Linuchs: Barrierefrei - was ist das eigentlich?

Moin,

der Begriff „barrierefrei“ geistert immer wieder durch unsere Fäden für die Webseiten-Gestaltung. Was ist das eigentlich?

Ich biete einen Veranstaltungskalender an. Vereine, Kommunen können ihre Events kostenlos eingeben.

Für Rollstuhlsitzende ist eine Treppe eine Barriere, deshalb kann bei jedem Event „rollstuhlgerecht“ (Checkbox) markiert werden.

Ich gehe davon aus, dass z.B. Chöre keine Ahnung davon haben, ob bei ihrem Auftritt in Kirche X oder in Kozertmuschel Y die Toiletten per Rollstuhl erreichbar sind. Deshalb recherchiere ich persönlich, ob angegebene Treffpunkte rollstuhlgerecht sind, es gibt in meiner Datenbank eine Tabelle „treffpunkte“. Meistens kann ich diese Information im Web nicht finden und die wenigen Aussagen beschränken sich auf die Lokalitäten, die ich persönlich kenne.

In Berlin gibt es den Verein Sozialhelden, die haben ein Verzeichnis und eine Landkarte von rollstuhlgerechten Adressen. Vor Jahren habe ich mich um Zusammenarbeit bemüht, um lesenden Zugriff auf deren Datenbank. Das Interesse war Null. Jeder ist aus seiner Sicht der Größte, und mein unbedeutender Event-Kalender möchte das mühsam erarbeitete Know-How zum Nulltarif anzapfen. Geht gar nicht.

Welche Barrieren - bezogen auf die Bedienung von Webseiten - gibt es noch?

Geistig behindert - Leute mit sehr - wie formuliert man das politisch korrekt? - kleinem geistigen Horizont. Ich bemühe mich für die Oberfläche um eine einfache deutsche Sprache, bin aber bei der Übersetzung nach en und nl nicht wirklich kompetent.

Optisch behindert - Haben die einen Screenreader installiert, der den Text vorliest? Keine Ahnung, wie diese Leute Links anklicken und sich auf Webseiten bewegen.

Akustisch behindert - ist vermutlich das kleinste Problem, die können die eingebundenn Audio-Dateien nicht hören. Aber interessieren sich diese Leute für Konzerte und Vorträge in meinem Kalender?

Ich bin dafür, behinderte Menschen zu öffentlichen Events einzuladen. Aber das hat keine Tradition in D. Mehrere pflegebedürftige (demente) Menschen meiner Eltern-Generation wurden in deutschen Pflegeheimen „verwahrt“ und lediglich rausgelassen, wenn Angehörige sie abgeholt haben. Geburtstag, Weihnachten. Nicht ein einziges Mal habe ich Kenntnis davon, dass sie Besucher von Konzerten, Theatern usw. waren.

Ganz anders in NL. In den vorderen Publikums-Reihen fehlt Gestühl und bietet Platz für jene, die ihre (Roll-) Stühle mitbringen. Immer waren 3 .. 5 Rollstühle dabei.

Ebenfalls in D: Busse des öffentlichen Nahverkehrs senken sich an Haltestellen ab, um rollende Fahrgäste aufzunehmen. In 10 Jahren vielleicht 5 Rollstühle gesehen, öfter aber Kinderwagen und Fahrräder.

Mein Fazit: Behinderte interessieren sich in D nicht für den Besuch von Events, warum also sollte ich meine Webseiten behindertengerecht erstellen?

Für welche Webseiten macht das Sinn? Okay, wenn ich was verkaufen möchte vielleicht.

Linuchs

  1. So. Ich hab das jetzt mal gelesen. Die ultimative „Barrierefreiheit“ gibt es IMHO nicht. Vermutlich wirst Du in diesem Thread noch detailliertere Ausführungen bekommen. Mir ist das zu mü­ßig und vor allem zu warm. Auch eine Barriere ;-)

    Man kann und sollte schauen, die Barrieren möglichst gering zu halten. Du hast da schon eine Menge wichtiger Punkte angesprochen. 100% gibt es nicht, aber es sollte schon das Ziel sein.

    Für mich wirfst Du da aber eine ganze Menge Aspekte in den Raum und vor allem durcheinander. Alleine das ist bereits eine Barriere. Eine geistige Barriere für einen sinnvollen Diskurs. Mir fehlt da der Fokus.

    Mein Fazit: Behinderte interessieren sich in D nicht für den Besuch von Events, warum also sollte ich meine Webseiten behindertengerecht erstellen?

    Das ist eine bösartige, falsche und traurige Unterstellung. Buh 👎

    Genau wie Matthias es sagt. Das Thema ist keine Frage des Zwecks in Deinem Sinne von „Okay, wenn ich was verkaufen möchte vielleicht“, sondern des Respekts!

    1. @@Mitleser 2.0

      100% gibt es nicht, aber es sollte schon das Ziel sein.

      Die Schwierigkeit: Die Ansprüche sind nicht nur vielfältig, sondern mitunter widersprüchlich.

      OH auf dem Stammtisch (Wo wart ihr alle?):

      Eine Bordsteinkante ist eine Barriere für Rollstuhlfahrer, aber eine Orientierungshilfe für Blinde.

      🖖 Stay hard! Stay hungry! Stay alive! Stay home!

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  2. Moin,

    interessieren sich Menschen mit Einschränkungen nicht für Veranstaltungen oder habe Sie einfach gelernt: "Auf unsere besonderen Bedürfnisse, nimmt eh keiner Rücksicht."?

    Ein Beispiel: Wir bekommen einen Bahnsteig. Höhenunterschied Strasse zum Bahnsteig ca. -10m. Ein Treppe ist vorhanden , aber kein Aufzug. Jetzt stellte die Bahn Ihr Konzept für einen Aufzug vor. Ich fragte den Verantwortlichen:" Wir es auch einen Notrufknopf, außen am Aufzug geben?" Verwirrung in seinen Augen. "Was passiert mit einem Rollstuhlfahrer der mit dem letzten Zug ankommt und dann feststellt, daß der Aufzug defekt ist? Wenn er Glück hat, hat er da unten Handyempfang, wenn nicht muß er dort übernachten."

    Genau so ist es mit Webseiten. Erstelle sie so, das auch Menschen mit Einschränkungen, die Inhalte nutzen können. Kontrastreiche Farben, keine blinkenden Texte, TAB-Taste zum Wechsel von Eingabefeldern, möglichst wenige Funktionen die JavaScript benötigen usw.

    Der Vorteil für Dich: Schnelle Ladezeiten, die Besucher konzentrieren sich auf die Inhalte, der eine erzählt dem anderen das er eine gut zu nutzende Seite für Veranstaltungen gefunden hat.

    Gruß HEiko

    1. @@Kralle

      möglichst wenige Funktionen die JavaScript benötigen usw.

      Hm, mit JavaScript lässt sich aber viel für die Barrierefreiheit tun. Auf-/Zuklappen z.B. ist besser mit dynamischem Umschalten von ARIA-Attributen gemacht als mit Checkbox-Hack.

      Das JavaScript sollte aber möglichst unobtrusive sein – progressive enhancement.

      🖖 Stay hard! Stay hungry! Stay alive! Stay home!

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  3. Hallo Linuchs,

    Mein Fazit: Behinderte interessieren sich in D nicht für den Besuch von Events

    Das kann ich so nicht bestätigen. Von AC/DC bis Elbphilharmonie, immer habe ich behinderte Menschen gesehen.

    Für welche Webseiten macht [Barrierefreiheit] Sinn?

    Für alle. Es ist einfach eine Frage des Respekts, niemanden vorsätzlich auszuschließen. Wobei ich ausdrücklich nicht unterstelle, dass du das tust.

    Bis demnächst
    Matthias

    --
    Du kannst das Projekt SELFHTML unterstützen,
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    1. Hallo Matthias,

      Für welche Webseiten macht [Barrierefreiheit] Sinn?

      Für alle.

      Glaube ich nicht. „Für alle“ ist keine Zielgruppe.

      Würdest du Flugreisen anpreisen für Menschen mit Flugangst? Die können wir schon mal vergessen.

      Kletterparks für Rollstuhlfahrer ebenfalls. Usw, usw.

      Ich habe z.B. einen Wahnsinns- Aufwand getrieben, die Events an Fernradwegen für Radfahrer zussammenzufassen. Weil ich selbst gerne Rad fahre. Alle Orte an der Strecke in der Datenbank hinterlegt und die Ortsverwaltungen angemailt, ihre Events beizusteuern.

      Die Webseiten der Fernradwege voller Elan, aber die beteiligten Anbieter vollkommen interesselos, die „Werbung“ hat man ja delegiert.

      Zum Beispiel beim Elbe-Radweg waren ein paar Orte dabei, die ohnehin schon Events eingegeben haben. Die Aufrufe für den Radweg kannste vergessen. Zielgruppe nicht erreicht, den Erfolg eigener „Spinnereien“ vollkommen falsch eingeschätzt, viel Freizeit in den Sand gesetzt.

      Von den eigenen „Spinnereien“ die meisten längst vergessen, aber bei Google poppen sie noch auf. Oft mit SQL-Fehlern, weil die Datenbank geändert wurde. Bin nun dabei, aufzuräumen. Aber Super-Sonder-Angebote für nicht vorhandene Barrienten baue ich sicher nicht ein.

      Linuchs

      1. Hallo Linuchs,

        Für welche Webseiten macht [Barrierefreiheit] Sinn?

        Für alle.

        Glaube ich nicht. „Für alle“ ist keine Zielgruppe.

        Flugreisen für Menschen mit Flugangst.

        Kletterparks für Rollstuhlfahrer ebenfalls. Usw, usw.

        Du hast nach Barrierefreiheit für Webseiten gefragt. Nicht nach Zielgruppen für bestimmte Attraktionen oder Veranstaltungen.

        Bis demnächst
        Matthias

        --
        Du kannst das Projekt SELFHTML unterstützen,
        indem du bei Amazon-Einkäufen Amazon smile (Was ist das?) nutzt.
        1. Hallo Matthias,

          Du hast nach Barrierefreiheit für Webseiten gefragt.

          Ja, die Frage geht aber weiter: Welche Barrieren müssen befreit werden, Da kommt es doch sehr auf die Zielgruppe an.

          Meinst du, eine Seite für Jäger sollte für blinde Menschen befreit sein?

          Eigentlich wollte ich doch ganz allgemein wissen, mit welchen Barrieren zu rechnen ist.

          Ich rechne mit Sprachbarrieren für den Euro-Kalender. Ist die Dreisprachigkeit ein Schritt in die Barrierefreiheit?

          Dieser Begriff ist mir zu schwammig.

          Linuchs

          1. Hallo Linuchs,

            wenn's blinde Skifahrer gibt, dann bestimmt auch blinde Jäger. Vermutlich solche, die sehende Jäger waren und erblindet sind.

            Ein Infrarotsensor und ein "heiß-kalt" Piepser am Gewehr, der beim Zielen hilft, und schon... ist ein Treiber getroffen. Ups. Ich gebe zu, dass eine waidgerechte Teilnahme an einer Jagd - sprich: genaues Zielen auf den Punkt, der das Wild schnell tötet und es nicht lange leiden lässt - einen etwas ausgefeilteren Infrarotsensor braucht.

            Scherz beiseite; was ich sagen will, ist: Deine Annahmen über das Verhalten behinderter Menschen sind genau das: Annahmen. Die Realität ist oft anders. Viele Menschen mit Einschränkungen aller Art wollen trotzdem am Leben teilhaben.

            Rolf

            --
            sumpsi - posui - obstruxi
            1. Servus!

              Ja, die Frage geht aber weiter: Welche Barrieren müssen befreit werden, Da kommt es doch sehr auf die Zielgruppe an.

              Meinst du, eine Seite für Jäger sollte für blinde Menschen befreit sein?

              wenn's blinde Skifahrer gibt, dann bestimmt auch blinde Jäger. Vermutlich solche, die sehende Jäger waren und erblindet sind.

              Scherz beiseite; was ich sagen will, ist: Deine Annahmen über das Verhalten behinderter Menschen sind genau das: Annahmen. Die Realität ist oft anders. Viele Menschen mit Einschränkungen aller Art wollen trotzdem am Leben teilhaben.

              Ja!

              Herzliche Grüße

              Matthias Scharwies

              --
              Einfach mal was von der ToDo-Liste auf die Was-Solls-Liste setzen.“
            2. Hallo Rolf,

              Deine Annahmen über das Verhalten behinderter Menschen sind genau das: Annahmen.

              Ganz genau. Und weil ich zu viel Zeit in falsche Annahmen gesteckt habe, frage ich hier nach allgemein anerkannten Regeln.

              Und siehe da: Keiner wird konkret.

              Ist Barrierefreiheit was für Sonntagsreden?

              Wer von euch kann denn belegte Beispiele (nicht Annahmen) für Barrienten nennen (oder wie heißen die, für die Barrieren aus dem Weg geräumt werden sollen?)

              Ein blinder ZEN-Bogenschütze in Germany, der auf Webseiten nach Zielen sucht? Ja klar ...

              Seit 2008 ist mir nicht ein einziger Veranstalter in Erinnerung, der Events für Barrienten eingegeben hätte.

              Linuchs

              1. Servus!

                Hallo Rolf,

                Deine Annahmen über das Verhalten behinderter Menschen sind genau das: Annahmen.

                Ganz genau. Und weil ich zu viel Zeit in falsche Annahmen gesteckt habe, frage ich hier nach allgemein anerkannten Regeln.

                Und siehe da: Keiner wird konkret.

                WTF!?

                Es geht hier wohl nicht um die Rampen zum Supermarkt oder Bus, sondern um's Webdesign. Deshalb eine konkrete Reihenfolge:

                1. HTML

                  • klare Inhaltsstruktur
                  • semantisches HTML (Barrierefreiheit/Webseiten_zugänglich_gestalten)
                  • Benutzerfreundlichkeit (schon mal nen Fremden an den PC oder das Handy gesetzt und geschaut, wo er hinnavigiert und ob er/sie/es alles findet.)
                  • Suche nach Seiteninhalten (ich kenn da Leute, die ihr Suchfeld mit Google verlinken und sich dann wundern, dass die Nutzer die Seite verlassen)
                2. CSS:

                  • ein ansprechendes Design, damit Ästheten nicht gleich wieder wegklicken
                  • kontrastreiche, augenfreundliche Farben (Grafik/Farbkonzept/Farben_und_Kontraste)
                  • zoombar (font-size in em), damit eine größere Schriftgröße möglich ist
                  • Responsiv (anpassbar an alle Geräte; Verzicht auf absolute Positionierung)

                Ja, und wo sind die Screenreader? Wenn die Webseite ok ist (siehe oben), wird sie auch zufriedenstellend vorgelesen.

                Herzliche Grüße

                Matthias Scharwies

                --
                Einfach mal was von der ToDo-Liste auf die Was-Solls-Liste setzen.“
              2. Hallo Linuchs,

                Ganz genau. Und weil ich zu viel Zeit in falsche Annahmen gesteckt habe, frage ich hier nach allgemein anerkannten Regeln.

                Und siehe da: Keiner wird konkret.

                zu den allgemeinen erkannten Regeln: Da sind zunächst die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) zu nennen. Weitere Erläuterungen zum Hintergrund der Richtlininen der WCAG sind in Unterstanding WCAG 2.1 zu finden. Techniques for WCAG 2.1 enthält einen Zusammenstellung von Methoden zur Umsetzung der WCAG. Welches Erfolgskriterium mit welchen Methoden erfüllt werden kann, wird in How to Meet WCAG (Quick Reference) beschrieben.

                Zusätzlich dazu gibt es noch eine Empfehlung des W3C zu Barrierefreiheit und Browsern (aka User Agents), die User Agent Accessibility Guidelines. Die (Authoring Tool Accessibility Guidelines (ATAG))[https://www.w3.org/TR/ATAG20/] enthalten zusätzlichen Richtlinien, die beschreiben wie CMS und andere Tools mit den Webseiten erstellt werden können zum einen barrierefrei gestaltet werden können und zum anderen diese Autoren*innen bei der Erstellung barrierefreier Inhalte unterstützen können.

                Da HTML bei dynamischen Seiten (Seiten mit mit JavaScript verändert werden) nicht ausreichend Informationen bereitstellt, mit denen assistive (unterstützende) Technologien wie Screenreader arbeiten können, wurde ARIA (Accessible Rich Internet Applications) entwickelt. Diese Empfehlung des W3C definiert einen Satz zusätzlicher Attribute (und einiges) mehr, mit denen assistive Technologien Informationen über eine Webseite bereitgestellt werden können. Wie das ganze in HTML eingebunden wird, ist in ARIA in HTML beschrieben.

                Da das Testen dieser Anforderungen nicht ganz so einfach ist, wurde das Accessibility Conformance Testing (ACT) Rules Format. Dieses definiert eine Struktur wie möglichst eindeutige Regeln zum Testen der Barrierefreiheit einer Webseite zu verfassen sind. Auf der Webseite der ACT Rules Community Group sind bereits ein ganze Menge Regeln in diesem Format zu finden.

                Derzeit laufen die Vorbereitungen für eine Neuauflage des WCAG. Siehe dazu:

                • https://www.w3.org/blog/2020/06/accessibility-conformance-challenges-draft/
                • https://www.w3.org/TR/accessibility-conformance-challenges/

                Leider stehen alle diese Informationen derzeit nur in englisch zu Verfügung, was auch eine Barriere sein kann.

                Beste Grüße

                Jens

          2. Hi,

            Meinst du, eine Seite für Jäger sollte für blinde Menschen befreit sein?

            Warum nicht? Es gibt z.B.auch Filme mit Audio-Bildbeschreibung, so daß Blinde denselben Film erleben können wie ihre nicht-blinden Kumpels.

            cu,
            Andreas a/k/a MudGuard

      2. Hallo,

        Kletterparks für Rollstuhlfahrer ebenfalls. Usw, usw.

        Ich habe jetzt weder den Thread zuende gelesen, noch dieses Video angeschaut. Aber deine Aussagen zeigen imho sehr schön, dass die Barrieren sich in unseren Köpfen befinden…

        Gruß
        Kalk

    2. @@Matthias Apsel

      Das kann ich so nicht bestätigen. Von AC/DC bis Elbphilharmonie, immer habe ich behinderte Menschen gesehen.

      Beim Stammtisch war jemand dabei, die sich bei der DFL um Barrierefreiheit kümmert.

      Sie erzählte, dass Rohlstuhlfahrer nicht mit ihrer Familie im Stadion ein Spiel ansehen können. Es gibt Bereiche für Rohlstuhlfahrer plus eine Begleitperson – der Rest der Familie muss woandershin.

      Ein anschauliches Beispiel, dass Barrierefreiheit und Inklusion verschiedene Dinge sind.

      🖖 Stay hard! Stay hungry! Stay alive! Stay home!

      --
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  4. Hallo,

    der Begriff „barrierefrei“ geistert immer wieder durch unsere Fäden für die Webseiten-Gestaltung. Was ist das eigentlich?

    ein edles Ziel, das wir aber nie wirklich erreichen werden.
    Barrieren irgendwelcher Art für irgendwen wird es immer geben.

    Geistig behindert - Leute mit sehr - wie formuliert man das politisch korrekt? - kleinem geistigen Horizont. Ich bemühe mich für die Oberfläche um eine einfache deutsche Sprache, bin aber bei der Übersetzung nach en und nl nicht wirklich kompetent.

    Außerdem gibt es ganz unterschiedliche Arten und Ausprägungen. Konzentrationsschwäche zum Beispiel. Oder was ist mit Autisten? Das wird auch gern mal als Behinderung dargestellt. Okay, Autisten haben eine emotionale Störung, aber oft auch eine ganz bestimmte, außergewöhnlich stark ausgebildete Fähigkeit. Sind Autisten also behindert oder sind sie begabt? - Sie sind zumindest anders.

    Optisch behindert - Haben die einen Screenreader installiert, der den Text vorliest? Keine Ahnung, wie diese Leute Links anklicken und sich auf Webseiten bewegen.

    Auch eine Sehbehinderung ist kein Schwarz/Weiß-Fall. Auch Kurzsichtigkeit ist eine Sehbehinderung - aber solange ich meine Brille trage, brauche ich im Alltag keine weitere Unterstützung.

    Akustisch behindert - ist vermutlich das kleinste Problem, die können die eingebundenn Audio-Dateien nicht hören. Aber interessieren sich diese Leute für Konzerte und Vorträge in meinem Kalender?

    Sogar taube Menschen können Musik genießen - hör dir mal "Musik nur wenn sie laut ist" von Herbert Grönemeyer aufmerksam an, dann weißt du, was ich meine.

    Ganz anders in NL. In den vorderen Publikums-Reihen fehlt Gestühl und bietet Platz für jene, die ihre (Roll-) Stühle mitbringen. Immer waren 3 .. 5 Rollstühle dabei.

    Ja, bei der Integration von behinderten Menschen im Alltag können wir uns an den Niederländern ein Beispiel nehmen.

    Ebenfalls in D: Busse des öffentlichen Nahverkehrs senken sich an Haltestellen ab, um rollende Fahrgäste aufzunehmen. In 10 Jahren vielleicht 5 Rollstühle gesehen, öfter aber Kinderwagen und Fahrräder.

    Noch viel einfacher: Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, wissen es zu schätzen, dass der Ein- oder Ausstieg keine Treppenstufe mehr ist, sondern nur noch sowas wie eine abgesenkte Bordsteinkante.

    Mein Fazit: Behinderte interessieren sich in D nicht für den Besuch von Events, warum also sollte ich meine Webseiten behindertengerecht erstellen?

    Ich vermute, damit verwechselst du Ursache und Wirkung. Ich denke, behinderte Menschen werden bei vielen Events nicht ausreichend berücksichtigt und resignieren deshalb mit der Zeit.

    Für welche Webseiten macht das Sinn?

    Für alle.

    Live long and pros healthy,
     Martin

    --
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    1. Servus!

      der Begriff „barrierefrei“ geistert immer wieder durch unsere Fäden für die Webseiten-Gestaltung. Was ist das eigentlich?

      ein edles Ziel, das wir aber nie wirklich erreichen werden.
      Barrieren irgendwelcher Art für irgendwen wird es immer geben.

      Genau! Barrierefreiheit als Ideal, das es anzustreben geht.

      Ebenfalls in D: Busse des öffentlichen Nahverkehrs senken sich an Haltestellen ab, um rollende Fahrgäste aufzunehmen. In 10 Jahren vielleicht 5 Rollstühle gesehen, öfter aber Kinderwagen und Fahrräder.

      Noch viel einfacher: Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, wissen es zu schätzen, dass der Ein- oder Ausstieg keine Treppenstufe mehr ist, sondern nur noch sowas wie eine abgesenkte Bordsteinkante.

      Genau, ist auch eine Verpflichtung bis 2025(?), alle Bahnsteige im Schienen- und Busverkehr, sowie die Zugänge zu U-Bahnstationen barrierefrei einzurichten. Und wie @Der Martin sagte, das kommt allen zugute, auch dem gesunden jungen Mann mit dem großen Paket.

      Schüler sagen immer, wegen dem einen Rollstuhlfahrer musste unsere Grundschule umgebaut werden. Nein, wsl. wurden die Baumaßnahmen nur vorgezogen, denn auch da ist es Pflicht nachzurüsten. Und eben keine 45°-Rampe wie in den 70ern, sondern ein Aufzug und keine Stufen zwischen drinnen und draußen. Nach unserem Umbau haben wir einen Aufzug - den nutzt der Hausmeister, da er das Kopierpapier jetzt mit dem Hubwagen in den Verwaltungstrakt bringen kann und immer wieder Schüler mit gebrochenen Beinen, bzw. Bänderrissen.

      Optisch behindert - Haben die einen Screenreader installiert, der den Text vorliest? Keine Ahnung, wie diese Leute Links anklicken und sich auf Webseiten bewegen.

      Auch eine Sehbehinderung ist kein Schwarz/Weiß-Fall. Auch Kurzsichtigkeit ist eine Sehbehinderung - aber solange ich meine Brille trage, brauche ich im Alltag keine weitere Unterstützung.

      Genau! Seit ich älter geworden bin, habe ich die Schriftgröße meines Monitors etwas heraufgesetzt. Auch Kontraste machen Älteren Probleme - am Computer und beim nächtlichen Autofahren (letztens hattet ihr von dunkelgrauer Schrift auf schwarzem Hintergrund bei irgendwelchen Metaller-Seiten geredet)

      Im SELF-Wiki:

      geistige Behinderung heißt heute eher kognitive Einschränkung und dafür haben wir z.B. die leichte Sprache - in der Konsequenz auch mir zuviel. Trotzdem merke ich immer wieder, dass eine vermeintlich gute Übersetzung (mir fällt jetzt nur delicious - deliziös ein) Kindern oder Nicht-Akademikern einen Text so erschweren können, dass sie die Lust am Lesen verlieren. Auch Bandwurm-Sätze sollten eben vermieden werden.

      Cäsars "De Bello Gallico" wird deshalb noch heute von Schülern gelesen, weil er relativ einfache Sätze und ein begrenztes Vokabular verwendete - nicht um zukünftige Schülergenerationen zu quälen, sondern um in Rom Berichte seiner Großtaten unters Volk zu bringen. Auch Luther hatte "Dem Volk auf's Maul geschaut", um ein großes Publikum zu erreichen.

      Grad in der Süddeutschen: Kurven, Ecken, mehr Übersicht

      Hat imho auch was mit Barrierefreiheit zu tun.

      Manchmal bin ich dir einfach dankbar, dass du mit deinen Fragen das Forum belebst, obwohl andere wohl argwöhnen, dass du nur provozieren willst.

      Herzliche Grüße

      Matthias Scharwies

      --
      Einfach mal was von der ToDo-Liste auf die Was-Solls-Liste setzen.“
      1. Hallo Matthias Scharwies,

        Manchmal bin ich dir einfach dankbar, dass du mit deinen Fragen das Forum belebst,

        Vor allem die Ausführlichkeit drum rum sehe ich sehr positiv.

        obwohl andere wohl argwöhnen, dass du nur provozieren willst.

        Auch derlei Beiträge habe ich von Linuchs schon gelesen …

        Bis demnächst
        Matthias

        --
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      2. Hallo Matthias,

        du antwortest auf meinen Beitrag, es liest sich aber so, als würdest du eigentlich Linuchs ansprechen.

        Schüler sagen immer, wegen dem einen Rollstuhlfahrer musste unsere Grundschule umgebaut werden. Nein, wsl. wurden die Baumaßnahmen nur vorgezogen, denn auch da ist es Pflicht nachzurüsten. Und eben keine 45°-Rampe wie in den 70ern, sondern ein Aufzug und keine Stufen zwischen drinnen und draußen.

        Was allzu steile Rampen für ein Problem sein können, habe ich vor ein paar Wochen selbst erfahren. Beim ALDI-Markt in meiner Nähe gibt es als "Abkürzung" vom Fuß- und Radweg, der da vorbeiführt, einen direkten Durchgang zum Ladeneingang. Aber zwischen dem besagten Weg und dem ALDI-Gelände besteht ein Höhenunterschied von rund einem Meter. Also sind da fünf Treppenstufen. Eine Hürde fürs "fahrende Volk" 😉, also Rollstuhl, Kinderwagen, Radfahrer. Das hat die Gemeinde auch schnell festgestellt und etwa 1/3 der Treppenbreite zu einer Rampe umgebaut - mit gleicher Steigung wie die Treppe.
        Als ich dort vor einiger Zeit vorbeikam, mühten sich da gerade zwei ältere Damen ab, eine von ihnen im Rollstuhl, die andere aber offensichtlich auch nicht mehr allzu beweglich. Ich habe meine Hilfe angeboten, und mit vereinter Kraft haben wir es geschafft, die Frau mitsamt Rollstuhl die steile Rampe hochzuhieven. Fazit: Ja, ein stufenloser Zugang, aber nicht rollstuhltauglich.
        Alternative für die Rollstuhlfahrer: Etwa 200m weiter dem Weg folgen bis zum Kreisverkehr, dann in die Nebenstraße und über den Parkplatz des Ladens diese 200m wieder zurück bis zum Eingang. Schönen Dank auch.

        Auch eine Sehbehinderung ist kein Schwarz/Weiß-Fall. Auch Kurzsichtigkeit ist eine Sehbehinderung - aber solange ich meine Brille trage, brauche ich im Alltag keine weitere Unterstützung.

        Genau! seit ich älter geworden bin, habe ich die Schriftgröße meines Monitors etwas heraufgesetzt.

        Ich auch. Die Default-Schriftgrößen der meisten Systeme (Windows, aber auch Linux-DEs) sind mir zu klein.

        Auch Kontraste machen Älteren Probleme - am Computer ...

        Ja. Sag das mal den Designern in Redmond!

        und beim nächtlichen Autofahren

        Da merke ich das manchmal auch. Vor allem, wenn es dann auch noch nass ist und überall lästige Reflexionen entstehen.

        Live long and pros healthy,
         Martin

        --
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        1. Servus!

          Hallo Matthias,

          du antwortest auf meinen Beitrag, es liest sich aber so, als würdest du eigentlich Linuchs ansprechen.

          Ich wollte deine Argumente bestätigen und meinen Senf dazugeben. 😀

          Herzliche Grüße

          Matthias Scharwies

          --
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      3. Hallo Matthias,

        obwohl andere wohl argwöhnen, dass du nur provozieren willst.

        Für viele ist es eine Provokation, wenn man das allgemeine Abnicken durch Verständnis-Fragen stört. Barrieren sind doch allgemein bekannt, brennende Autoreifen zum Beispiel. Und dann komme ich und frage, was ihr unter Barrieren versteht.

        Schau mal, wie unklar die Antworten sind.

        Bei mir schwingt manchmal etwas Satire (Überspitzung) mit und ich bemühe mich, auf dem schmalen Grad zwischen Narr (der Aussagen und Fragen in Späße kleidet) und Wissenschaftler (der nach Erkenntnis strebt) zu balancieren.

        Linuchs

        1. Servus!

          Hallo Matthias,

          obwohl andere wohl argwöhnen, dass du nur provozieren willst.

          Für viele ist es eine Provokation, wenn man das allgemeine Abnicken durch Verständnis-Fragen stört. Barrieren sind doch allgemein bekannt, brennende Autoreifen zum Beispiel. Und dann komme ich und frage, was ihr unter Barrieren versteht.

          Ja, aber manche würden zuerst die Aktenlage, äh Quellen im Netz studieren. Ich fange oft mit einer Bildsuche an ("Barriere" bringt fast nur Schranken; "Barrierefreiheit" schon eine Idee, um was es geht. "Barrierefreiheit + Webdesign" bringt neben vielen nichtoffizielen Logos schon eine gute Visualisierung (auch eine Form der Barrierefreiheit bei komplexen Sachverhalten).

          Schau mal, wie unklar die Antworten sind.

          Finde ich nicht!

          Bei mir schwingt manchmal etwas Satire (Überspitzung) mit und ich bemühe mich, auf dem schmalen Grad zwischen Narr (der Aussagen und Fragen in Späße kleidet) und Wissenschaftler (der nach Erkenntnis strebt) zu balancieren.

          Verstanden! 😀

          Herzliche Grüße

          Matthias Scharwies

          --
          Einfach mal was von der ToDo-Liste auf die Was-Solls-Liste setzen.“
    2. @@Der Martin

      Sogar taube Menschen können Musik genießen

      Sogar gehörlose Menschen können Musik machen.

      Man sollte keine Mutnaßungen anstellen, was Behinderte nicht können. Sie werden uns Lügen strafen und es doch können.

      Wie Laura Kalbag in ihrem kurzen Video Accessibility in 2020 sagt:

      “We must avoid making assumptions about the people who are using our technology. […] We don’t know anyone’s need or how to accommodate their needs better than they do.”

      Ansehen!

      🖖 Stay hard! Stay hungry! Stay alive! Stay home!

      --
      “Turn off CSS. If the page makes no sense, fix your markup.” —fantasai
  5. Moin,

    bei den hier vorgestellten Seiten, haben sogar "Normalos" Problem: https://www.techbook.de/easylife/die-haesslichsten-webseiten-der-welt

    Besser schaue DIr mal das hier an: https://www.biene-award.de/

    Wenn HTML und CSS validate sind, dann kannste mal schauen ob Du hier alle Kriterien erfüllen kannst. http://www.barrierefreies-webdesign.de/richtlinien/wcag-2.0-erfolgskriterien/

    Gruß HEiko

    1. Servus!

      @Kralle , da fehlt die Seite der ChristenFront

      Herzliche Grüße

      Matthias Scharwies

      PS: Vorher Lautsprecher auf 100% drehen!

      --
      Einfach mal was von der ToDo-Liste auf die Was-Solls-Liste setzen.“
  6. Hi,

    Optisch behindert - Haben die einen Screenreader installiert, der den Text vorliest? Keine Ahnung, wie diese Leute Links anklicken und sich auf Webseiten bewegen.

    Optisch behindert kann auch z.B. Rot-Grün-Blindheit (oder eine der anderen Farb-Unterscheidungs-Schwächen) bedeuten. Die davon betroffenen, die ich kenne, nutzen keinen Screenreader.

    cu,
    Andreas a/k/a MudGuard

  7. @@Linuchs

    Mein Fazit: Behinderte interessieren sich in D nicht für den Besuch von Events

    Erstens stimmt das sicher nicht.

    Und zweitens könnten sich Behinderte für Events interessieren, um sie Freunden zu empfehlen oder für jene Karten zu kaufen.

    warum also sollte ich meine Webseiten behindertengerecht erstellen?

    Kein ableistisches Arschloch sein zu wollen, sollte Grund genug sein.

    Für welche Webseiten macht das Sinn?

    Für alle.

    Ausreichend Farbkontrast kommt jedem zugute, der mit seinem Smartphone in der prallen Sonne steht.

    Jeder kann situationsbedingt (Kleinkind auf’m Arm) oder zeitweise (Arm gebrochen) behindert sein (Diagramm).

    🖖 Stay hard! Stay hungry! Stay alive! Stay home!

    --
    “Turn off CSS. If the page makes no sense, fix your markup.” —fantasai
  8. Hallo

    der Begriff „barrierefrei“ geistert immer wieder durch unsere Fäden für die Webseiten-Gestaltung. Was ist das eigentlich?

    Zu dieser Frage hast du ja nun genug konkrete Antworten bekommen.

    … Wobei ich mir die Frage stelle, warum du diese Frage fast ausschließlich mit Anekdoten unterfütterst, die mit der Fragestellung nichts zu tun haben oder die du derart auf einen Aspekt verkürzt, dass sich zumindest bei mir Eindruck ergibt, dass du das Thema ins Lächerliche ziehen willst.

    Das Thema selbst wird hier ja nicht nur immer wieder erwähnt, sondern auch immer wieder begründet und mit Empfehlungen unterfüttert. Dass du die Erwähnungen – wie du selbst schreibst – bemerkt hast, die Argumente und Handlungsempfehlungen, die üblicherweise in den selben Threads gebracht werden, aber nicht, halte ich nicht für glaubwürdig. Auch das stützt meinen Eindruck, dass du das Thema ins Lächerliche ziehen willst.

    Das will ich nur vorneweg geschrieben haben, weil du ja in einem anderen Posting den unverstandenen Narren gibst.

    Ich biete einen Veranstaltungskalender an. …

    Für Rollstuhlsitzende ist eine Treppe eine Barriere, deshalb kann bei jedem Event „rollstuhlgerecht“ (Checkbox) markiert werden.

    Was hat das mit der Barrierefreiheit einer Website zu tun?

    Ich gehe davon aus, dass z.B. Chöre keine Ahnung davon haben, ob bei ihrem Auftritt in Kirche X oder in Kozertmuschel Y die Toiletten per Rollstuhl erreichbar sind. Deshalb recherchiere ich persönlich, ob angegebene Treffpunkte rollstuhlgerecht sind, es gibt in meiner Datenbank eine Tabelle „treffpunkte“. Meistens kann ich diese Information im Web nicht finden und die wenigen Aussagen beschränken sich auf die Lokalitäten, die ich persönlich kenne.

    Was hat das mit der Barrierefreiheit einer Website zu tun?

    In Berlin gibt es den Verein Sozialhelden, die haben ein Verzeichnis und eine Landkarte von rollstuhlgerechten Adressen. Vor Jahren habe ich mich um Zusammenarbeit bemüht, um lesenden Zugriff auf deren Datenbank. Das Interesse war Null.

    Von wheelmap.org habe ich vor fast zehn Jahren erstmals in einem Podcast gehört. Die Gesprächspartner kamen mir damals nicht wie Heimlichtuer vor, das Projekt stand aber noch ziemlich am Anfang. Mittlerweile gibt es von den Betreibern von wheelmap.org eine grundsätzlich weltweite Datenbank über (unter Anderem für Rollstuhlfahrer) (nicht) erreichbare Orte, die von Außenstehenden per API abfragbar ist.

    Du könntest also selbst sowohl vom Datenbestand profitieren als auch zum Datenbestand beitragen.

    Jeder ist aus seiner Sicht der Größte, und mein unbedeutender Event-Kalender möchte das mühsam erarbeitete Know-How zum Nulltarif anzapfen. Geht gar nicht.

    Bist du bockig?

    Welche Barrieren - bezogen auf die Bedienung von Webseiten - gibt es noch?

    Wieso noch? Deine bisherigen Beispiele hatten samt und sonders nichts mit der Barrierefreiheit von Websites zu tun.

    Geistig behindert - Leute mit sehr - wie formuliert man das politisch korrekt? - kleinem geistigen Horizont. Ich bemühe mich für die Oberfläche um eine einfache deutsche Sprache, bin aber bei der Übersetzung nach en und nl nicht wirklich kompetent.

    Wie schon mehrfach gesagt, ist Barrierefreiheit ein anzustrebendes Ideal. Eine hundertprozentige Barrierefreiheit ist nicht erreichbar, sollte aber angestrebt werden.

    Wenn du also für deine Muttersprache eine einfache Sprache benutzt, ist das ein Schritt dahin. Wenn du das für andere angebotene Sprachen nicht kannst, ist das erstmal so. Bestenfalls findest du jemanden, der dich dabei unterstützt. Das ist zumindest eine Option.

    Optisch behindert - Haben die einen Screenreader installiert, der den Text vorliest?

    Vielleicht haben sie das, vielleicht haben sie auch nur Bedarf an einem hohen Kontrast, einer nicht fitzeligen Schriftgröße beziehungsweise daran, diese ohne durch CSS daran gehindert zu werden, zu verändern. Vielleicht haben sie auch Probleme mit für sie nicht auseinanderhaltbaren Farbkombinationen (beispielsweise bei Rot-Grün-Schwäche) oder allgemein mit Farben, so dass Signale nicht ausschließlich über Farben sondern auch über Text vermittelt werden müssen, um keine Barriere errichtet zu haben.

    Keine Ahnung, wie diese Leute Links anklicken und sich auf Webseiten bewegen.

    Die Bedienung einer Seite per Tastatur wäre eine Antwort.

    Akustisch behindert - ist vermutlich das kleinste Problem, die können die eingebundenn Audio-Dateien nicht hören. Aber interessieren sich diese Leute für Konzerte und Vorträge in meinem Kalender?

    Davon, dass Gehörlose Musik nicht akustisch, aber auf anderem Wege wahrnehmen, wurde hier schon geschrieben. Dass Gehörlosigkeit nicht die einzig mögliche Einschränkung dieses Sinnes ist, sollte nach den diversen Beispielen für Einschränkungen des Sehsinnes so klar sein, wie Kloßbrühe.

    Ebenfalls in D: Busse des öffentlichen Nahverkehrs senken sich an Haltestellen ab, um rollende Fahrgäste aufzunehmen. In 10 Jahren vielleicht 5 Rollstühle gesehen, öfter aber Kinderwagen und Fahrräder.

    Für Kinderwagen und Fahrräder ist diese technische Vorrichtung genauso gedacht, wie für Rollstühle. Warum konstruierst du hier einen Gegensatz? Davon abgesehen ist deine Beobachtung über gerade einmal fünf Rollstuhlfahrer und -innen, die dir in zehn Jahren im Bus begegnet sind, auch nur anekdotisch. Ich könnte als Bewohner einer Großstadt dagegenhalten, dass ich eine Zählung der besagten Anzahl an Rollstuhlfahrern binnen weniger Tage zusammenbekomme.

    Man kann auch argumentieren, dass es ja nicht nur der Bus ist, mit dem man fährt, sondern auch die Gegebenheiten an Ziel der avisierten Fahrt. Wenn ich zum Amt X muss, dort aber, nachdem ich mit dem Bus „angereist“ bin, mit dem Rollstuhl nicht oder nur beschwerlich ins Amtsgebäude komme, dann bitte ich jemand anderen, das für mich zu erledigen. Dann siehst du mich aber auch nicht im Bus und kannst mich nicht zu den 0.5 Rollstohlfahrern/Jahr hinzuzählen.

    Du siehst mich auch nicht, wenn ich mit dem Bus fahre, du aber nicht. 😉 Und mit der Barrierefreiheit einer Webseite hat auch dieses Beispiel überhaupt nix zu tun.

    Mein Fazit: Behinderte interessieren sich in D nicht für den Besuch von Events, warum also sollte ich meine Webseiten behindertengerecht erstellen?

    Ist das vielleicht ein Henne-Ei-Problem? Wie kann jemand von Events erfahren, wenn sie oder er maßgeblich auf Informationen von Webseiten angewiesen ist, dort aber auf Barrieren trifft, die die Informationbeschaffung be- oder gar verhindern?

    Für welche Webseiten macht das Sinn? Okay, wenn ich was verkaufen möchte vielleicht.

    Es hat für alle Seiten Sinn. Du willst doch etwas verkaufen, oder? Du willst doch ein Schwarzes Brett für Veranstaltungen sein, das sowohl von einer möglichst großen Anzahl von Veranstaltern als auch von einem möglichst großen potentiellen Publikum benutzt wird?

    Zudem nutzen nicht vorhandene Barrieren nicht nur denen, denen du sie bewusst aus dem Weg räumst oder erst gar nicht in den Weg stellst, sondern auch allen anderen, die deine Seite benutzen.

    • Eine klare Aufteilung der Bedienelemente und Inhalte erhöht die Übersichtlichkeit einer Seite. Das nutzt allen.
    • Ein hoher Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund erhöht die einfache Erfassbarkeit eines Textes. Das nutzt allen.
    • Eine Signalgebung (zum Beispiel für noch freie Plätze an einem Veranstaltungsort) in Signalfarbe und Text verbessert die Erfassbarkeit des Signals. Das nutzt allen.
    • Eine semantisch sinnvolle Struktur einer Seite nutzt nicht nur den Benutzern von Screenreadern sondern auch der Durchsuchbarkeit durch die Bots von Suchmaschinen. Wenn sich damit das Ranking in den Suchergebnissen verbessert, nutzt das den Besuchswilligen deiner Seite und auch dir als Seitenbetreiber; also wieder allen.

    Ja, barrierearme (wegen des unerreichbaren Ideals „freie“) Webseiten machen zusätzliche Arbeit. Man muss darüber nachdenken, Barrieren erst gar nicht zu errichten, aber auch, althergebrachte, in dieser Hinsicht nachteilige Techniken in den Ruhestand zu schicken und durch andere, bessere Techniken zu ersetzen oder im einen oder anderen Fall ganz auf Vergleichbares zu verzichten. Das erhöht (mindestens) den konzeptionellen Aufwand. Aber unabhängig von den gesetzlichen Vorschriften für bestimmte Webangebote, unter die dein Angebot wohl nicht fallen wird, will mir kein Grund einfallen, eine Seite nicht möglichst gut zugänglich oder für bestimmte Besuchergruppen bewusst unzugänglich zu machen.

    Tschö, Auge

    --
    Ein echtes Alchimistenlabor musste voll mit Glasgefäßen sein, die so aussahen, als wären sie beim öffentlichen Schluckaufwettbewerb der Glasbläsergilde entstanden.
    Hohle Köpfe von Terry Pratchett
  9. Hi there,

    der Begriff „barrierefrei“ geistert immer wieder durch unsere Fäden für die Webseiten-Gestaltung. Was ist das eigentlich?

    Ich glaube, Du krallst Dich da an bestimmten Begriffen fest und hast noch dazu ständig das Bild eines Behinderten im Kopf, von dem Du eher nicht glaubst, daß es sich auszahlt, für ihn speziell etwas zu "entwickeln".

    Mein Ratschlag, mach Deine Seiten so benutzerfreundlich (für jeden) wie möglich, und Du hast schon die halbe Maut auf dem Weg zur Barrierefreiheit erledigt. Mit diesem Ziel vor Augen hast Du auch nicht ständig das Gefühl, irgendjemandem, den Du weder kennst noch besonders magst, extra einen digitalen Blindenhund als Webführer mitgeben zu müssen.

    Über die Frage, ob das Mehraufwand bedeutet oder nicht kann man trefflich streiten, aber die stellt sich für Dich ohnehin nicht, weil Du ja nur Deine eigenen Seiten machst und wartest. Ich hab mich immer wieder mit irgendwelchen Vollkoffern aus der Werbebranche herumschlagen können - da waren "Vorschläge" in der Art, die Schrift besonders klein zu machen, weil es besonders cool aussieht, noch das harmloseste. Das ist jetzt zwar eine andere Baustelle, aber ein gutes Beispiel dafür was eindeutig nicht barrierefrei ist.

    Also, leicht zu lesen und leicht zu bedienen, viel mehr brauchts für Barrierefreiheit nicht wirklich, und das ist ein Konzept, das für jeden Besucher sinnvoll ist (naja, wie gesagt, bis auf die Tro**el aus den Werbeagenturen, die bis heute nicht geschnallt haben, daß die Leute im Internet Informationen suchen und nicht irgendwelche scheingenialen Ergüsse selbsternannter Webdesignermöchtegerns...)