Moin,
mag sein, aber vielleicht ist Dir auch schon aufgefallen, daß die englische Sprache nicht so punktgenau ist und mehr umschreiben muß.
Nein, das ist mir nicht aufgefallen, wahrscheinlich deshalb nicht, weil es nicht stimmt. Auch wir umschreiben ohne Ende, nur tun wir das eben in einem einzigen Wort, als Beispiel sei der berühmt-berüchtigte 'Dampfschiffahrtsgesellschaftskapitänsmützenschirm' genannt.
Ich finde nicht viel an sklavischer Regelbefolgung um ihrer Selbst willen, nur mit der Großschreibung ist es so: Sie strukturiert. Und das finde ich wichtig.
Auch dann, wenn die Großschreibung von Substantiven suggeriert, sie seien wichtiger als der Rest?
Je gleicher man die Zeichenfolge macht, desto schwerer ist es einfach, sich darin zurechtzufinden.
Vielleicht, nur wie kommt es dann, dass wir beim Lesen eines Textes gar nicht darauf angewiesen sind, alle Zeichen eines Wortes zu identifizieren?
Aus dem gleichen Grunde ist die Abschaffung des ß im 'daß' eine Entscheidung ohne Verstand. Dieses Zeichen ist eindeutig und hat sich nicht zum Spaß über die Jahrhunderte entwickelt.
Das 'ß' ist nicht abgeschafft, vgl. http://www.duden.de/index2.html?neue_rechtschreibung/crashkurs/regel4.html.
Es bezeichnet ein scharf zu sprechendes 's' und steht dann, wenn der vorausgehende Vokal lang gesprochen wird. 'ss' steht dann, wenn der vorausgehende Vokal kurz gesprochen wird, also:
der Fluss, die Flüsse
aber
der Fuß, die Füße
Damit gilt für den Gebrauch von 'ss' und 'sz' mehr oder minder die allgemeine Regel: ein Konsonant hinter einem Vokal = langer Vokal, Doppelkonsonant = kurzer Vokal (vgl. Stil und still)
Nun ist auslautendes 's' im Deutschen immer scharf, zum Beispiel auch in 'dies'. Da aber in den deklinierten Formen weiches 's' gesprochen wird ('diese'), schreiben wir 'dies' mit 's' und nicht mit 'sz'.
Hier handelt es sich nicht nur um eine Frage der Autoritätsgläubigkeit ob man nun 'daß' oder 'das' schreibt, sondern es handelt sich um zwei grundverschiedene Wörter (so wie zum Beispiel 'Buch' und 'Fisch'), das scheint bei dieser Gleichmacherei in Vergessenheit zu geraten.
Das gerät nicht in Vergessenheit, sondern ist schlichtweg falsch. Der sprachwissenschaftlich nicht zu haltende Eindruck, 'das' und 'dass' seien zwei so unterschiedliche Wörter wie Buch und Fisch, entsteht allein durch die tradierte unterschiedliche Schreibung. Unterschieden werden hier aber nicht zwei unterschiedliche Wörter, sondern unterschiedliche Funktionen ein und desselben Wortes im Satz:
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das Haus (Artikel, (kann durch 'dieses' ersetzt werden)
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das Mädchen, das da drüben steht, ... (Relativpronomen (kann durch 'welches' ersetzt werden))
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Das kannst du so nicht sagen. (Demonstrativpronomen (kann durch 'dies' ersetzt werden)
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Er sagt, dass er gestern in der Stadt gewesen sei (Konjunktion zur Einleitung von Subjekt-Objekt-Sätzen)
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Er ist so groß, dass er aus der Dachrinne saufen kann. (Konjunktion zur Einleitung von Konsekutivsätzen)
Sprachgeschichtlicher Ausgangspunkt ist die demonstrative, also hinweisende Bedeutung. In den Beispielen 2) und 3) wird auf etwas zurückverwiesen, 4) und 5) weisen nach vorn. Als Artikel (den es ursprünglich nicht gab) hat 'das' seine hinweisende Kraft vollständig verloren.
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag, Uschi