Ich glaube da steckt noch mehr dahinter. Das klassische Dateisystem verliert seine Bedeutung als Benutzerschnittstelle und rückt immer mehr in den Hintergrund.
Ich verstehe was Du meinst, aber ein Dateisystem ist keine Benutzerschnittstelle.
Das habe ich schon bewusst so formuliert. Mir ist schon klar, dass der Begriff auch in einem engeren, technischen Sinne verstanden werden kann. Aber darauf kam es mir eben nicht an. Mir ging es ausschließlich um die Funktion des Dateisystems als Metapher für eine Bedienschnittstelle, also um den Datei-Explorer.
Auf Tablets und Smartphones ist ein Datei-Explorer schon heute eher eine Kuriosität, die nur noch selten zum Einsatz kommt.
Ja, weil die meisten Anwender zu
dämlunerfahren sind, um das Konzept dahinter zu verstehen. Das führt halt dann dazu, daß Apple auf seinem Iphon gar keine Zugriffe auf's Dateisystem mehr zulässt, zum einen, weil man bei Apple weiß, daß jemand, der sich ein Iphon kauft, idR damit ohnehin nicht umgehen könnte, und aber vor allem, weil man so die Kontrolle über die ganze Datei-Hinundherschubserei (und damit auch über Dateiinhalte) behält. Wo allerdings der Vorteil für den Anwender ist, daß weiß man vermutlich nicht einmal bei Apple selbst.
Das Gegenteil ist der Fall. Apple legt mehr Wert auf Benutzerfreundlichkeit als die meisten Software-Hersteller, und zumindest zu Steve Jobs' Zeiten war Apple auch noch innovativ und disruptiv. Man hat dort erkannt, dass der direkte Zugriff auf das Dateisystem keine nennenswerte Funktion bei der Bedienung des Smartphones bietet. Beispiel Musik: Welchen Nutzen hat die Endverbraucher*in davon, dass sie ihre mp3-Dateien in einer selbst erdachten Ordner-Hierarchie einsortieren kann bzw. muss? Eine Musik-App muss vor allem eines können: Musik schnell zugänglich abspielen. Die Sortierung nach Künstler*in, Album, Titel oder was auch immer, ist vollständig automatisierbar und folglich entbehrlich.
Und allmählich wandelt sich auch der Desktop-Bereich.
Ja, das stimmt. Mit "Ordnern" wie "Eigene Bilder", "Eigene Musik" oder ähnlichem wird schon im Ansatz jeder Versuch, dem Anwender wenigstens eine minimale Ahnung von dem beizubringen, was auf seinem Rechner passiert, erfolgreich abgewehrt.
Selbst die vorinstallierten Ordner, die du nennst, sind schon Teil einer angestaubten Idee. Wie oben bereits geschildert: Wieso sollte ich Musik manuell in Ordner einsortieren wollen? Ich habe einen Computer, wenn der für irgendetwas gut ist, dann dass er mir solche stumpfsinnige Aufgaben abnehmen kann. Ich möchte eine Musik-App öffnen, nach einer Interpret*in suchen, und Musik hören. Wenn der Prozess komplizierter ist, dann ist eher unnötig kompliziert. Mit Sprachassistenten geht es sogar noch einfacher: „Alexa, spiele Rage against the machine“. Bei allem was man an Alexa und Amazon kritisieren kann, die Schnittstelle ist minimal simpel und einfach.
Die Metapher "Aktenordner und Karteikarten" hat lange gut gedient, aber sie wurde nie weiterentwickelt, um auch in einer vernetzten Informationsgesellschaft ihren Dienst zu leisten. […] Dann stellt sich natürlich die Frage, wieso sollten Anwendungen diese Metapher überhaupt noch weiter bedienen?
Naja, weil die Anwendungen selbst vielleicht nicht die Metapher, aber auf alle Fälle den "Aktenordner" brauchen.
Das Dateisystem wird ja trotzdem weiter existieren, egal ob es von der "vernetzten Gesellschaft" als solches verstanden wird oder nicht. Das ist eben der technische Hintergrund. So wie das Entpacken von Archiven ein technischer Vorgang ist und kein hipper Surf-Event...
Wie gesagt, um den technischen Begriff geht es mir nicht. Mir ging es um die Verbraucher*innen-Perspektive. Ich glaube wir entwickeln uns in eine Richtung, in der das Dateisystem immer mehr in den Hintergrund rückt, bis es vor der Endverbraucher*in schließlcih endgültig versteckt ist, wie ein Drucker-Treiber oder ein Prozess-Scheduler. Und ich glaube, das ist auch erstrebenswert, durch Vereinfachung von Prozessen können wir neue Potenziale entdecken und ausschöpfen.