz schnell ins Ineffiziente abkippt und weil sich auch in einer solchen Gesellschaft eine Aristokratie herausbildet, deren Mitglieder nur noch üblere Arschlöcher sind als Kapitalisten.

                dass wir in politischen Themen mal einer Meinung sein werden hätte ich mir auch nicht träumen lassen ;-)

                LG,
                CK

        2. Hallo pl,

          Wir sollten aufhören, in EUR zu denken. In den Bergen der Provinz Piemont gibt es massenweise Geisterdörfer, in der Begründung heißt es, dass "sich eine Siedlung nicht mehr rechnet" -- da frag ich mich, wenn sich solche Siedlungen über die letzten tausend Jahre gerechnet haben, warum sollte das heute nicht mehr funktionieren!?

          Auch in der Vergangenheit wurden Siedlungen aufgegeben. Aus unterschiedlichsten Gründen.

          Bis demnächst
          Matthias

          --
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  5. Hallo Linuchs!

    Ein politisches System, das seine Verteter nicht wählt, sondern (zufällig) beruft.

    Gab es das schon mal irgendwo, dass man einen Job gewinnen kann?

    Die Urmutter aller Demokratien, das antike Athen, bildete seine Volksvertretung nach dem Losprinzip. Das hinderte nicht, dass eben jene Volksvertretung den Retter Athens, Themistokles, des Landes verwies und den Vater der abendländischen Philosophie, Sokrates, wegen Verderbung der Jugend zum Tode verurteilte.

    Gruß H.

    1. Hallo herrmann!

      Die Urmutter aller Demokratien, das antike Athen, bildete seine Volksvertretung nach dem Losprinzip. Das hinderte nicht, dass eben jene Volksvertretung den Retter Athens, Themistokles, des Landes verwies und den Vater der abendländischen Philosophie, Sokrates, wegen Verderbung der Jugend zum Tode verurteilte.

      Du kennst das Prinzip von Lotterien? Da sind auch Nieten dabei.

      Doch wenn z.B. der gewählte Bundestag ein Querschnitt unserer Bevölkerung wäre, wäre der Prozentsatz der Nieten nicht kleiner. Da er aber kein Querschnitt ist, sondern aus Parteimitgliedern besteht, die natürlich das System gut finden, das ihnen Posten verschafft, ist die Frage: Sind da nun mehr oder weniger Nieten in der Lotterie?

      Linuchs