Tagwächter: Politik: Alternatives Wahlverfahren

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Ja, so wirds immer wieder behauptet: Dass die Entwicklung von Bedürfnissen getrieben ist.

Das auch. Aber Haupttreiber der menschlichen Entwicklung ist (Lutheraner und andere Evangelische werden das verneinen) die Faulheit, die dazu führt, dass das, was getan wird, möglichst effizient getan wird. Den Rest der Gesellschaft hat uns dann Darwin und Maslow und, naja, auch ein Laurence J. Peter erklärt. Das gilt auch wenn Soziologen und Ökonomen noch andere Namen nennen, die das, was die vorgenannten schon schrieben, nur detaillierter ausführten oder auch nur mit anderen Begriffen hinterlegten.

Natürlich kann man mit einer bewussten Willensentscheidung aus all dem aussteigen. "Aussteigen" ist ist gutes Stichwort, weil nur das der Weg ist um sich von den oben ersichtlichen Zwängen zu befreien. Also raus aus der Faulheit und Holz sammeln um den Herd zu betreiben, raus aus der Faulheit um seine Informationen wieder zu Fuß statt elektronisch zu übermitteln, raus aus der Faulheit und das Wasser von der Quelle geholt ... Wie weit willst Du zurückgehen? "Feuer aus" und wieder zurück auf die Bäume?

Ich hatte dieses Jahr in Portugal, genauer im Alentejo, Gelegenheit mit zwei Typen von Aussteigern zu reden. Beide dürften auch die Extremas darstellen. Große Teile des Alentejo dürfte mit den extrem armen Gegenden des Piemont vergleichbar sein.

Typ 1: Ehemalige Unternehmer, die sich selbst "verrentet" haben. (Mittfünfziger)

  • leben von dem, was die Firma, respektive deren Verkauf erbracht haben und die Vermietung einer Wohnung erbringt. Viehwirtschaft, offenbar als Hobby bzw. zum Eigenbedarf.
  • leben in einem Haus, dass Portugiesen gehört welche es nicht verfallen lassen wollen. Mote auf unbestimmte Zeit: 0 Euro.
  • Müll wird an einer Straßenkreuzung entsorgt, wo die Gemeinde diesen kostenlos abholt.
  • Strom per Photovoltaik: würde Strom angemeldet, so würde auch: Fernseh-, Müll- und weitere Gebühren fällig. Soweit zum "Schmarotzen".
  • Funktelefon geht, aber nur im nächsten noch existierenden Ort.
  • Trinkwasser wird gekauft
  • anderes Wasser kommt aus Quelle bzw. Rückhaltebecken auf Grundstück
  • Zum Arztbesuch wird nach Deutschland geflogen. Soweit dann zum "ökologischen Fußabdruck".

Typ 2: Junger belgischer Kiffer (ca. 25 Jahre alt), eigentlich nicht doof, denn der spricht mindestens 6 Sprachen. (deutsch, französisch, niederländisch, englisch, spanisch, portugiesisch)

  • hat gar kein regelmäßiges Einkommen, lebt quasi als Wache in Häusern, deren Besitzer im Ausland (zu Hause siehe Typ 1) weilen und bekommt dafür Almosen. Reicht das nicht, so erzielt er seinen Auskünften nach Einkommen auf eine Weise, von der ich, so er selbst, "gar nichts wissen möchte". Also entweder richtig kriminell oder Prostitution. Richtige Jobs gibt es in der Gegend faktisch nicht. Die Löhne sind extrem niedrig - das Bier und der Kaffee auch. Landwirtschaft geht dort nicht (zu trocken, zu bergig, Böden zu unfruchtbar).
  • Fährt mit einem Schrotthaufen (soweit er Geld für Benzin ergaunern konnte) auch tagsüber besoffen in der Gegend rum. Die Bullen wissen, dass Anzeige nichts bringt. Wer von denen dabei erwischt wird, dem wird der Autoschlüssel weggenommen und am nächsten Tag (oder wann man halt die 30km zur Wache schafft) wieder ausgehändigt
  • Ist natürlich nicht kranken- oder rentenversichert, erhält aber in Portugal die dann notwendige kostenlose Hilfe - die andere für ihn bezahlen. Soweit auch hier zum "schmarotzen".

Einwohner haben entweder einen Job von dem diese mehr schlecht als recht leben oder ziehen in die Städte, viele gleich in reichere Gegenden. z.B. dahin, wo die Aussteiger herkommen.

Produkte der Gegend:

  • Vieh,
  • Kork,
  • Hütten und Dienstleistungen für Touristen und Aussteiger (Typ 1 und besser),
  • billige Arbeitskräfte für reichere Gegenden.

Mein Fazit:

Klar kann man es bedauern, dass Dörfer - wo auch immer - aus ökonomischen Gründen verlassen werden. Aber wenn dort keiner leben will, dann ist es eine sehr bewusste und sehr schwere Entscheidung der dortigen Bevölkerung. Aber diesen Vorgang, der Gesetzmäßigkeiten folgt, die fast Naturgesetze sind, als Negativbeispiel der Wirkung der gegenwärtigen ökonomischen Ordnung zu geißeln ist, naja nicht mehr nur falsche und auf Unwissenheit beruhende "Romantik" sondern auch heuchlerisch (s. Aussteiger, Typ 1)

Das EU-Kartell, was Lenin bereits 1915 als reaktionärste Bestrebungen des US-Finanzkapitals entlarvte, ist das beste Beispiel dafür.

Hat er das an Karl Marx geschrieben oder wie?

Und dass gerade Typen, die sich auf Karl Marx beriefen, ganze Landstriche (Ostzonaler Braunkohlegürtel!) schwer verseuchten und Menschen dazu zwangen dort zu leben und sich in den Brikettfabriken zum Korps noch die Staublunge zu holen führt mich zu dem Schluss, dass eine direktivistische ("sozialistische", "kommunistische") Volkswirtschaft auch keine Lösung ist, weil die ganz schnell ins Ineffiziente abkippt und weil sich auch in einer solchen Gesellschaft eine Aristokratie herausbildet, deren Mitglieder nur noch üblere Arschlöcher sind als Kapitalisten.