Mahlzeit Malcolm Beck´s,
Vielleicht mache ich meinen Schein auch ungültig, mal gucken ...
Ich kann Frustration bzgl. Wahlen und wahlergebnisse durchaus verstehen - aber Nichtwählen oder auch das Abgeben einer ungültigen Stimme ist in etwa gleich kontraproduktiv ... und interessiert genau diejenigen, gegen die man mit diesen Verhaltensweisen "demonstrieren" will, nicht die Bohne.
Relevant für die Sitzverteilung im Parlament (und diese ist das eigentliche Ergebnis der regelmäßigen Stimmviehverarsche) ist nämlich ausschließlich das relative Verhältnis der für eine Partei abgegebene Zweitstimmen zur Gesamtanzahl der abgegebenen gültigen Stimmen (+/- einige Rundungsdifferenzen, Überhangmandate usw.).
Wenn jemand nicht wählt, interessiert das nicht. Man schaue sich die Wahlbeteiligung der letzten sagen wir mal 10 Jahre an. Bei Bundestags- und Landtagswahlen liegt sie gewohnheitsmäßig irgendwo zwischen 60 und 80 Prozent - und der Trend geht eher abwärts. Verliert irgendein Politiker der "etablierten Parteien" darüber ein vernünftiges Wort? Wie können diese Witzbolde eigentlich noch behaupten, sie hätten "vom Wähler den Auftrag bekommen [...]", wenn fast die Hälfte der Wähler gar nicht wählt ... die "Sieger" einer Wahl mithin also nur von einem knappen Viertel der Bevölkerung gewählt wurden?
Wenn jemand eine ungültige Stimme abgibt, interessiert das auch nicht. Ungültige Stimmen tauchen zwar in der Statistik auf ... toll. Aber an der Sitzverteilung ändern sie auch nichts. Alle Sitze eines Parlaments werden vergeben - es bleiben keine leer, um die Abgeordneten eine Legislaturperiode lang zu gemahnen, ihrer Verantwortung so gut wie möglich gerecht zu werden, um zu verhindern, dass beim nächsten Mal weniger ungültige Stimmen abgegeben werden.
Die einzige Möglichkeit, den bisher in den Parlamenten vertretenen Parteien ein Signal zu senden, das sie auch verstehen, ist - wenn man keine Partei findet, deren Ansichten bzw. Wahlprogramm möglichst weitgehend mit den eigenen Ansichten übereinstimmen - das sog. "Protestwählen". Das funktioniert aber nur, wenn man es schafft, möglichst viele dieser Stimmen so zu bündeln, dass sie nicht (wie es vor einiger Zeit ein Mitglied einer Fast-Drei-Prozent-Partei mal treffend ausgedrückt hat) "für die Toilette" sind ... d.h. die Partei(en), die man als Protest wählt, sollten es auch über die 5-Prozent-Hürde schaffen - nur dann nämlich verlieren die "etablierten Parteien" etwas: ein Teil ihrer Sitze im Parlament. Und nur dann kann sich am Parlamentsbetrieb etwas ändern.
Für Leute, die mit Prosa nichts anfangen können - das kann man auch mathematisch belegen:
Zum Vergleich der angenommenen Zahlen bitte bei Bedarf vergleichen mit http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/BTW_BUND_09/ergebnisse/bundesergebnisse/index.html.
Die Anzahl der Wahlberechtigten sei 100. Bei einer Wahlbeteiligung von 71% und 1% ungültigen Stimmen kommen wir auf 70 gültige Stimmen. Angenommen diese wären wie folgt verteilt (entspricht ungefähr dem Ergebnis der Bundestagswahl):
CDU: 19
SPD: 16
FDP: 10
Linke: 8
Grüne: 7
CSU: 5
Piraten: 1 (nicht vertreten, wurden aber von Dir erwähnt - deshalb als Beispiel)
Sonstige: 4
Da nur 65 Stimmen Parteien gegeben wurden, die letztendlich mehr als 5% erhalten haben und daher auch im Parlament vertreten sind, sieht die Sitzverteilung bei angenommenen 100 Sitzen folgendermaßen aus:
CDU: 29
SPD: 25
FDP: 15
Linke: 12
Grüne: 11
CSU: 8
Würden jetzt mehr Leute nicht wählen oder ihre Stimmzettel unültig machen, würde sich daran wenig ändern. Falls diese Leute vorher irgendeine nicht im Parlament vertretene Partei gewählt haben, ändert sich sogar überhaupt gar nichts. Anderenfalls verschiebt sich lediglich die Sitzkonstellation etwas hin und her ... das hält aber weder Ochs' noch Esel auf.
Nehmen wir jetzt einmal an, einige der unzufriedenen Wähler, die letztes Mal nicht gewählt haben, bündelten ihre Stimmen in einer Partei. Der Einfachheit halber (weil sie einerseits die mit den meisten Zweitstimmen der nicht im Parlament vertretenen Parteien war - und weil Du sie erwähnt hast) nehmen wir da mal die Piratenpartei. Bei einer Wahlbeteiligung von 76% und 1% ungültigen Stimmen kommen wir auf 75 gültige Stimmen:
CDU: 19
SPD: 16
FDP: 10
Linke: 8
Grüne: 7
CSU: 5
Piraten: 6
Sonstige: 4
Die Sitzverteilung wäre demnach (in Klammern vorherige Werte):
CDU: 27 (29)
SPD: 23 (25)
FDP: 14 (15)
Linke: 11 (12)
Grüne: 10 (11)
CSU: 7 (8)
Piraten: 8 (0)
Damit wäre zumindest eine schwarz-geld^Hbe Regierungskoalition nicht mehr möglich. Außerdem wäre eine "Protestpartei" in Fraktionsstärke vertreten und könnte den anderen Parteien dort das Leben schwer machen - und/oder eigene Interessen vertreten.
Es liegt an Euch ...
tl;dr
Nichtwählen ändert nichts, ungültige Stimmen abgeben genauso wenig. Sucht Euch eine Partei mit der größtmöglichen Überschneidung aus und wählt diese - wenn ihr keine findet: wählt die Partei, die die größten Chancen hat, die 5%-Hürde zu überspringen, um den "Etablierten" ein Stück vom Kuchen wegzuschnappen.
MfG,
EKKi
--
sh:( fo:| ch:? rl:( br:& n4:~ ie:% mo:} va:) de:] zu:) fl:{ ss:) ls:& js:|