Erbsensuppe: kleine Füsikfrage

Kleines Gedankenspiel zur Kochfüsik. In einem Schnellkochtopf herrscht m.W. nur 0,9 Bar Überdruck. Dadurch kocht Wasser erst bei 117°C. Wenn ich nun einen 9 Meter hohen Topf bis oben mit Wasser fülle, herrscht unten am Boden auch dieser Druck. Kann ich damit zumindest in Bodennähe bei 117°C kochen?

  1. Kleines Gedankenspiel zur Kochfüsik. In einem Schnellkochtopf herrscht m.W. nur 0,9 Bar Überdruck. Dadurch kocht Wasser erst bei 117°C. Wenn ich nun einen 9 Meter hohen Topf bis oben mit Wasser fülle, herrscht unten am Boden auch dieser Druck. Kann ich damit zumindest in Bodennähe bei 117°C kochen?

    Theoretisch schon. Aber wie das halt so ist, missachten theorielastige Denkprozesse gerne mal praktische Sachverhalte: Hast Du schon mal gesehen, wie schnell das heißere Wasser in einem Topf aufsteigt? Genau an der Stelle, wo der vom Druck abhängige Siedepunkt erreicht ist, wird das flüssige Wasser teilweise zu Dampf, der Rest wird abgekühlt und sinkt wieder ab. Aber auch auch ohne Konvektion ist Wasser ein guter Wärmeleiter. (Nimm mal mit einem nassen Küchentuch etwas heißes aus der Mikrowelle oder dem Backofen - dann weißt Du das.)

    Die Temperatur wird also allenfalls kurzfristig erreicht. Jetzt stellt sich die Frage, was Du unter „Kochen“ verstehst.

    Hint: Ersetze mal den 9m hohen Topf durch „dichten Siedebehälter mit einer sehr dünnen, 9m langen, vertikal angeordneten Röhre“ (und überlege, wie Du dann den Dampf, der ja aufsteigt und durch seine geringere Dichte also den Druck mindert, loswirst…)

    1. Hallo,

      Jetzt stellt sich die Frage, was Du unter „Kochen“ verstehst.

      im Volksmund meint man damit meist "durch Hitzeeinwirkung garen". Manche Leute verstehen "Kochen" auch als Oberbegriff für fast alle Zubereitungsarten. Da ist dann Braten, Grillen, Backen gern gedanklich mit eingeschlossen.

      Im physikalischen Sinn ist Kochen oder Sieden tatsächlich der Übergang einer Substanz von der flüssigen in die gasförmige Phase. Das kann bei manchen Stoffen auch schon bei sehr tiefer Temperatur sein (z.B. Stickstoff, oder auch bei Wasser unter sehr niedrigem Druck).

      Ich habe auch meiner Mutter schon oft klarzumachen versucht, dass es keinen Unterschied macht, ob im Topf nur kleine Dampfbläschen aufsteigen oder ob das Wasser ordentlich blubbert. Es ist dieselbe Temperatur. Aber das will sie als altgediente Hausfrau nicht einsehen. Für sie ist "kochen" nur, wenn's richtig brodelt. Dass sie damit nur unnötig viel Dampf produziert und mehr Energie braucht als nötig, will sie nicht verstehen.

      Einen schönen Tag noch
       Martin

      --
      Windows ist manchmal echt witzig. Vor einiger Zeit erlebt:
      "Die Problembehandlung kann aufgrund eines Problems nicht gestartet werden."
      1. Hallo Der,

        dass es keinen Unterschied macht, ob im Topf nur kleine Dampfbläschen aufsteigen oder ob das Wasser ordentlich blubbert. Es ist dieselbe Temperatur.

        Das Problem bei erfahrenen Hausfrauen ist, dass sie meistens recht haben, es ihnen aber schwer fällt, das physikalisch stichhaltig zu argumentieren. "Isnumalso, Martin" ist zwar richtig, aber überzeugt nicht wirklich. Ich versuch's mal.

        Wenn sich am Topfboden Dampfbläschen bilden, dann ist es (a) genau dort heiß genug, dass der Dampfdruck für eine Bläschenbildung reicht und (b) dürfte der Topfboden dort eine Ungleichmäßigkeit haben, so dass die Blasenbildung gerade dort einsetzt. Die nötige Hitze ist aber nur genau dort vorhanden, direkt am Boden, und nicht in der darüber liegenden Flüssigkeit.

        Auch etwas später, wenn die Flüssigkeit leicht wallt, ist die Hitze nur am Topfboden gegeben. Zur Oberfläche hin liegt ein fallender Temperaturgradient vor - den Du durch einen Deckel abflachen kannst, aber nicht grundsätzlich horizontal bekommst (es sei denn, du hast ein Erhitzungsgerät mit Rundumtemperierung - a.k.a. Umluftbackofen). Durch "ordentliches Blubbern" fügst Du mehr Energie hinzu, was die Oberflächentemperatur erhöht, dem Gradienten damit abflachst und damit die Gesamtwärmeenergie im Kochwasser steigert.

        Wenn Du nun ein Kochgut hinzufügst, das Zimmertemperatur hat, ergibt sich ebenfalls eine Abkühlung, und es dauert erstmal, bis die Herdplatte genug Energie nachgeliefert hat, dass der Topfinhalt wieder Siedetemperatur erreicht. Ordentlich blubberndes Kochwasser kühlt sich, weil es mehr Energie hat, nicht so weit ab, und es ist auch mehr Energie in der Herdplatte, die schnell in den Topf übergehen kann.

        Natürlich gilt: Sobald es blubbert, Kochgut hinein. Sobald es wieder blubbert, runterschalten.

        Bei Induktion ist es ein bisschen anders, weil da die Platte den Topf direkt erhitzt, was die Energieträgheit reduziert und die gespeicherte Energie unter der Flüssigkeit. Da ist aufmerksameres Regeln als bei der alten Stahlplatte angesagt. Zumindest bei unserem Kochfeld.

        In allen Fällen ist die beste Hilfe ein Glasdeckel auf dem Topf. Der Dampf kann nicht weg, d.h. die Oberfläche wird davon nicht abgekühlt. Und Glas ist besser als Metall, weil

        (a) Glas leitet Wärme schlechter als Metall (b) Man kann durchgucken und muss den Deckel nicht lüpfen, um den aktuellen Status des Inhalts zwischen "erforen" und "verkohlt" zu bestimmen. Und man(n) wird auch nicht so sehr von schaumbildenden Produkten mit dem Sonderstatus "ich will hier raus, und zwar PRONTO" überrascht

        Rolf

        --
        sumpsi - posui - obstruxi
        1. Hallo

          dass es keinen Unterschied macht, ob im Topf nur kleine Dampfbläschen aufsteigen oder ob das Wasser ordentlich blubbert. Es ist dieselbe Temperatur.

          Nein.

          Jein.

          Wenn sich am Topfboden Dampfbläschen bilden, dann ist es (a) genau dort heiß genug, dass der Dampfdruck für eine Bläschenbildung reicht und (b) dürfte der Topfboden dort eine Ungleichmäßigkeit haben, so dass die Blasenbildung dort einsetzt. Die nötige Hitze ist aber nur genau dort vorhanden, direkt am Boden, und nicht in der darüber liegenden Flüssigkeit.

          Ja, aber über die Konvektion verteilt sich einerseits das siedende (sich dabei abkühlende) Wasser und kälteres Wasser wird an den Boden geliefert, wo es zum sieden gebracht wird.

          Wenn Du nun ein Kochgut hinzufügst, das Zimmertemperatur hat, ergibt sich ebenfalls eine Abkühlung, und es dauert erstmal, bis die Herdplatte genug Energie nachgeliefert hat, dass der Topfinhalt wieder Siedetemperatur erreicht.

          Üblicherweise ist es nun aber so, dass viele es auch ordentlich blubbern lassen, nachdem das Kochgut im Topf längst selbst auf die Temperatur des sie umgebenden Wassers erwärmt wurde, also zu einem Zeitpunkt, wo es nicht mehr notwendig ist, es so ordentlich blubbern zu lassen. Eiweiß gerinnt nicht erst bei siedendem Wasser [1] und so muss das ganze System, wenn man es denn energiesparend betreiben will, nur auf einer Temperatur gehalten werden, die zum Garen ausreicht.

          Und da sind wir, mit und dennoch abseits der reinen Physik, bei einer geringeren Energiezufuhr als es technisch möglich ist. Ich gehe anhand Martins Beschreibung davon aus, dass er sich darüber mit seiner Mutter auseinandersetzt [2] und auch wenn du in Bezug auf den ersten der von dir zitierten Sätze physikalisch gesehen recht hast, ist seine Aussage beim Essen zubereiten, zumindest wenn das Gesamtsystem aus Topf, Wasser und Gargut die für die Zubereitung notwendige Temperatur erst einmal erreicht hat, dennoch richtig.

          Tschö, Auge

          --
          200 ist das neue 35.

          1. Ausnahmen in sehr großen Höhen mal außen vor gelassen. ↩︎

          2. Auch ich kenne solche Auseinandersetzungen aus eigenem Erleben ↩︎

          1. Hallo miteinander,

            Üblicherweise ist es nun aber so, dass viele es auch ordentlich blubbern lassen, nachdem das Kochgut im Topf längst selbst auf die Temperatur des sie umgebenden Wassers erwärmt wurde, also zu einem Zeitpunkt, wo es nicht mehr notwendig ist, es so ordentlich blubbern zu lassen. Eiweiß gerinnt nicht erst bei siedendem Wasser und so muss das ganze System, wenn man es denn energiesparend betreiben will, nur auf einer Temperatur gehalten werden, die zum Garen ausreicht.

            ich dachte gar nicht primär an Einweiß, sondern vor allem an Kartoffeln oder Nudeln. Da wird beim Kochprozess die Stärke in irgendeine andere Kohlehydrat-Variante umgesetzt. Dieser Prozess braucht eine gewisse Mindesttemperatur, die aber sicher nicht "zufällig" bei etwa 100°C liegt. Deswegen werden Kartoffeln oder Nudeln ebensogut gar, wenn das Wasser nicht kocht, sondern etwas unter der Siedetemperatur gehalten wird (immer vorausgesetzt: bei Normaldruck).
            Nur ist das deutlich sichtbare Kochen des Wassers ein eindeutiger Hinweis: Die Temperatur ist hoch genug.

            Bei Fertigsuppen beispielsweise ist das etwas anders. Hier enthält das Suppenpulver auch einen gewissen Fettanteil, der erst bei hoher Temperatur akzeptabel mit dem Kochwasser emulgiert. Eigentlich sollte man dafür noch höhere Temperaturen als 100°C haben, aber die Zubereitungsempfehlungen gehen meistens von der Vereinfachung aus, dass es auch ohne Garibaldi (Schnellkochtopf) gehen muss, und dass die Emulsion auch bei Kochtemperatur schon einigermaßen passt.

            Und da sind wir, mit und dennoch abseits der reinen Physik, bei einer geringeren Energiezufuhr als es technisch möglich ist. Ich gehe anhand Martins Beschreibung davon aus, dass er sich darüber mit seiner Mutter auseinandersetzt

            Ja, das ist zumindest ein immer wiederkehrender Diskussionspunkt.

            Einen schönen Tag noch
             Martin

            --
            Windows ist manchmal echt witzig. Vor einiger Zeit erlebt:
            "Die Problembehandlung kann aufgrund eines Problems nicht gestartet werden."
            1. Hallo

              Eiweiß gerinnt nicht erst bei siedendem Wasser

              ich dachte gar nicht primär an Einweiß, sondern vor allem an Kartoffeln oder Nudeln.

              Gut, es gibt natürlich nicht nur Eiweiße, sondern auch den ganzen anderen Rest, der be- und verarbeitet werden will. Ich hatte nur als erstes an Eiweiß gedacht, weil es initial um Druck und Temperatur ging und mir zuallererst die Geschichte, dass man Eier in dem in sehr großer Höhe niedrigen Luftdruck nicht kochen kann, weil die Siedetemperatur von Wasser unter der Temperatur bleibt, bei der Eiweiß gerinnt.

              Aber das betrifft wohl fast nur Reinhold Messner und bei dem gehe ich davon aus, dass er weiß, was er da tut. 😉

              [Für] Fertigsuppen … sollte man … noch höhere Temperaturen als 100°C haben … Schnellkochtopf …

              Wer benutzt denn bitte einen Schnellkochtopf für eine Fertigsuppe? Kann man den Spatzen nicht anders erlegen?

              Tschö, Auge

              --
              200 ist das neue 35.
              1. Bei Youtube behauptet einer, man könne einfach eine Folie über den Kochtopf spannen und bekäme dann auch den nötigen Druck. Leider antwortet er nicht auf Nachfragen. Sollte das möglich sein? Frischhaltefolie schmilzt jedefalls einfach weg, hab ich probiert. 😉

                Wenn ich an meinen Fahrradreifen denke: der hat zwar 4 bar, aber ist knüppelhart und besteht aus dickem Gummi und einer Gewebekarkasse.

                1. Hallo

                  Bei Youtube behauptet einer, man könne einfach eine Folie über den Kochtopf spannen und bekäme dann auch den nötigen Druck. Leider antwortet er nicht auf Nachfragen. Sollte das möglich sein?

                  Kommt wohl darauf an, was man unter „Folie“ versteht. Die Folie muss für den geplanten Zweck den Topf dicht halten, damit den zusätzlichen Druck halten und generell die Temperatur aushalten.

                  Frischhaltefolie würde mir da gewiss nicht als erstes einfallen. 😀

                  Tschö, Auge

                  --
                  200 ist das neue 35.
              2. Hi,

                [Für] Fertigsuppen … sollte man … noch höhere Temperaturen als 100°C haben … Schnellkochtopf …

                Wer benutzt denn bitte einen Schnellkochtopf für eine Fertigsuppe?

                na also ich nicht; ich habe gar keinen. Ich wollte nur den Punkt erwähnen, dass man eigentlich auf Temperaturen deutlich über 100°C gehen müsste, damit sich auch die Fettanteile verflüssigen.

                Aber da man das niemandem zumuten möchte, verwenden die Hersteller da wohl niedrigschmelzende Fette und/oder Emulgatoren, die es auch unterhalb der Schmelztemperatur des Fettes schon schaffen, das Zeug zu lösen.

                Kann man den Spatzen nicht anders erlegen?

                Flammenwerfer? 😉

                Einen schönen Tag noch
                 Martin

                --
                Windows ist manchmal echt witzig. Vor einiger Zeit erlebt:
                "Die Problembehandlung kann aufgrund eines Problems nicht gestartet werden."