Auge: Crowdworking? Clickworking?

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Hallo

Wofür sollte man da auf die Barrikaden gehen?

Rechne bitte noch einmal und stelle dir diese Frage erneut.

500 x 4 = ??? 😉

Ähhm, laut dem Rechenbeispiel, mit dem es begann, ist das das Lohn für 4 (in Worten vier) Monate. Es ging in Freiberuflers Annahme um 10 Wochenstunden, die grob umgerechnet auf den Monat 45 Stunden ergeben und im Monat und nicht in der Woche 500€ ergeben. Inwieweit das Beispiel realistisch ist, sei dahingestellt.

In anderen Ländern mit niedrigeren Lebenshaltungskosten sind Löhne, die bei uns als Hungerlöhne gelten, gewiss auskömmlich. Hier sind sie es aber nicht.

Diese Annahme ist sehr naiv. In anderen Ländern müssen Menschen mit sehr viel weniger auskommen. Sie können das so gut und schlecht wie wir.

Das stelle ich überhaupt nicht infrage. Du warst derjenige, der den Vergleich mit den abzuleckenden 10 Fingern angestellt hat. Ja natürlich sind die in den Raum gestellten 10€/h für jemanden aus einem Land mit niedrigeren Einkommen erstrebenswert. Hier in Deutschland sind sie aber in Bezug zu den hiesigen Lebenshaltungskosten ein niedriges Einkommen (selbst unter Berücksichtigung der im Spon-Artikel zitierten Statistiken). Und ja, ich gönne jedem ein glückliches Dasein, wozu auch ein wirtschaftlich auskömmliches Einkommen gehört. Hier und überall auf der Welt. Die Angst vor morgen, die wohl die meisten armen Menschen kennen, macht definitiv nicht glücklich.

Hört man freilich nicht gerne — das Märchen von „bei uns ist alles teurer“ ist viel bequemer. Vergleich mal die Löhne in zehn Dritte-Welt-Ländern und Vergleiche das mit den Verkaufspreisen eines Volkswagens, eines Apple-Gerätes oder anderen Produkten, die wir hier kaufen.

Entschuldige mal bitte. Was ist denn das für ein Maßstab? Ein Volkswagen? Ein Apple-Gerät? Wie wäre es denn mit einer Bleibe, regelmäßigen Mahlzeiten, Zugang zu gesundheitlicher Versorgung und Versorgung, wenn man wirtschaftlich nicht (mehr) selbst für sich sorgen kann? Ja, das haben wir alles, aber für die, die hier arm sind, wird der Zugang zu einigen dieser Dinge immer weiter eingeschränkt.

Dort müsste sehr viel mehr gearbeitet werden, um sich solche Geräte kaufen zu können, als es hier der Fall ist. Das trifft auf sehr viele Länder zu, ich vermute mal auf die meisten!

Einen Volkswagen und/oder ein Apple-Gerät kann sich auch hier nicht jeder leisten. Muss aber auch nicht sein, darauf hat niemand einen Anspruch. Deshalb haben sie in einer Argumentation über Armut nichts zu suchen, andere Dinge sind weitaus wichtiger.

… (ein HartzIV-Empfänger gehört im weltweiten Vergleich du den einkommensstärksten 10%…).

Das wird all jene trösten, die da gerne wieder rauskämen, es aber nicht schaffen.

Den meisten Menschen in der Welt, geht es viel schlechter, als wir es hören wollen. Kein Wunder. Die Schere zwischen arm und reich, über die wir so gerne schimpfen, sieht aus der Perspektive von fünf bis sechs Milliarden(!) Menschen ganz anders aus, als aus unserer Perspektive. Aber ganz anders!

Dass es sehr vielen anderen Menschen sehr viel schlechter geht, ist kein Argument, wenn es Menschen hier sehr viel schlechter als in dem hier als normal angenommenen Zustand geht. Es hilft einem ALG2-Bezieher nicht, dass er zu den einkommensstärksten 10% der Weltbevölkerung gehört, wenn er in seinem Heimatland keine Wohnung (ganz ohne goldene Wasserhähne) findet, weil das Amt alle Wohnungen wegen zu hoher Mieten ablehnt. Es hilft einem längerfristig zum Mindestlohn arbeitenden Menschen auch nicht, zu den einkommensstärksten 10% der Weltbevölkerung zu gehören, wenn alles Sparen für das Alter für die Katz ist, weil man in solche einer Situation überhaupt nicht die Chance hat, soviel anzusparen, dass man über die Grundrente, die nach ähnlichen Regeln wie der ALG2-Bezug funktioniert, hinaus kommt.

Vor 15 Jahren haben viele die Agenda 2010 bejubelt. Heute sind es die selben, die mit der Warnung vor Altersarmut durch die Lande ziehen. Selbst jener Rürup, der das mitverzapft hat, hängt sich, darauf vertrauend, dass sich niemand mehr an seine Mitverantwortung erinnert, an das Thema ran.

Und auch das ist klar: wir haben daran Anteil! Es liegt an dem System, von dem wir hier profitieren!

Dazu von mir keine Widerworte, egal, wie man „profitieren“ auslegen mag.

Tschö, Auge

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Wenn man ausreichende Vorsichtsmaßnahmen trifft, muss man keine Vorsichtsmaßnahmen mehr treffen.
Toller Dampf voraus von Terry Pratchett